Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gefürchtet

Titel: Gefürchtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
»Du?«
    Ich starrte durch die Windschutzscheibe. Jetzt war es so weit.
    »Das hat gar nichts mit dem Identitätsbetrug zu tun, oder?«, fragte er.

    »Nein. Und auch nicht damit, dass Cherry Lopez mir damals die Handtasche geklaut hat.«
    »Spuck’s schon aus.«
    »Fahr rechts ran.«
    Er warf mir einen kühlen Blick zu und stoppte am Straßenrand.
    »Es geht um deinen Bruder«, begann ich.
    Einen endlosen Moment lang sah er mich an. Dann legte er den Gang ein, riss das Lenkrad herum und legte quer über die Straße einen U-Turn hin. Das Auto tat, was Mustangs mit dem schweren Motor unter der Haube und dem kur zen Heck eben so tun: Die Reifen verloren die Fahrbahnhaftung und rutschten über die nasse Straße.
    Ich klammerte mich an die Tür. »Pass doch auf!«
    Um uns herum hupten Autos. Jesse lenkte gegen, fing den Wagen ab und raste mit Vollgas Richtung Goleta. Mir rauschte das Blut in den Ohren.
    »Ein totes Mädchen, und PJ hat seine Finger im Spiel. Was für eine Scheiße!«
    »Halt endlich an.«
    Er gönnte mir noch nicht einmal einen Seitenblick. Stattdessen rasten wir weiter durch die Pfützen, dass um uns herum das Wasser spritzte. Die Bäume am Straßenrand peitschten im Wind.
    »Du steckst in Schwierigkeiten, da bin ich mir sicher«, sagte er. »PJ hat dir irgendeine üble Suppe eingebrockt.«
    »Ich stecke in ganz furchtbaren Schwierigkeiten, aber ich weiß nicht, welche Rolle PJ dabei spielt.«
    »Lüg mich nicht an. Und hör endlich auf, dir was vorzumachen.«
    Wir donnerten an den ausgedehnten Rasenflächen und
Sportplätzen der San Marcos Highschool vorbei. Jesses Gesicht war todernst.
    »Er zähl mir alles. Und sprich auf keinen Fall mit der Polizei, wenn ich nicht dabei bin. Ich bin jetzt dein Anwalt, verstanden?«
    Ich ließ mich in meinen Sitz sinken. Alles schien gleich zeitig über mich hereinzubrechen.
    »Evan, diese junge Frau ist ermordet worden. Und …« Er packte das Lenkrad noch fester und starrte geradeaus. »Ich glaube, ich weiß, was der Draht um ihren Hals ist.«
    Wir überfuhren eine rote Ampel
    »Eine Gitarrensaite. Von PJs Gitarre.«
     
    Miststück. Je mehr er darüber nachdachte, desto mehr ärgerte er sich. Er hatte sich eine hervorragende Gelegenheit entgehen lassen.
    Dabei war alles perfekt gelaufen. Zu dem Schluss gelangte er immer wieder. PERFEKT. Bis auf diese Frau. Und jetzt war sie erneut aufgetaucht. Das beunruhigte ihn ein wenig, aber nur ein wenig. Alles Schlechte kam im Dreierpack. Bis jetzt war sie erst bei zwei. Männerschreck. Drachen.
    Aber gestern Nacht … Da hatte er improvisieren müssen, und das war immer problematisch. In letzter Minute war er jedoch zu Hochform aufgelaufen. Und das unter freiem Himmel. Seine Leistung war geradezu filmreif gewesen. Sie war ihm sozusagen direkt ins Messer gelaufen. Alles war bei der Hand gewesen. Und niemand hatte was gemerkt.
    Das war natürlich ärgerlich. Seine beste Vorstellung schlechthin, eine enorme Steigerung, und kein Schwein schaute zu. Echt ärgerlich, dass er nicht gefilmt hatte. Auf Video hätte er sich die Szene immer wieder ansehen können.
Zurückspulen, kritisch analysieren, verbessern bis in alle Ewigkeit. Hätte er doch bloß.
    So was war eben keine Studioaufnahme, kein Videoclip, sondern eine Live-Vorstellung, wenn man den Ausdruck gebrauchen wollte. Da hatte man nur eine Chance. Zurückspulen war nicht.
    Aber man konnte es noch einmal tun. Und immer wieder.
     
    Keith und Patsy Blackburn wohnten in einer gepflegten Gegend im Norden von Goleta. Am Ende der Straße lag Jesses alte Grundschule. Die Rasenplätze waren dunkelgrün vom Regen. Das Haus wirkte wie ein Verschnitt spanischer Kolonialbauten. Stuckbögen fassten die Haustür ein, das Dach war mit roten Ziegeln gedeckt, und im Vorgarten plätscherte ein Brunnen von der Größe eines Bierkrugs.
    Als wir in die Einfahrt rollten, herrschte im Wagen eisiges Schweigen. Ich hatte Jesse alles erzählt, was ich ihm am Vorabend unterschlagen hatte, und er kochte vor Wut.
    Nicht nur mei netwegen, natürlich. Ihm war immer noch übel von dem Anblick, der sich uns in der Leichenhalle geboten hatte. Und er hatte Angst. Er stellte den Motor ab.
    »PJ könnte so was nicht tun«, sagte ich.
    »Das hoffe ich. Aber diese dicke Gitarrensaite mit der blauen Faser am Ende - genau so was benutzt er.«
    »Ausgeschlossen. PJ könnte keiner Fliege was zuleide tun.«
    Jesses Augen schienen plötzlich uralt. »PJ ist drogensüchtig. Sei nicht naiv.«
    Ich deutete mit dem Kopf

Weitere Kostenlose Bücher