Geheimauftrag: Liebe
sie hinaus ins Freie, kehrten gleich darauf übermütig wieder zurück, ehe sie wieder davonrasten, um einer Fährte zu folgen.
Hand in Hand schlenderten Charles und Penny über den Rasen, stiegen die Stufen empor zu dem breiten Bogen des Walls. Der Wind hatte aufgefrischt und zerrte an ihren Haaren, sodass ihr feine Strähnen ins Gesicht fielen. Sie fing sie mit den Fingern, versuchte vergebens, sie zurückzustreichen, schaute schließlich neidisch zu Charles, dessen Frisur das Wetter viel weniger anhaben konnte.
Wie ungerecht, dachte sie.
Nachdem sie ein Stück gegangen waren, verhielt Charles plötzlich den Schritt und blieb stehen. Er drehte sich zu ihr um, sah ihr in die Augen; seine Miene ernst und entschlossen.
Sie blickte ihn an, wollte gerade fragend die Brauen heben, als sein Griff um ihre Hand sich festigte.
»Heirate mich.«
Sie riss die Augen auf, der Mund blieb ihr offen stehen. »Was?«
Sein Blick wurde unnachgiebig, sein Mund schmal. Da kam er wieder zum Vorschein, der herrische Normannenlord. »Du hast doch gehört, was ich gesagt habe.«
Es gelang ihr, zu Atem zu kommen. »Darum geht es doch nicht!« Sie zog an ihrer Hand, und er ließ sie los. Sie legte sich beide Hände an den Kopf, als ließen sich dadurch ihre wirbelnden Gedanken zusammenhalten.
Er war der einzige Mensch, der sie derart aus dem Gleichgewicht bringen konnte; sie benötigte einen Moment, um sich zu sammeln, starrte ihn an. »Ich habe gerade erst heute Nachmittag begriffen, worauf das hier hinausläuft, was du im Schilde führst – dass du mich bitten würdest. Aber ich bin davon ausgegangen, du würdest warten, bis deine Ermittlungen abgeschlossen sind und dieser furchtbare Mörder gefasst ist.«
»Das dachte ich auch, so hatte ich es eigentlich vor – bis zu deinen jüngsten Geständnissen.«
Sein knapper Ton ließ seine Worte irgendwie emotionslos wirken. Sie betrachtete ihn zunehmend argwöhnisch. »Was haben meine Geständnisse damit zu tun?«
Dunkelblaue Augen richteten sich auf sie, schauten sie eindringlich an. Er fand das hier ganz und gar nicht lustig. »Du kannst mir nicht allen Ernstes erzählen, dass du seit Jahren davon träumst, meine Lady zu sein – und zudem auf so unmissverständlich eindeutige Weise –, und dann überrascht tun, wenn ich dir den Vorschlag mache, mich zu heiraten.«
Es war nicht gerade ein romantischer Antrag. In dieser Stimmung, in der es nur noch um das Erreichen seines Zieles ging, konnte er von brutaler Offenheit sein. Kaum verhüllte Angriffslust sprach aus ihm, und sie fühlte sich wie seine Beute. »Ich hatte nicht genug Zeit, um nachzudenken.«
»Das brauchst du auch nicht, du musst nur antworten.« Er trat einen Schritt auf sie zu.
Sie hielt eine Hand hoch, drückte die andere auf seine Brust. »Warte, warte einfach nur!« Er blieb stehen; sie holte tief Luft und wich ein Stück zurück, musste einfach Abstand zwischen ihn und sich bringen, damit ihr Verstand arbeiten konnte. Sie
wandte den Blick von seinem Gesicht. »Ich muss erst nachdenken, wirklich.«
Seine Erwiderung darauf, halblaut ausgestoßen, war nicht gerade höflich. Sie ignorierte sie, bemühte sich, ihn nicht weiter zu beachten – genauso wenig wie seine Wirkung auf sie. Seine Konzentration und seine Anspannung waren fast mit Händen greifbar.
Er brauchte sie tatsächlich, ernstlich und ehrlich, das stellte sie nicht infrage. Deshalb war er bereit gewesen, in die Rolle des Bittstellers zu schlüpfen, des galanten, großzügigen Verführers. Sich aufs Bitten zu verlegen, anstatt zu verlangen oder – was noch schlimmer gewesen wäre – zu befehlen. Weil er wollte, dass sie sich ihm aus freien Stücken schenkte … Aber war das schon ein eindeutiges Zeichen für Liebe?
Sie schaute ihn an, konnte nichts erkennen hinter seiner vor Ungeduld harten Miene – nur seine dunklen Augen schienen zu verraten, wie es in ihm aussah. Und diese Gefühle, die sie da las, waren so heftig, dass es ihr den Atem raubte und sie rasch den Blick abwenden musste. Was auch immer ihn antrieb, was hinter seinem Verhalten stehen mochte, es war stark, elementar und unendlich mächtig.
War es Liebe? Wenn er sie liebte, wusste er es? Und falls sie ihn fragte, würde er es zugeben?
Nichts als offene Fragen und er wollte eine Antwort. Sofort. Was sollte sie sagen? Nein?
Sobald sich das Wort nur in ihrem Kopf formte, erhob sich in ihr Protest. Nach all diesen Jahren, nach all den schon begrabenen Träumen von einer Zukunft mit ihm,
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