Geh Ich Auf Meine Hochzeit
gegen Darmträgheit auf sie wartete.
»Ewan aus der Textabteilung himmelt dich an, aber du würdest nie und nimmer etwas mit ihm anfangen wollen«, meinte Zoë. »Nicht einmal, wenn du betrunken bist - denn er würde möglicherweise eine längere Beziehung anstreben... also gehst du ihm aus dem Weg.«
»Was Beziehungen betrifft, bin ich eben einfach nicht gut«, verteidigte Cara sich. »Schließlich gibt es kein Gesetz, das mir das vorschreiben würde.«
Zoë fixierte sie streng. »Dann ziehst du also eine schnelle Nummer mit dem verkifften Eric vor?«
Cara gab auf. Es hatte einfach keinen Sinn, Zoë so etwas erklären zu wollen. Ihre Kollegin wusste schließlich, was Cara von den Männern weggetrieben hatte. Sie hatten zusammen das College besucht, also war sie im Bilde. Doch Zoë hegte die felsenfeste Überzeugung, dass sie in der Zwischenzeit über das damalige Debakel hätte hinwegkommen müssen. Immerhin waren mittlerweile sechs Jahre vergangen.
»Du kannst dir nicht vorstellen, wie schwer es war, ihn wieder loszuwerden«, gestand Cara. »Ich hatte schon den Eindruck, er wolle bei mir einziehen. Dann habe ich deinen Ich-möchte-dich-heiraten-Trick angewandt, aber Eric ist nur am Anfang darauf hereingefallen.«
»Keiner würde darauf hereinfallen«, unterbrach Zoë sie. »Ich habe davon in einer Zeitschrift unter der Rubrik ›Dinge, die ich seinerzeit gerne getan hätte‹ gelesen. Es ist nie wirklich passiert...«
»Cara, Zoë«, ertönte eine dröhnende Stimme. Beide Frauen schreckten von ihren Stühlen auf. Bernard Redmond, der Chef der Yoshi-Werbegruppe und ein Piesacker vor dem Herrn, stand im Türrahmen und verdeckte das Licht, das sonst vom Flur her einfiel.
In seinem dunklen Anzug ähnelte er noch mehr einem Leichenbestatter, als es wegen seiner recht imposanten Figur ohnehin schon der Fall war. Groß und dünn, an der Grenze zur Magerkeit, hatte er sein schwarzes, glattes Haar im Nacken zu einem kümmerlichen Pferdeschwanz zusammengebunden. Er erinnerte Cara immer an den Kindsentführer aus Chitty Chitty Bang Bang. Jetzt registrierten seine bohrenden Augen gerade die Tatsache, dass Cara offenbar noch nicht an der Illustration für das Abführmittel gearbeitet hatte. Aus irgendeinem Grund jedoch verlor er nicht die Beherrschung und schrie etwas von wegen Abgabeterminen.
Als er weiter ins Zimmer trat, begriff Cara seine Zurückhaltung: Millicent Ferguson, eine etwa fünfzig Jahre alte Matrone und seine gut betuchte Geschäftspartnerin, folgte ihm unmittelbar mit zwei metallisch roten Geschenktüten. Bernard gedachte der freigebigen Millicent, die von ihrem viel älteren Mann ein Vermögen geerbt und jetzt als stille Gesellschafterin der Firma beigetreten war, zu imponieren. Cara war überzeugt davon, dass er sich bei Millicent einschmeicheln und sie anschließend heiraten wollte. Zoë und sie hatten bereits erwogen, Millicent in einem anonymen Brief zu raten, die Finger von ihm zu lassen.
»Hallo, meine Lieben«, wandte sich Millicent lächelnd ihnen zu. Ihr breites, stark geschminktes Gesicht war zu einem Lächeln verzogen, und ihr lila Lidschatten fing bereits an zu verschmieren, weil sie so viel aufgetragen hatte. »Geschenke vom Weihnachtsmann!« Lächelnd übergab sie jedem der beiden eine Tüte.
»Danke«, meinte Cara, als sie einen langen, dunkelroten Schal ans Tageslicht beförderte.
»Er ist wunderschön«, lobte Zoë, die in ihrer Tüte einen türkisfarbenen Schal vorfand.
»Ich dachte mir, diesmal solltet ihr etwas Schöneres haben als eine Flasche Wein wie im vergangenen Jahr«, zwitscherte Millicent, hielt den Schal gegen Zoës gestutzten Rotschopf und bewunderte den Kontrast. Der Wein, wenn auch nicht von der allerbilligsten Sorte, hatte Bernards Idee von einem Weihnachtsbonus entsprochen. Er war unglaublich geizig, die Sorte Mensch, die eine Orange in der Manteltasche pellen würde, wie sich Cara auszudrücken pflegte.
»Wie kommen Sie mit der Zeichnung voran?«, erkundigte er sich und beugte sich drohend über Caras Schulter.
Sie lehnte sich zurück, denn ihr war klar, dass sie vom gestrigen Abend noch nach Alkohol riechen musste. Bernard konnte Alkohol aus einem Kilometer Entfernung riechen, denn er selbst trank nicht einen einzigen Tropfen.
»Gut«, murmelte sie. »Ich hoffe, heute damit fertig zu werden.« Kaum hatte sie es ausgesprochen, bedauerte sie es bereits. Sie hatte frühzeitig aus dem Büro gehen und ihre allerletzten Weihnachtseinkäufe tätigen wollen, bevor
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