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Gegen jede Regel

Gegen jede Regel

Titel: Gegen jede Regel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Stammsen
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wir unsere Fantasien ausgetauscht.«

    Â»Frau von Neudeck, hatten Sie jemals tatsächlichen sexuellen
Kontakt mit Tobias?«

    Sie schüttelte den Kopf und es lag Bedauern in ihrer Stimme,
als sie sagte: »Nein. Ich habe mir das oft vorgestellt. Und auch gewünscht. Ich
glaube, es wäre wunderbar gewesen.«

    Â»Was hat Sie zurückgehalten?«

    Â»Die E-Mails haben gut funktioniert«, sagte sie. »Und …
Ich habe mich nicht getraut. Ich meine, ich bin so alt, dass ich seine Mutter
sein könnte, was sollte er da für ein echtes Interesse an mir haben?«

    Diese Aussage war interessant von einer Frau, die das Interesse
eines Teenagers an ihr immerhin für so groß gehalten hatte, dass sie ihm
Nacktfotos von sich geschickt hatte. Genau genommen hatte Frau von Neudeck aber
bis jetzt nur Dinge zugegeben, die wir anhand der E-Mails relativ gut überprüfen
konnten. Ob sie weitere Geheimnisse vor uns hatte und welche das waren, wusste
vorerst nur sie selbst.

    Nina fragte: »Frau von Neudeck, wo waren Sie am Sonntagabend?«

    Â»Na, hier zu Hause«, sagte sie.

    Â»Mit Ihrem Mann?«

    Â»Ja, ich sagte doch, der ist hier auf und ab gelaufen. Einige
Male ist er auch rausgerannt, ist zornig wieder hereingekommen und hat mich angeschnauzt,
so als hätte ich die Musik so laut aufgedreht.«

    Â»Wann war das?«

    Â»Es war schon relativ spät, als es losging. Vielleicht halb
zehn. Dann hat mein Mann die Polizei gerufen, so um Viertel nach zehn. Bis die
da waren, war es kurz vor elf.«

    Â»Sie waren die ganze Zeit mit Ihrem Mann zusammen?«

    Â»Bis auf die Minuten, in denen er draußen war. Er hat am
Schluss noch mit den Beamten gesprochen. Als die gefahren sind, ist er
reingekommen.«

    Â»Ist er sofort danach wieder zurückgekommen?«

    Â»Ja so ziemlich. Ganz genau weiß ich das nicht.
Vielleicht hat er auch noch wütend zu Tobias’ Fenster hochgestarrt. Keine
Ahnung.«

    Â»Das war gegen elf Uhr?«

    Â»Ja, als er wieder reinkam, war Ruhe. Wir sind dann ins
Bett gegangen.«

    Â»Gemeinsam?«

    Â»Ja. Zusammen, aber nicht miteinander.«

    Es war einfach toll, wie filigran einige Sachverhalte in
der deutschen Sprache auszudrücken waren. Ich hoffte, wir würden bis zum Mittag
eine Aussage von Herrn von Neudeck vorliegen haben. Für den Moment sah es so
aus, als hätte Frau von Neudeck ein mittelprächtiges Alibi. Und wir hatten
Tobias’ Aktivitäten am Sonntagabend ein wenig weiter aufgeklärt. Die Kollegen,
die die abendliche Ruhestörung beendet und die Anzeige aufgenommen hatten, würden
sicher auch noch zur Aufklärung beitragen.

    Frau von Neudeck fragte: »Müssen Sie das fragen oder bin
ich verdächtig?«

    Nina antwortete: »Das ist eine Routinefrage, die wir jedem
stellen, der mit Tobias in Beziehung stand.«

    Â»Oh«, sagte sie. Vielleicht war ihr der Gedanke gekommen,
dass sie nicht die Einzige gewesen war, mit der er pikante E-Mails ausgetauscht
hatte.

    Stille senkte sich über das Wohnzimmer. Ich hatte keine
Fragen mehr für den Moment. Nina auch nicht. Wir machten uns bereit zum
Aufbruch. Nina erkundigte sich: »Was werden Sie jetzt tun?«

    Â»So kann es nicht weitergehen«, sagte sie. »Vielleicht
ist es wirklich so, dass nicht mein Mann irgendwelche Tabletten braucht,
sondern unsere Ehe.« Frau von Neudeck ließ jedoch offen, was das konkret bedeuten
sollte. Vermutlich wusste sie es selbst nicht.

    Wir gaben ihr unsere Karten. »Falls Ihnen noch etwas einfällt,
melden Sie sich bitte bei uns. Können wir Sie hier erreichen?«

    Â»Ja, das können Sie. Ich habe nicht vor, umzuziehen. Zumindest
nicht sofort.«

    Sicherlich würde ihr Mann heute keinen ruhigen Abend
haben. Wir verabschiedeten uns und machten uns wieder auf den Weg zum Auto.

    Â 
    Ich hatte gerade die Fahrertür vor der
aufdringlichen Novemberfeuchte geschlossen, als mein Handy klingelte. Es war
Simon.

    Ich meldete mich: »Wegeners Krokodilfarm.«

    Â»Oh. Ich glaube, ich habe mich verwählt«, sagte Simon. »Ich
wollte El Presidente Wegener aus der Republik Bananas sprechen.«

    Â»Ich bin es selbst«, sagte ich.

    Â»Markus, ich habe die versteckte Festplatte geknackt.«

    Â»Das ist wunderbar«, sagte ich. Noch besser war, dass
mein Handy eine Freisprechfunktion hatte. Ich stellte das Gespräch laut, sodass
Nina mich unterstützen

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