Gefürchtet
wickelte sie um ihre Bei ne. Sie musterte mich verschmitzt.
»Ich habe erfreuliche Neuigkeiten für dich: Wir behalten den kleinen Kläffer.« Mit einem Lächeln bückte sie sich und kraulte Ollie hinter den Ohren.
»Du bist ein Schatz«, sagte ich.
»Ich werde mich voll ins Zeug legen: Hundeausstellungen, selbst gestrickter Karoumhang und Schottenmütze.« Sie grinste. »Im Ernst, Thea ist ganz hin und futsch. Danke, Ev.«
Als sie weg war, stöberte ich in mei ner Post. Ich war auf unerwünschte Rechnungen, letzte Mahnungen und neue Kreditkartenangebote gefasst. Werbesendungen wurden gleich aussortiert. Dann stieß ich auf einen großen braunen Umschlag, der an Rowan Larkin adressiert war. Ich tastete ihn ab, um sicherzugehen, dass er nicht verkabelt war, und riss ihn auf.
Es war die Taschenbuchausgabe meines Romans, die Toby Price so eingehend analysiert hatte. Die Illustration des Einbands war entstellt, und mein Name war mit einem Messer weggekratzt. Die meisten Seiten waren herausgerissen - bis auf das Kapitel, in dem Rowans Soldaten massakriert wurden. Die Seite, auf der ihr Tod beschrieben wurde, war dick
mit rotem Textmarker eingekreist. Ein Pfeil zeigte auf die schlimmsten Grausamkeiten. Das ist für dich, Miststück!, hatte eine wütende Hand daneben gekritzelt.
An der Tür rührte sich etwas. Als es klopfte, schoss ich fast durch die Decke.
Draußen stand Marc mit einem Strauß lila Iris. Er trug seine Pilotenbrille, und um seinen Mund spielte ein rätselhaftes Lächeln, das sofort verflog, als ich die Tür öffnete.
»Was ist los?«, fragte er.
Ich reichte ihm den Umschlag und das Taschenbuch, ballte die Hände zu Fäusten und presste sie gegen die Stirn. Deutlich angespannter, hängte er sei ne Sonnenbrille in den Kragen seines Polohemds und studierte den Umschlag.
»Abgestempelt in Los Angeles.«
Ich hämmerte mit den Fäusten gegen meine Stirn. Hörte das denn nie auf?
Er half mir zum Sofa. Nachdem er die Polizei angerufen hatte, nahm er neben mir Platz.
Ich klemmte meine Hände zwischen meine Knie. »Wie er gesagt hat: Murphy ist noch nicht fertig mit mir. Und er sorgt dafür, dass ich es nicht vergesse.«
Marc legte mir den Arm um die Schultern. Ich spürte seine Stärke und die Leidenschaft unter der unterkühlten Oberfläche. Seine braunen Augen waren gnadenlos ruhig: Er hatte sein Pokerface aufgesetzt.
»Ich werde rund um die Uhr auf dich aufpassen«, versprach er.
Ich war erleichtert und dankbar. Zugleich spürte ich ein Verlangen nach ihm, das mich wie ein Fieber erfasste. Es war ein beängstigendes Gefühl. »Danke, aber was anderes wäre mir lieber. Kannst du mir einen Gefallen tun? »
»Welchen?«
»Mit mir Schießen üben.«
Er nickte, ergriff meine Hand und erhob sich. »Komm mit.«
Wir fuhren zu ei nem Schießstand in den Bergen in der Nähe des West Camino Cielo. Nachdem wir uns angemeldet hatten, platzierte er Brians Waffe, das Magazin und eine Schachtel mit 9-mm-Munition vor mir.
»Hast du Erfahrung mit Feuerwaffen?«, erkundigte er sich.
»Natürlich. Ich bin ein Soldatenkind. Aber ich will mir sicher sein, dass ich ein bewegliches Ziel in der Dunkelheit treffen kann, und zwar fünfzig Mal hintereinander, wenn es sein muss.«
Er nahm die Pistole. »Das ist dei ne Waffe. Eine halbautomatische Beretta.« Er legte sie mir in die Hand. »Gewöhn dich einfach mal an das Gewicht.«
Da ich die Pistole mehrfach vom Wohn- ins Schlaf zimmer getragen hatte, wunderte ich mich nicht darüber, dass sie über ein Kilo wog. Das kühle Metall ruhte angenehm in meiner Hand.
»Okay«, sagte Marc. »Kannst du eine Stunde lang ohne die Schlinge auskommen?«
Ich streifte sie ab.
Schritt für Schritt erklärte er mir, wie man das Magazin lud, den Schieber bediente, um eine Patrone ins Patronenlager zu befördern, und die Sicherung betätigte und löste. Bei der richtigen Haltung standen die Füße etwa schulterbreit auseinander, die Knie waren leicht gebeugt. Die Waffe wurde mit beiden Händen gehalten, wobei die linke die rechte Hand stützte.
Behutsam legte er die Hand auf meinen verletzten Ellbogen. »Wie geht’s dem Arm?«
»Alles okay.«
»Du musst ein Gefühl für das Gewicht kriegen«, sagte er. »Selbst nach kur zer Zeit kann es die Zielgenauigkeit beeinflussen. Und wenn du schießen musst, wirst du nervös sein. Geduld ist das A und O.«
Ich wusste das alles, aber ich fand es beruhigend, es noch einmal von ihm zu hören.
»Du musst fest entschlossen sein«, fuhr er
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