Gefürchtet
Rodriguez belehrte PJ über sei ne Rechte. »Haben Sie das verstanden?«
»Ja.« Er schlurfte mit gesenktem Kopf zum Wagen, das Haar hing ihm in die Augen. Dann wurde ihm bewusst, dass er auch gewisse Rechte hatte. »Evan ist mei ne Anwältin. Kann sie mich zum Gefängnis begleiten?«
Mir wurde ganz anders. »PJ, ich kann dich nicht vertreten.«
Patsy rang die Hände. Hinter ihr kämpften Deedee, Chuck, David und Caroli ne um den Platz mit der besten Aussicht.
Keith drängte sich durch die Gruppe. »Was ist denn hier los?«
PJ warf das Haar zu rück. »Evan, du hast doch gesagt … Bitte. Ich will, dass du bei der Befragung dabei bist.« Er starrte die Beamten an. »Lassen Sie sie mitkommen.«
Das hatte mir gerade noch gefehlt. »Nein, PJ.«
Zelinski ließ PJs Arm los und trat auf mich zu. »Ich muss darauf bestehen.«
»Wie bitte?«
»Sie kommen zur Befragung mit auf die Polizeistation.«
Vor Cops soll man nie weglaufen. Aber noch schlimmer ist es, sich mit ihnen anzulegen. Genau das tat Brian.
»Sie dürfen meine Schwester nicht mitnehmen.«
»Bri, nicht«, bat ich.
Aber er war auf hundertachtzig. »Was werfen Sie ihr denn vor, Sie Armleuchter?«
Ich warf mich zwischen ihn und Zelinski, aber Brian hatte so viel Schwung, dass er gegen mich prallte. Mein Ellbogen landete in Zelinskis Rippen. Im nächsten Moment stand ich mit den Händen auf der Motorhaube und gespreizten Beinen
vor mei nem Auto und musste mich von Zelinski abtasten lassen.
Dann zückte er die Handschellen. »Ich nehme Sie fest wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt.«
Brian war empört. »Das dürfen Sie nicht! Lassen Sie sofort meine Schwester los!«
»Bri, hör schon auf.« Ich sah ihn eindringlich an. »Ruf Jesse an.«
Zelinski ließ die Handschellen zuschnappen und führte mich zum Auto. Brian raufte sich das Haar, wirbelte herum und versetzte dem Vorderreifen meines Wagens ei nen erbosten Tritt. Keith stand hilflos in der Einfahrt. Patsy krallte die Hände in ihren Pullover.
»Sie haben es doch gehört«, sagte sie. »Rufen Sie Jesse an. Der wird wissen, was zu tun ist. Rufen Sie Jesse an.«
13. Kapitel
Im Gefängnis befreite mich Zelinski von den Handschellen und nannte dem aufnehmenden Beamten meinen Namen. »Sie ist Anwältin.« Das schien ihn besonders zu freuen. »Lily bringt Ihren Mandanten.«
»PJ ist nicht mein Mandant«, protestierte ich.
Der andere Beamte gab sich betont höflich. »Hier entlang, Frau Anwältin.«
Er fotografierte mich, nahm meine Fingerabdrücke, entfernte meine Schnürsenkel und steckte mich in eine Zelle mit der stolzen Siegerin einer Messerstecherei. Die Frau wog hundert Kilo und hatte Marie und Nolinda auf ihren Bizeps tätowiert. Das mochte ihr Name sein, aber vielleicht war es auch eine Liste der unterlegenen Gegnerinnen. Ihre Handgelenke waren so dick wie die von Murphy Ming. Die beiden hätten ein schönes Paar abgegeben. Ich wartete eine Stunde lang mit dem Rücken zur Wand, bis mich ein Justizvollzugsbeamter zur Befragung abholte.
Das Büro des County Sheriffs war gleich nebenan. Die Detectives warteten in ei nem Befragungszimmer auf mich. Rodriguez deutete auf einen Plastikstuhl.
»Geraten Sie und Ihr Bruder immer so schnell in Fahrt?«, fragte sie.
»Nein. Ich möchte mich für ihn entschuldigen.« Widerstand gegen die Staatsgewalt! Der Vorwurf war lächerlich,
und das wussten die beiden auch. »Ich hatte nicht die Absicht, Detective Zelinski anzurempeln.«
Zelinski lehnte mit höhnischem Grinsen in der Ecke. Wenn er nicht aufpasste, ging ich ihm wirklich noch an die Gurgel. Am besten hielt ich einfach den Mund.
»Was war los?«, fragte Rodriguez. »War Brittany zu gierig?«
»Keine Ahnung, was Sie damit meinen.«
Sie öffnete einen Aktenordner. »Sie sollten sich mal Ihr Kreditkartenkonto anschauen. Es sind noch ein paar Rechnungen eingetrudelt. Irgendwer war vor ein paar Wochen groß einkaufen.« Sie fuhr mit dem Finger über die Seite. »Und zwar ausgerechnet am Rodeo Drive. Prada, Hugo Boss, Manolo Blahnik … Zur Erholung hat diese Person dann einen Wellnesstag eingelegt. He, Gary, wusstest du, dass Aromatherapie-Massage und Honig-Gurken-Ganzkörperpackungen einen Tausender kosten können?«
»Wie viel insgesamt?«, fragte ich.
»Knapp zwölftausend.«
Ich spürte einen bohrenden Schmerz hinter meinem rechten Auge.
»Brittany warf das Geld wohl mit beiden Händen zum Fenster raus«, stellte Detective Rodriguez fest.
»Ich kannte Brittany Gaines nicht. Wir sind uns
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