Geheimbund der Vampire
gehangen hatten, klebten dicke Spinnenweben, die ihre Muster in großer Vielfalt zeichneten. So etwas störte die Vampirin nicht. Für sie war wichtig ungestört agieren zu können.
Rasch ging sie in den Keller. Die breite Treppe kannte sie inzwischen. Sie hätte den Weg auch im Dunkeln gefunden, dazu brauchte sie nicht das Licht der Fackeln.
Nur ihre Schritte waren zu hören, als sie in die Tiefe stieg. Das Kellergewölbe saugte sie förmlich auf. Manchmal huschte der Widerschein einer Flamme über ihr Gesicht, malte Schatten auf die Haut und verzerrte die Züge zu einer Grimasse.
Immer tiefer ging sie und erreichte die große Tür zu den Kellergewölben. Dort befand sich das Zentrum des Grauens, für sie das Herz der Burg und als sich die Tür knarrend öffnete, verzog sich auch der Mund der Blutsaugerin zu einem Lächeln.
Bald war es soweit.
Sie hatte die Fackeln in dem Gewölbe austauschen müssen, weil sie zum Großteil heruntergebrannt waren. Jetzt leuchteten die Flammen höher, berührten auch die Decke und zauberten dort fratzenhafte Gestalten und Gebilde.
Vier Särge!
Ein Mensch hätte sich gefürchtet. Allein das Vorhandensein der Särge reichte dafür schon aus. Hier kam noch die schaurige Umgebung hinzu, und irgendwie paßten die schwarzen Totenkisten auch in das Verlies. Sie standen nebeneinander, die Deckel waren geschlossen. Allein Lady X wußte, daß es nicht lange mehr so bleiben würde, dafür wollte sie schon sorgen.
Kaum hatte sie die ersten Schritte in das Verlies getan, als sich der Deckel des rechten Sargs bewegte. Er schabte über den Rand der unteren Hälfte. Deutlich war das Geräusch zu vernehmen, und Lady X drehte langsam den Kopf nach rechts.
Was würde geschehen?
Sie wußte es, war dennoch gespannt, und ihre teuflische Blutrechnung ging voll auf.
Der erste Vampir verließ seinen Sarg.
Wahrscheinlich hatte ihn das Mondlicht gelockt. Trotz der dicken Mauern mußte er den Tageswechsel bemerkt haben, und wenn die Nacht hereinbrach, hielt es keinen Blutsauger mehr in seinem Grab oder Sarg. Dann mußte er raus, um auf die Jagd nach dem kostbaren Lebenssaft zu gehen. Erst wenn der Hahn schrie und der Tag die Schatten der Nacht verdrängte, zog es ihn wieder zurück in seine »Schlafstätte.«
Der Deckel kippte und fiel mit einem dumpfen Geräusch auf den zerissenen Steinboden des Verlieses.
Lady X hatte eine freie Sicht in den Sarg.
Es war der glatzköpfige Blasek der dort auf dem Rücken lag. Noch war sein Mund geschlossen. Der kahle Kopf und sein Gescht wirkten wie eine bleiche Kugel. Die Augen bewegten sich in den Höhlen. Sie schienen sich wie zwei Räder zu drehen und ihren Blick auf Lady X einzupendeln. Die Hände lagen auf dem Leib. Jetzt öffneten und schlossen sie sich. Mal bildeten sich Fäuste, dann lagen sie wieder flach. Ein Zeichen dafür, daß der Vampir von einer gewissen Unruhe gepackt worden war.
»Komm hoch, Blasek!« flüsterte Lady X. »Los, steig aus deiner Totenkiste! Die Zeit ist reif.«
Spaltbreit öffnete der Vampir den Mund. Ein unheimliches Stöhnen drang daraus hervor, dann hob er beide Arme an und stützte seine Hände links und rechts auf die Ränder des Sargs.
So drückte er sich hoch. Steif war sein Oberkörper, sein Gesicht glich dem am Himmel stehenden Mond, und als er den Mund weit öffnete, waren seine beiden spitzen, an den Enden etwas nach innen gebogenen Vampirzähne zu sehen.
Der Biß hatte bei ihm voll durchgeschlagen.
Blasek verließ seinen Sarg. Er stand noch ein wenig unsicher auf den Beinen, glich einem Menschen, den man unsanft aus dem Schlaf gerissen und dann einfach auf die Füße gestellt hatte. Er lief im Kreis, schaute sich um und blieb stehen, als sein Blick die Blutsaugerin voll erfaßte.
Lady X nickte zufrieden. »Du weißt jetzt, daß du nach der Vampirtaufe nur zu mir gehörst?«
»Ja.«
»Und du weißt, daß es nur eine gibt, der du gehorchen mußt.«
»Das bist du.«
»Genau richtig mein Freund.« Die Scott lächelte kalt. »Und welch einen Wunsch hast du jetzt?«
»Blut!« keuchte Blasek, »ich will Blut. Ich brauche es, das merke ich. Gib mir Blut!«
Die ehemalige Terroristin schüttelte den Kopf »Nein«, sagte sie. »Ich kann es dir nicht geben, mein Freund. Du mußt und wirst es dir selbst holen müssen.«
»Wo?« schnappte der Blutsauger.
»Nicht weit von hier gibt es Dörfer. Dort wohnen Menschen, und bei ihnen fangen wir an. Merke dir den Namen Petrila. Dort werden wir zuerst einfallen, denn da gibt
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