Geh nicht einsam in die Nacht
er sich verbessert. Gitarre zu spielen lernte er dagegen nie. Ariel hatte sein Versprechen von jenem Novemberabend, an dem Jouni ihn vor Paldanius gerettet hatte, gehalten und Jouni ein ganzes Jahr lang unterrichtet, aber der hatte das Instrument nie in den Griff bekommen. Trotzdem waren die Lektionen nicht vergeblich gewesen, denn sie fanden heraus, dass Jouni eine schöne Singstimme hatte, die bis tief ins Baritonregister hinabreichte.
Ohne dass sie es wirklich merkten, vergingen die Monate und Jahre schneller. Im Herbst nach dem Abitur trat Ariel seinen Wehrdienst an. Er diente in Sandhamn, und das Kasernenleben ließ sein Stottern mit Macht zurückkehren: Wenn er Urlaub hatte, war er nervös und schreckhaft, und Jouni fand, dass er wieder so schlimm stotterte wie in jenem Herbst, in dem sie sich kennen gelernt hatten. Aber es war nur ein kurzer Rückfall, denn nach einer Weile im Zivilleben ließ sich mit seinem Stottern wieder leben.
In der Zwischenzeit hatte sich herausgestellt, dass ihre Clique nur für kurze Zeit Bestand hatte. Kasurinen, der scharfzüngige Wacklin, Meeri und Kaarina aus der Terrassgatan, sie alle waren zu anderen Kreisen und Abenteuern weitergezogen, so dass die Konstellation entstand, die viele Jahre halten sollte: Jouni, Ariel und Adriana.
* * *
Was wir sehen, und was wir nicht sehen.
Was wir hören, und was wir nicht hören.
Die Lieder, die alle Welt kennt, und die anderen,
die kein Mensch kennt.
Im Sommer 1966 begannen die Redakteure des beliebten Radioprogramms Sommerhausgrammophon die bereits ein Jahr alte Single Die Botschaft des Abendwinds des finnischen Männerchors Die erwachsenen Männer zu spielen, und schon bald entwickelte sich das Stück zu einer regelrechten Landplage.
Im selben Jahr veröffentlichten die Beatles Yellow Submarine und Eleanor Rigby . Die Rolling Stones konkurrierten mit Under My Thumb und Lady Jane , die Beach Boys mit God Only Knows und die Kinks mit Sunny Afternoon .
Der Protestsänger Irwin Goodman, der eigentlich Antti Hammarberg hieß und auf Anraten seines Managers begonnen hatte, nasal zu singen, weil Bob Dylan dies tat, wurde mit Ein Schnäpschen in Ehren und Mit dem Auto auf die Kanarischen Inseln landesweit beliebt. In den ländlichen Regionen Finnlands hielt man sich an vertraute Lieblinge wie den berühmten Tango Satumaa , Märchenland, und Die Telefondrähte singen .
Einer der größten Sommerhits in jenem Jahr war Lovin’ Spoonfuls Summer In The City . Anfang August nahm der Sänger Danny in einem Studio im Helsingforser Vorort Sockenbacka eine finnische Version davon auf.
Im selben Augustmonat präsentierte Bob Dylan das Doppelalbum Blonde On Blonde , und in Studentenbuden in der ganzen Welt spielten junge Männer mit schmutzigen Stirnlocken und langen Nackenhaaren immer wieder diese Platte und suchten in den Texten von Sad-Eyed Lady Of The Lowlands , Visions Of Johanna und Absolutely Sweet Marie nach verborgenen Botschaften. In Büros arbeitende Väter wie Göran Mansnerus und Henry Loman bevorzugten dagegen Herb Alpert & the Tijuana Brass und Frank Sinatras Strangers In The Night , die sie auf ihren frisch erworbenen Stereoanlagen mit Boxen aus schickem, dunkel schimmerndem Edelholz abspielten.
U-Musik. E-Musik. So unterschied man damals, und manche tun dies sicher noch heute. Für mich sind solche Unterscheidungen allerdings nur leere Worte.
Jede Musik, die mit ehrlicher Absicht geschrieben und gespielt wird, mit möglichst wenig Berechnung und Seitenblicken, kann Nähe und Einsichten vermitteln, sogar Trost spenden.
Eine volkstümliche Melodie, ein Streichquartett, ein Jazzstück, ein Popsong: Sie alle können die Schwielen und Verhärtungen der Seele durchstoßen und tief in die Nischen dringen, in denen wir ohne Verstellung, ohne Masken und Finten existieren.
Ein ehrliches Lied hat stets die Kraft, das Leben des Zuhörers von Grund auf zu verändern.
Lieder, die groß werden und viele erreichen, verändern auch das Leben ihrer Autoren. Zumindest schenken sie ihnen Geld und Ehre.
Und dann gibt es auch noch Lieder, die im Lärm untergehen, die keiner hört.
Zu den schnell vergessenen Plattenveröffentlichungen des Sommers 1966 gehörte die Single Älä käy yähön yksin/Hiljaisuuden äänet der Gesangsgruppe Joni, Ariel & Adriana. Joni war natürlich Jouni Manner ohne u.
Die B-Seite der Single war eine biedere Coverversion von Simon & Garfunkels The Sound Of Silence . Die A-Seite, Älä käy yöhön yksin , war eine
Weitere Kostenlose Bücher