Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies
früher benutzt.«
»Ich habe Angst, Dante«, sagte Maria. »Ich habe fürchterliche Angst. Ich möchte nur noch nach Hause.«
Er legte ihr seinen gesunden Arm um die Schulter und flüsterte: »Ich weiß, aber ich habe dir doch gesagt, dass alles am Ende gut ausgehen wird.«
Corrales’ Handy klingelte. Es war Castillo. Er sollte mit ihm sprechen, die Wahrheit herausfinden und Castillos Fragen mit Lügen beantworten: Sie haben uns angegriffen, aber ich weiß nicht, warum. Stattdessen verbarg er das Display vor Maria und ignorierte den Anruf.
Er schloss die Augen und legte den Kopf auf die Rücklehne. Diese verbrannten Autos vor dem Haus in Chamula hatten in ihm eine Saite berührt. Jetzt wollte er jedoch nur noch schlafen, so lange schlafen, bis alle seine Probleme aus der Welt waren.
Das Telefon klingelte wieder. Castillo. Er schaltete es aus.
Das alles war nur passiert, weil Corrales einen schweren Fehler gemacht hatte: Er hatte angenommen, Salou würde niemals den Mut aufbringen, sich mit dem mächtigen Juárez-Kartell anzulegen. Er würde es hinnehmen, dass man ihn auf diese Weise betrogen hatte und sich aus Angst vor den Folgen nicht dafür rächen. Aber Corrales war eben nie Soldat gewesen und hatte nicht mit der Entschlossenheit solcher Militärs gerechnet. Diesen Fehler würde er bestimmt nie wieder machen.
A uf der Rückfahrt von Chamula hatten Miguel und Sonia einen kleinen Streit. Er meinte, sie sollten direkt zur Polizei gehen, sie befürchtete jedoch, dass die Polizisten mit den Männern zusammenarbeiten könnten, die sie gekidnappt hatten. Sie war der Meinung, sie sollten tun, was dieser Soldat seines Vaters ihnen geraten hatte und zum Flughafen fahren. Ihre Kidnapper hatten ihnen die Handys weggenommen, und Miguel meinte, dass sie wenigstens kurz anhalten sollten, damit er seinen Vater anrufen könnte.
Sonia war jedoch strikt dagegen. Sie saß am Steuer und raste die schmale Straße entlang, bis ihnen auf der linken Seite ein kleiner gelber Wegweiser die Richtung zum Flughafen von San Cristóbal de las Casas anzeigte.
Erst als sie das bescheidene Terminal erreicht hatten, hielt Sonia an und sagte: »Okay, wir rufen deinen Vater an. Ich glaube, jetzt kann uns nichts mehr passieren …«
Miguel fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und rieb sich seine müden Augen, als sie zum Flughafengebäude hinübergingen, wo sie eine Telefonzelle fanden, die allerdings nur Telefonkarten akzeptierte. Fluchend rannten sie hinüber zu einem kleinen Laden, wo sie eine Karte für 30 Pesos erstanden.
Mit zitternden Händen wählte er die Nummer seines Vaters, erreichte jedoch wie erwartet nur dessen Anruf beantworter. Natürlich hob er nicht ab, da ihm die Num mer ja völlig unbekannt war.
Miguel sprach jetzt einen leicht panischen, lückenhaften Bericht auf seines Vaters Voicemail. Er sei noch am Leben, und er und Sonia seien unverletzt. Er habe keine Ahnung, was Corrales und den beiden anderen passiert sei. Er sei jedoch dankbar, dass seines Vaters Männer noch rechtzeitig gekommen seien, auch wenn er nicht verstehen könne, warum sie sie bei ihrer anschließenden Flucht nicht begleitet hätten.
Nachdem er aufgelegt hatte, schaute er Sonia in die Augen und schüttelte ungläubig den Kopf. »Du bist die stärkste Frau, die ich kenne. Stärker sogar als meine verstorbene Mutter – und das will etwas heißen.«
»Willst du etwa andeuten, dass du nicht glauben kannst, dass ich so stark bin – obwohl ich doch eine Frau bin?« Sie zog eine Augenbraue nach oben.
Er grinste. »Nein, ich wollte dir eigentlich nur danken .« Er beugte sich vor und küsste sie.
»Gern geschehen«, entgegnete sie.
»Wie konntest du nur so ruhig bleiben? Ich dachte ständig, ich falle gleich in Ohnmacht.«
»Ich glaubte nicht, dass sie uns töten würden. Wir waren doch für sie viel zu wertvoll. Also habe ich mich entschieden, stark zu bleiben … für dich.«
»Trotzdem …«
»Na ja, manchmal bin ich mehr wütend als ängstlich …«
»Ich hoffe, das kannst du mir eines Tages auch beibringen. Ich möchte von dir lernen.«
Sie atmete tief durch und schaute weg. Ihre Lippen begannen zu zittern, als ob sie gleich anfangen würde, zu weinen.
»Was ist los?«
»Nichts.«
Miguel schaute auf einen Flachbildschirm im Terminal. Sie zeigten gerade die Aufnahme einer in alle Richtungen davonstiebenden Menschenmenge. Der Bildtitel dazu lautete: MORDANSCHLAG AUF JORGE ROJAS .
Ihm stockte der Atem.
Villa Rojas
Cuernavaca, Mexiko
90
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