Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies
glühten. »Mach das nie wieder! Hörst du!«
»Ja, Daddy. Jaaa …«
F ünfzehn Minuten später verließ er das Hotel. Vorher vergewisserte er sich, dass Ignacio an der Rezeption alles unter Kontrolle hatte. Einige Kleindealer sollten später vorbeikommen, um Stoff abzuholen, und er ging mit ihm noch einmal die Einzelheiten des Verkaufs durch.
Corrales hatte das Hotel erst vor ein paar Monaten gekauft und war gerade dabei, es gründlich zu renovieren, den Anstrich, die Teppichböden, die Möbel, alles. Er wünschte sich, seine Eltern könnten ihn jetzt sehen. »Ich arbeite nicht hier« , hätte er zu ihnen gesagt, »der Schuppen gehört mir.«
Das Gebäude war nur vierstöckig und hatte insgesamt nicht mehr als vierzig Zimmer. Er plante jedoch, zehn von ihnen in »Luxussuiten« umzuwandeln, in denen er wichtige Kunden unterbringen könnte. Er hatte nur das Problem, die dafür nötigen Bauingenieure zu finden, da die meisten beim Tunnelbau an der Grenze eingesetzt waren. Er fand das ziemlich kurios. Die Installateure, Maler und Zimmerleute hatten jedoch mit ihrer Arbeit bereits begonnen. Er heuerte einen Innendesigner aus San Diego an, und Maria hatte ihn dazu überredet, die Dienste einer befreundeten Maklerin in Anspruch zu nehmen, die sich in Feng-Shui auskannte und jetzt jeden Raum so gestaltete, dass sich keine »verstockten Energien« darin festsetzen konnten. Da dies Maria glücklich machte, hatte er eingewilligt, ohne die Augen zu verdrehen.
Er verließ die Stadt auf dem Manuel-Gómez-Morín-Boulevard und folgte der breiten Straße entlang der Grenze, bis er ein kleines Reihenhausviertel erreichte. Die Zufahrten lagen hinter hohen schmiedeeisernen Toren, und die Fenster waren alle vergittert. Die Häuser waren noch ziemlich neu, was vor allem an den Ziegeldächern zu erkennen war. Überall parkten große, kugelsichere Limousinen. Die meisten Bewohner waren Kartellmitglieder oder deren Verwandte. Corrales fuhr in eine Sackgasse hinein, drehte um und wartete. Plötzlich tauchten Raúl und Pablo aus einem Hauseingang auf und sprangen in den Escalade. Beide trugen maßgeschneiderte Hosen, Hemden und Lederjacken.
»Lasst uns heute Abend ein Exempel statuieren«, sagte Corrales. »Wissen die vier anderen Arschlöcher, was sie zu tun haben?«
»Ja«, antwortete Pablo. »Alles klar.«
»Das hast du letztes Mal auch gesagt«, erinnerte ihn Corrales. Er bezog sich auf das Hotel in Nogales, wo sie Zúñigas zweiten Spion fangen wollten. Tatsächlich war er ihnen jedoch entwischt. Sie hatten danach den Leichnam des ersten vor dem Eingang eines Hauses in Nogales abgeladen, von dem sie wussten, dass es Zúñiga gehörte. Seitdem hatten sie nichts mehr von ihm gehört. Ernesto Zúñiga, auch bekannt als »El Matador«, besaß Häuser in vielen Städten Mexikos. Erst neulich hatte er sich ein Landhaus in den Vorbergen südwestlich von Juárez bauen lassen. Es hatte eine Grundfläche von 380 Quadratmetern, eine geklinkerte Zufahrt und mit Kameras bestückte Sicherheitstore. Auch außerhalb des Anwesens waren in den gesamten Vorbergen Wachen postiert.
Man konnte sich also nicht unbemerkt an Zúñigas Wohnsitz heranschleichen. Daran war Corrales auch nicht interessiert. Er wollte den Rivalen einfach nur wissen lassen, dass sie da waren – und ihm eine unvergessliche Botschaft senden.
Corrales hatte in den letzten beiden Jahren Zúñiga, seine Männer, seine Operationen und seine Geschichte genau studiert. Bereits im Paten hatte es ja geheißen: »Halte deine Freunde nahe bei dir, aber deine Feinde noch näher.« Corrales hielt neuen Sicarios öfter Vorträge über die Gerissenheit und tödliche Kampfkraft des Sinaloa-Kartells.
Zúñiga selbst war der 52 -jährige Sohn eines Rinderzüchters. Er wurde im mexikanischen La Tuna in der Nähe von Badiraguato geboren. Als Kind verkaufte er Zitrusfrüchte. Außerdem wurde gemunkelt, dass er ab dem Alter von 18 Jahren auf der Ranch seines Vaters Schlafmohn angebaut habe. Zúñigas Vater und Onkel vermittelten ihm dann einen Job als Lastwagenfahrer beim Sinaloa-Kartell. Den Großteil seiner zwanziger Jahre transportierte er Marihuana und Kokain an Bestimmungsorte in ganz Mexiko.
Spätestens mit dreißig hatte er seine Bosse so sehr beeindruckt, dass sie ihn zum Leiter aller Drogentransporte von der Sierra in die Städte und an die Grenze machten. Er war einer der Ersten, der Flugzeuge einsetzte, um das Kokain direkt in die Vereinigten Staaten zu bringen. Darüber hinaus
Weitere Kostenlose Bücher