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Gegen alle Zeit

Gegen alle Zeit

Titel: Gegen alle Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Finnek
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flachen Hand auf den Tisch. »Hat sich eigentlich irgendwer mal gefragt, welche Rolle Blueskin bei der ganzen Sache gespielt hat?«
    »Was meinst du damit?«
    »Na, denk doch mal nach!«, zischte Bess und deutete mit dem Zeigefinger auf ihr Gegenüber. »Kaum waren Jack und ich aus dem New Prison getürmt, schon tauchte Blueskin bei uns auf und buckelte vor Jack, dass es geradezu erbärmlich war. Ich hab Jack gewarnt, wie ich’s auch bei seinem Bruder Tom getan hab, aber Ratschläge hört Jack nun mal nicht gern.« Sie fasste sich an die Nase und schob sie mit dem Zeigefinger in die Höhe. »Gleich der erste Einbruch mit Blueskin geht in die Hose und bringt Jack das Todesurteil ein. Und warum? Weil sie ihre Beute an einen Hehler namens Field verkaufen, der dummerweise für Jonathan Wild arbeitet. Wie kann das passieren, wenn doch Blueskin jahrelang für Mr. Wild tätig war und sogar noch im Gefängnis von ihm bezahlt wurde? Blueskin muss diesen Mr. Field gekannt haben! Alles andere wäre schon sehr verwunderlich. Jack wurde von Blueskin und Field in die Falle gelockt.«
    »Das ist nur eine Vermutung.«
    »Ach ja?«, rief Bess und verschränkte ihre Arme vor der Brust. »Und warum wurde Blueskin nicht verhaftet? Er war doch an dem Abend auch im Laden seiner Mutter. Wieso schnappen sie sich Jack und lassen Blueskin entkommen? Das stinkt doch zum Himmel.«
    »Hast du Jack diese Fragen mal gestellt?«
    »Jack will davon nichts hören. Auf seinen Kumpel Blueskin lässt er nichts kommen. Als ich ihn im Newgate besucht hab, da hat er mich angeschrien und eine gemeine Verräterin genannt. Ich würde Blueskin nur beschuldigen, um von meiner eigenen Schuld abzulenken, hat er behauptet.«
    »Könnte was dran sein, oder?«, lachte Ingram. »Jack ist schließlich kein Dummkopf. Vielleicht bist du auf Blueskin nur so sauer, weil seine Behauptung schlicht und einfach der Wahrheit entspricht. Wie willst du das wissen, wenn du dich an nichts erinnern kannst?«
    Bess war wie vor den Kopf geschlagen, sie starrte Ingram an, und ihr Kiefer klappte herunter. Dann jedoch überkam sie die Wut, und sie spuckte ihm unvermittelt ins Gesicht. Ingram erwiderte nichts, er reagierte nicht, sondern wischte sich lediglich die Spucke von den Wangen und lächelte seltsam.
    »Was kümmert dich das eigentlich?«, schnauzte Bess und sprang auf. »Warum liegt dir so viel an Jack? Gestern hätte er dich um ein Haar abstechen lassen, und heute tust du so, als wärt ihr die besten Freunde. Das ist doch verrückt!«
    »Jack tut mir leid«, sagte Ingram und stand ebenfalls auf.
    »Er tut dir leid?«, wunderte sich Bess, die bereits zur Tür gegangen war und sich jetzt noch einmal umdrehte. »Der große Jack Sheppard, der Volksheld und Liebling aller Londoner Gauner, ausgerechnet Jack tut dir leid? Warum?«
    »Weil er nicht mehr lange leben wird«, antwortete Ingram, und es schien fast so, als wären ihm die Worte wider Willen entschlüpft.
    »Mach dir mal um Jack keine Sorgen«, lachte Bess und öffnete die Haustür. »Er hat neun Leben. Wie eine Katze.«
    »Mag sein«, antwortete Ingram nachdenklich. »Aber dann lebt er gerade sein neuntes.« Er schüttelte plötzlich den Kopf und verbesserte sich: »Nein, sein achtes. Eine Wiedergeburt bleibt ihm noch.«
    Bess wusste nicht, was sie auf diese eigentümlichen Worte erwidern sollte. Sie schnaufte abfällig, setzte ihren Hut auf und verließ den Schankraum.

4

    Burlington House befand sich am östlichen Ende der Piccadilly, auf der Nordseite der Straße, nur einen Steinwurf von dem Haus entfernt, in dem Bess und Jack im vergangenen Jahr für kurze Zeit gewohnt hatten. Bess kannte das weitläufige und hochherrschaftliche Anwesen, das dem jungen Grafen von Burlington gehörte, natürlich von außen, doch abgesehen von dem prächtigen Torbogen und den im Halbkreis errichteten Säulengängen, die das Haus von der Straße trennten, hatte Bess bislang nichts von dem dahinter verborgenen Herrensitz zu Gesicht bekommen.
    Und sie hätte nie gedacht, dass sie eines Tages versuchen würde, das Gelände heimlich durch einen Schweinestall zu betreten. Zwar hatte sie sich darauf gefasst gemacht, nicht ohne Weiteres durch das steinerne Tor auf den Hof spazieren zu können, doch dass das Haus wie eine Festung gesichert war, hatte sie überrascht. Zunächst hatte sie es einfach an der Piccadilly-Einfahrt versucht und dem Wärter an der Pforte mitgeteilt, sie sei eine Nichte des Dichters John Gay und wolle ihren Onkel

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