Geheimakte: Das Vermächtnis von Nummer Sechs - das Erbe von Lorien
würgen.
»Siehst du die hübschen Instrumente?«
Ich antworte nicht. Sein Atem riecht wie der dieser Kreatur im Lastwagen. Abgesehen von seinem blendenden Äußeren ist er aus demselben widerlichen Stoff geschaffen.
»Ich werde jedes dieser Instrumente so lange an dir und deiner Cêpan ausprobieren, bis du mir jede Frage wahrheitsgemäß beantwortet hast. Wenn nicht, werdet ihr beide wünschen, lieber tot zu sein. Das garantiere ich.«
Er schenkt mir ein hasserfülltes Grinsen, geht wieder zu dem kleinen Tisch und greift nach einer feinen Rasierklinge, die an einem dicken Gummigriff befestigt ist. Dann dreht er sich wieder zu mir und streicht mir mit der stumpfen Seite der Klinge über die Wange. Die Klinge fühlt sich kalt an.
»Ich jage euch Jugendlichen schon seit langer Zeit hinterher«, sagt er. »Zwei von euch haben wir schon getötet. Und jetzt haben wir ein weiteres Mitglied der Garde genau vor uns, egal welche |56| Nummer du auch bist. Und wie du dir vorstellen kannst, hoffe ich, dass du die Nummer Drei bist.«
Ich versuche, vor ihm zurückzuweichen, presse meinen Rücken dicht an die Zellenwand und wünschte, ich könnte darin verschwinden.
Er grinst mich an und drückt die stumpfe Klingenseite wieder gegen meine Wange, dieses Mal allerdings wesentlich fester. »Hoppla«, sagt er spöttisch. »Das ist ja die falsche Seite.«
Mit einer einzigen geschickten Bewegung dreht er die Klinge in seiner Hand herum. »Probieren wir es doch mal hiermit.«
Mit tierisch-kaltblütigem Vergnügen setzt er die Klinge an meine Wange und presst sie hart in mein Fleisch.
Ich spüre eine vertraute Wärme, aber keinen Schmerz. Dann sehe ich zu meinem Erstaunen, dass stattdessen seine Wange zu bluten beginnt. Das Blut fließt aus einer Wunde heraus, die sich wie eine aufplatzende Narbe öffnet.
Er lässt die Klinge fallen, drückt die Hand auf seine Wange und stampft vor lauter Frust und Schmerz wie ein Irrer durch die Zelle. Dann versetzt er dem Tischchen einen Tritt, woraufhin alle Folterinstrumente scheppernd zu Boden fallen, und stürmt aus der Zelle.
Die mogadorischen Wächter, die hinter ihm standen, werfen sich undurchschaubare Blicke zu.
Bevor ich Gelegenheit habe, etwas zu Katarina zu sagen, schließt einer der Mogs meine Handschellen auf und zerrt mich zurück in meine Zelle.
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Zwei Tage vergehen. In der Dunkelheit meiner Zelle muss ich mich nun mit weitaus mehr als Langweile und Wahnsinn auseinandersetzen. Darüber hinaus muss ich versuchen, die Erinnerung an Katarina – blutverschmiert und völlig gebrochen – aus meinem Gedächtnis zu verbannen. Ich möchte mich an Katarina so erinnern, wie ich sie kenne: stark und weise.
Ich habe wieder mit den Atemübungen angefangen. Sie helfen mir ein wenig. Aber nicht viel.
Nach einiger Zeit öffnet sich erneut die Zellentür. Wieder werde ich mit kaltem Wasser übergossen und dieses Mal sogar geknebelt. Dann bekomme ich die Augen verbunden und werde zurück in dieselbe Folterzelle gebracht. Als ich erneut an die Wand gefesselt bin, wird mir die Augenbinde abgenommen.
Katarina ist genau da, wo sie sich zuletzt befunden hat. Sie sieht auch genauso schlimm aus wie beim letzten Mal. Ich kann nur hoffen, dass man ihr irgendwann ein bisschen Ruhe gönnt.
Der Mogadori ist auch da und hockt, mit einem Verband um seine aufgeschlitzte Wange, auf der Tischkante. Ich kann spüren, dass er genauso bedrohlich wirken möchte wie vor ein paar Tagen. Doch jetzt betrachtet er uns nicht ohne eine gewisse Angst.
Ich hasse ihn. Mehr als jeden anderen, der mir je begegnet ist. Wenn ich ihn mit bloßen Händen zerreißen könnte, würde ich es tun. Und wenn es nicht mit den Händen ginge, würde ich es mit meinen Zähnen tun.
Er bemerkt, dass ich ihn anstarre. Plötzlich kommt er zu mir gesprungen und reißt mir den Knebel aus dem Mund. Dann |58| nimmt er wieder die Klinge mit dem Gummigriff und dreht sie vor meinem Gesicht hin und her, sodass das Deckenlicht von ihr reflektiert wird. »Ich weiß nicht, welche Nummer du bist …«, sagt er. Unwillkürlich zucke ich zusammen und erwarte, dass er erneut versucht, mich zu verletzen. Doch er hält inne. Dann dreht er sich mit sadistisch anmutender Besonnenheit zu Katarina und zieht an ihrem Haar. Da sie noch immer geknebelt ist, kann sie nur ein gedämpftes Jammern von sich geben. »Aber du wirst es mir sofort verraten.«
»Nein!«, schreie ich. Höchst befriedigt angesichts meiner Qualen – so, als hätte er diese
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