Gegen alle Zeit
anheben. Blueskin öffnete die Tür und sah den bekleideten Rücken und den nackten Hintern von William Page. Er stand in seiner bunten Stutzerkleidung, aber mit heruntergelassener Hose vor dem Tisch und drang geräuschvoll in eine Frau ein, die rücklings auf dem Tisch lag, keinen Mucks von sich gab und ihre Beine um sein Hinterteil geschlungen hatte.
»William, altes Haus!«, rief Blueskin lachend und knallte die Tür zu.
»Verflucht noch mal!« William Page fuhr wütend herum, erkannte Blueskin und war wie vom Blitz getroffen. Er brauchte eine Weile, bis er seine Fassung und sein überhebliches Grinsen wiedergefunden hatte, und sagte dann: »Blueskin! Das ist allerdings eine Überraschung. Bist du von den Toten auferstanden?«
Statt eine Antwort zu geben, starrte Blueskin seinerseits zum Tisch, auf dem Poll Maggott an ihrem hochgeschobenen Unterkleid herumzupfte und ihn mit einer Mischung aus Scham und Erleichterung fixierte.
»Du lebst also?«, sagte sie und meinte damit natürlich nicht den Brand in der Dirty Lane, sondern das Überleben in Bedlam. Sie versuchte zu lächeln, hielt ihre Hand vor die entblößten, weiß gepuderten Brüste und richtete sich auf.
Will stieß sie unsanft zurück und rief: »Du bleibst gefälligst liegen. Wir sind noch nicht fertig! Schließlich hab ich dafür bezahlt.« Dann wandte er sich wieder an Blueskin, lächelte übertrieben und meinte: »Es dauert nicht mehr lange, mein Freund. Warte doch unten auf mich, ich bin gleich bei dir.« Er zog die Nase kraus, schnupperte und fragte: »Stinkst du so?«
»Das ist der Geruch der Hölle«, erwiderte Blueskin und versuchte, nicht erkennen zu geben, wie sehr ihn der Anblick der beiden verwirrte und verunsicherte. Zugleich aber ärgerte er sich über seine Verwirrtheit. Er wusste doch, womit Poll ihr Geld verdiente und dass sie sich die Kundschaft nicht aussuchen konnte. Aber es widerstrebte ihm, sie bei ihrer Arbeit zu beobachten. Ja, es bereitete ihm beinahe einen körperlichen Schmerz in der Brust, ihre Beine um Williams Rücken geschlungen zu sehen. Nicht nur, weil er inzwischen wusste, dass William ein Verräter war. Er lächelte gequält, holte tief Luft und sagte: »Richte Jack aus, dass ich ihn heute Abend sehen will. Kurz nach Sonnenuntergang in Mutters Schänke. Und zwar an der üblichen Stelle. Er soll allein kommen.«
»Jack?«, antwortete William achselzuckend. »Keine Ahnung, wo der sich versteckt hält.«
»Ihr habt doch zusammen die Stadt verlassen«, tat Blueskin verwundert. »Seid ihr nicht gemeinsam zurückgekommen?«
»Ja, nein, das schon.« William schien nicht zu wissen, was er sagen sollte oder durfte. »Hab aber Jack seit Tagen nicht gesehen. Sind ja alle wie der Teufel hinter ihm her.«
»Ich muss ihn heute Abend sehen! Es ist wichtig!«, sagte Blueskin mit Nachdruck, und aus einer plötzlichen Eingebung heraus fügte er hinzu: »Ich weiß jetzt, wie wir Mr. Wild fertigmachen können. Es gibt einen Brief.«
»Einen Brief?«, wunderte sich William, während er gleichzeitig in seinem Schritt herumnestelte und Polls Schenkel auseinanderschob.
Statt einer Antwort schaute Blueskin Poll in die Augen und murmelte leise: »Ja, Poll, ich lebe noch.« Er lächelte ihr unmerklich zu und verließ den Raum. Wenig später war das Ächzen wieder zu hören, und Blueskin beeilte sich, nach unten zu kommen.
Als er den Gastraum betrat, verließ einer der Laufburschen gerade die Schänke, und der Wirt starrte Blueskin an, als hätte der ihn bei etwas Unsittlichem ertappt. Blueskin war sofort klar, wohin der Wirt den Jungen geschickt hatte.
»Blueskin!« Mr. Hynd hatte offensichtlich seine Sprache wiedergefunden. »Setz dich und trink, Kumpel!« Der Wirt wies auf den Humpen mit Porter auf dem Schanktisch und fügte hinzu: »Hätte ich mir doch gleich denken können, dass du uns alle an der Nase herumführst. Bist nicht totzukriegen, was?«
»Unkraut vergeht nicht.«
»Siehst ganz schön mitgenommen aus. Wo hast du gesteckt?« Auch der Wirt nahm den seltsamen Geruch offensichtlich wahr und rümpfte die Nase, er unterließ es aber, einen Kommentar abzugeben.
»Hier und da«, antwortete Blueskin und trat an den Tisch heran, ohne sich auf einen Schemel zu setzen. Er nahm einen großen Schluck von dem Dunkelbier, stellte den Krug zurück und wollte sich verabschieden, als sein Blick auf eine achtlos herumliegende Zeitung fiel. Es handelte sich um eine Ausgabe des Daily Courant vom 4. September, wie oben auf dem einseitig
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