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Gegen jede Regel

Gegen jede Regel

Titel: Gegen jede Regel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Stammsen
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verstand, warum er ›Salamimörder‹ genannt
wurde. Ich wechselte den Sender.

    Bevor wir Leah Kling einige Fragen stellen konnten, war
Tobias’ Zimmer an der Reihe. Wir bogen in das Wohngebiet der Maiers ab und
tauchten in die Vorstadtatmosphäre ein. Ich parkte direkt vor der Haustür.

    Als wir ausstiegen und ich das Haus betrachtete, fragte
ich mich, warum die Maiers eigentlich noch hier wohnten. War eine
Doppelhaushälfte standesgemäß für einen Mann in der Position von Peter Maier?
So exorbitant teuer war das Wohnen in Forstwald nun auch wieder nicht.
Andererseits hatte Gerhard Schröder als Ministerpräsident in einer Dachgeschosswohnung
und als Bundeskanzler in einem Reihenhaus gewohnt – nachdem sein Freund
Vladimir bei einem Besuch Missfallen über die kleine Wohnung geäußert hatte. Es
konnte auch sein, dass die Maiers sich hier einfach wohlfühlten.

    Nina entfernte das Polizeisiegel und wir betraten das
Haus. Im Wohnzimmer war alles sauber und ordentlich. Nur die Blutflecken
störten das Bild eines familiären Vorzeigezimmers, das nicht genutzt wurde.
Aber wir waren nicht wegen des Wohnzimmers hergekommen und deshalb stiegen wir
die Stufen hoch.

    Wir gelangten über den kurzen Flur in Tobias’ Zimmer.
Dunkelheit und Schwärze umhüllten uns. Das graue Tageslicht, gefiltert durch
halb geschlossene Jalousien, verlor sich im dämmrigen Zwielicht. Der
Billardtisch thronte immer noch wie ein Altar im Raum und die Poster von
Heavy-Metal-Bands sprangen uns entgegen wie Blitze in einer Gewitternacht.

    Mir war mulmig zumute, als wir noch einmal alles absuchten.
Alle Schränke, den Billardtisch, das Bett, den Schreibtisch. Ich nahm jedes
Buch aus dem Bücherregal in die Hand und ließ die Seiten über die Finger
gleiten.

    Wir fanden nichts. Keine versteckten Botschaften, keine
neuen Geheimfächer. Es gab keinen Hinweis auf Tobias’ Band oder darauf, dass er
komponierte. Kein einziges Blatt Notenpapier, keine Notenbücher, kein einziges
musikwissenschaftliches Buch. Keine Spur von einer Gitarre oder einem anderen
Instrument. Keine Spur von Besuch, kein Hinweis auf Freunde, keine Briefe,
keine Notizen, Telefonnummern. Keine Ausdrucke, Fotos. Nichts und rein gar
nichts deutete darauf hin, dass dieser Junge mehr als ein eigenbrötlerischer
Einzelgänger gewesen war.

    Ich war erleichtert, traute mich aber nicht, es auszusprechen.
Schlechte Erfahrungen hatten mich abergläubisch gemacht.

    Â»Hier ist nichts«, sagte Nina schließlich. »Wir haben
nichts übersehen.«

    Â»Er hat ein echtes Doppelleben geführt«, antwortete ich.
Das war erstaunlich, weil in Tobias’ Alter die meisten Teenager noch nicht
einmal mit einem einzigen, normalen Leben zurechtkamen.

    Â»Ich habe noch nie erlebt, dass es überhaupt keinen Hinweis
auf das andere Leben gibt. Aber ich habe von solchen Fällen gelesen.«

    Â»Du liest kriminalistische Zeitschriften?«

    Â»Manchmal.«

    Eine diplomatische Antwort. Ich sagte: »Danke, dass du
mit mir hergekommen bist.«

    Nina lächelte. »Das ist selbstverständlich.« Und mehr gab
es nicht zu sagen.

    Â»Schauen wir uns noch das Badezimmer an?«

    Das Badezimmer war geräumig, aber nicht übergroß. Ich
überprüfte die Abflüsse von Waschbecken, Badewanne und Dusche, aber die waren
sauber. Hier waren die Kollegen der Spurensicherung gründlich gewesen. Was mich
interessierte, war der Badezimmerschrank. Unter dem Waschbecken fand ich eine
Sammlung Handtücher und Toilettenpapier. Im Wandschrank neben dem Waschbecken
gab es weitere unauffällige Utensilien. Rasierklingen, Deo, Seife, Zahnpasta.
Es war ein schönes Badezimmer, aber für unsere Ermittlungen uninteressant.

    Wir gingen ins Schlafzimmer der Eltern, das gegenüber
lag. Die Einrichtung war edel, konservativ und langweilig. Ich schlug die Decke
zurück.

    Â»Alles sauber«, sagte Nina. Wir machten uns über die
Kommoden her. Bei Peter Maier fand ich in der unteren Schublade eine Reihe
Pyjamas, in der oberen nützliche Dinge wie Nasentropfen, Taschentücher und
Schlaftabletten.

    Von der anderen Bettseite sagte Nina: »Sie nimmt die Pille.«

    Â»Hmm. Und sonst?«

    Â»Ich weiß nicht, was sie sonst noch nimmt. Aber hier in der
Kommode ist sonst nichts Bemerkenswertes.«

    Ich wollte noch das Gästezimmer anschauen. Eigentlich war
es mehr eine kleine Kammer,

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