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Geh auf Magenta - Roman

Geh auf Magenta - Roman

Titel: Geh auf Magenta - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frankfurter Verlags-Anstalt
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den Weg, in der Ferne waren schon die ersten Polizeisirenen zu hören.
    Die Straßen waren überall in Schnee getaucht, die Autos hinterließen dunkle Furchen in dem ansonsten makellosen Weiß, und das gelbe Licht der Straßenlaternen ließ es sanft schimmern. Rob bemerkte, dass ja bald Weihnachten sei, was er denn so vorhabe? Bastien sagte, dass er sich darüber noch keine Gedanken gemacht hätte. Dieses Jahr gäbe es wohl keines, fügte er leise hinzu.
    »Du kannst auch immer zu uns kommen, das weißt du«, sagte Rob. Und wer denn diese Kirsten gewesen sei? Bastien sah keinen Grund, ihm die Geschichte jetzt noch zu verheimlichen, und erzählte ausgiebig von seiner Liaison mit ihr; die Stelle mit dem Ahrensfelder Kunstverein gefiel Rob besonders gut. Und Mel hätte nie etwas gemerkt? Bastien verneinte, er wäre aber auch nie ein Risiko eingegangen, und Kirsten sei ohnehin ein verschwiegener Mensch, also kein Problem. Vielleicht hätte das manchmal sogar seine Beziehung mit Mel gerettet, das sei gar nicht so abwegig.
    »Ich weiß«, sagte Rob.
    »Was weißt du?«
    »Nichts, nur so. Das lief ja auch schon vorher nicht so gut mit euch beiden. Mit Mel und dir, meine ich.«
    Bastien wusste nicht, wie er den Satz deuten sollte, aber vor ihnen lag schon der Eingang zur U-Bahn, sie stiegen die Treppen herab, der Zug stand abfahrbereit. Robs Hose hatte sich nun zu einer zähen Kruste verhärtet, die bei jedem seiner Schritte knackte und bei den Umherstehenden für spöttische Blicke sorgte. Bastien hängte ihm seinen Mantel um, er hätte es ja nicht so weit bis zum Atelier, Rob sah ihn dankbar an. »Wir halten zusammen, ja? Frauen sind auch nicht alles.«
    Bastien bemerkte, dass es eigentlich richtig schade sei, dass Lieb-Rob in diesem hässlichen Mannskörper stecke, ansonsten würden sie das Mega-Paar abgeben, aber was solle man sagen? – Dumm gelaufen, schon bei der Geburt. Seine Haltestelle näherte sich, sie verabschiedeten sich, man könne ja am nächsten Morgen frühstücken gehen, mit etwas guter Marmelade und so; unter Gelächter stieg Bastien aus und machte sich auf den Weg ins Atelier.
    Rob hatte noch einige Stationen vor sich, er schlug Bastiens Mantel über die Beine und kratzte hier und da einige verkrustete Stellen ab.
    Bastiens Mantel. Der Mantel seines besten Freundes. Er war jetzt der Einzige in dem Waggon und blickte auf die Reihen der leeren Sitze. Vielleicht war es sogar die gleiche Bahn, die Mel vor einem Jahr genommen hatte, als sie ihn in seiner Wohnung besuchte.
    Genau vor einem Jahr, kurz vor Weihnachten.
    Etwas verkrustete Marmelade bröckelte vom Mantel ab und fiel auf den Boden, er wischte sie mit den Füßen weg. Dann weitere Stückchen, er schob auch diese weit weg, unter die Sitze, unsichtbar jetzt.
    So wie er sie vorher besucht hatte, drei-, viermal. Immer im Abstand von einer Woche. Immer dann, wenn Bastien etwas vorhatte, immer dann, wenn er nach Ahrensfelde musste, wie Mel ihm erzählte, zu irgendeiner Kunstaktion dort. Sie hatte ihm das ohnehin nicht geglaubt und vermutete dort eine Liebschaft – zu Recht, wie er jetzt wusste.
    Der Gedanke, dass er als Kompensation zu Bastiens Affäre dienen sollte, kam ihm zu der Zeit noch nicht, erst viel später sprach Mel von ihrer Vermutung und dass sie sich das nicht bieten lassen wolle. Ohne viele Worte zu machen, hatte sie ihn dann zu sich gezogen und ihn lange auf den Mund geküsst. In diesem Moment mochte bei Rob all das ausgesetzt haben, worauf er ansonsten so viel Wert legte: Loyalität, Ehrlichkeit, er dachte nicht weiter nach und verbrachte die nächsten Stunden in ihrem Bett. In Bastiens Bett . Der Gedanke daran verursachte ihm selbst jetzt noch ein stechendes Gefühl in der Magengegend. Vielleicht lag es damals auch an Mels wilder Entschlossenheit, sie schien keine Sekunde an ihrem Tun zu zweifeln, küsste ihn immer wieder leidenschaftlich, riss ihm dann das Hemd unaufgeknöpft vom Körper. So nah hatte er sie noch nie erlebt, es war ihm, als läge eine ganz andere, fremde Mel in seinen Armen und nicht die vertraute Freundin seines Freundes.
    Er schwor sich, dass das auf jeden Fall nur ein fürchterlicher Ausrutscher gewesen war, und hoffte inständig, dass Mel ihren Mund halten würde; was sie auch tat.
    Allerdings schwelte bereits ein anderes Feuer in ihm: Er begehrte sie. Wenn er an ihren ersten Abend dachte, überzog eine Gänsehaut seinen Körper. Auch ihr ginge es so, wie sie sagte, wenn sie an ihn denken würde, hätte sie gleich

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