Geh nicht einsam in die Nacht
wurde.
Im selben Winter zupfte der gutmütige Türsteher Tölpel-Hakala eines Nachmittags an Veka Everis Mantelärmel, als Veka bei Helanen Lampenschirme gekauft hatte und an der Tür des Männynlatva vorbeikam. Petes Vater ging nur selten in die Kneipe, und nun wollte Tölpel-Hakala ihm erzählen, dass er sich große Sorgen um Veikkos Sohn Make und Veikkos frühere Geliebte Orvokki machte. Beide ließen das Geld vom Sozialamt im Dämmerlicht der Kneipe durch ihre Kehlen rinnen und schienen von Woche zu Woche mehr zu trinken. Veka schüttelte daraufhin jedoch nur traurig den Kopf und sagte Hakala, Make und Orvokki seien erwachsene Menschen und er, Veka, könne da nichts tun, die Verantwortung für sein Leben trage jeder selbst.
In jenem Winter fand auch die Präsidentschaftswahl statt. Ich erinnere mich, dass Pete, Eva und ich kurz vor der Wahl durch die Wahlmänner in Familie Everis Wohnung zusammensaßen, es war der Abend, an dem der Präsidentschaftskandidat Urho Kekkonen im Fernsehen befragt werden sollte. Veka besuchte Großmutter Salme, die schwerkrank war, und Pete, Eva und ich hatten die Wohnung für uns, wir tranken Bier und verfolgten zerstreut die Wahlsendung, während Eva gleichzeitig Fragen zur Geschichte des Zweiten Weltkriegs stellte: Pete paukte für seine Geschichtsklausur. Der Zufall wollte es, dass der Interviewer ebenfalls Kekkonen hieß, Antero Kekkonen, und der alte Präsident wirkte verärgert und beleidigt, weil er gezwungen war, sich etwas so Unwürdigem wie einer Fernsehbefragung zu stellen. Wenn sein Namensvetter ihn ansprach, trommelten seine Finger jedes Mal gereizt auf der Tischplatte. Pete verlor schon bald jegliches Interesse daran, den Weltkrieg zu rekapitulieren, und verfolgte das groteske Schauspiel auf der Mattscheibe.
»Kekkonen interviewt Kekkonen über Kekkonen«, murmelte er nach einer Weile. »Das sieht im Ausland bestimmt gar nicht gut aus.«
»Nichts, was wir tun, sieht im Ausland gut aus«, erwiderte ich. »Dies ist das Land, in dem die Bibliothekstanten wollen, dass Donald Duck seinen daunigen Hintern in eine anständige Unterhose hüllt. We are truly the country of the damned. «
»Ach, stellt euch nicht so an«, meinte Eva. »Das sind doch alles nur Lappalien.«
»Also, ich weiß nicht«, sagte Pete. »Ich glaube, das Ganze ist geplant. Eine große Verschwörung. Kekkonen und Karjalainen und ein Haufen Industriebonzen und ein paar Bibliothekare opfern sich und erklären sich bereit, lächerlich zu wirken, und tun das alles, damit wir in Frieden leben und die Ramones und die Pistols und Pink Floyd und so weiter hören dürfen. Sie opfern sich für unsere Zukunft, damit wir freiere Typen als Juha und Make und sie werden.«
»Freier? Glaubst du wirklich, was du da sagst?«, wollte Eva wissen und sah Pete mit einem gereizten Funkeln in ihren schönen, grauen Augen an.
»Ist das nicht eine genauso berechtigte Theorie wie jede andere?«, entgegnete Pete und tat, als hätte er nicht bemerkt, dass Eva ein bisschen sauer war. Er provozierte sie immer öfter. In jenem Winter wurden die ersten Risse in ihrer Beziehung sichtbar.
Einige Wochen später, an dem Tag, als Petes Großmutter Salme starb, wählten die vom Volk bestimmten Wahlmänner erneut den Doktor der Rechte Urho Kaleva Kekkonen mit der üblichen überwältigenden Mehrheit zum Präsidenten. Auch an diesem Nachmittag waren wir drei zusammen, wir hingen im Waltervägen träge im Wohnzimmer herum, schauten träge die Fernsehübertragung und rauchten. Vor der Wahlprozedur, während die Wahlmänner im Parlament eintrafen, zeigte das Fernsehen unkommentiert Bilder aus dem Café und dem Korridor vor dem Plenarsaal. Plötzlich verharrte die Kamera bei einem stattlichen, gut gekleideten Mann, der vor einem mannshohen Spiegel im Korridor stand und lange seine dunklen Haare kämmte. Er schien mit seiner Frisur nicht zufrieden zu sein, so oft er den Kamm auch durch seine Haarpracht zog.
»Seht mal!«, sagte Eva Mansnerus. »Das ist Manner, der Typ, der mit Addi gesungen hat.«
* * *
Wenn ich an das letzte halbe Jahr vor dem Zerwürfnis denke, sind wir immer auf Aspholm.
Pete und Eva hatten Abitur gemacht. Eva war an der Universität eingeschrieben, studierte ohne eine feste Laufbahn vor Augen zu haben Geisteswissenschaften und wohnte in einem Apartment mitten in der Stadt, die Wohnung gehörte einer ihrer Tanten. Pete jobbte als Fahrer bei einer Spedition und grübelte darüber nach, was er tun sollte, falls die Musik
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