Geheime Depeschen
geschmeckt?“, fragte die Bedienung besorgt.
„Es ist alles in Ordnung, wir müssen nur schon weg“, gaben die Lauscher vor und gingen an die Theke bezahlen. William schaute ihnen hinterher, als sie das Restaurant verließen, und bemerkte durch das Fenster, wie langsam ein schwarzer Lexus draußen vorbeifuhr. Die beiden Männer im Wageninnern starrten ihn mehr an, als sie eigentlich beabsichtigt hatten.
„Können wir uns über etwas anderes unterhalten und das Gespräch nachher draußen oder woanders fortsetzen?“, bat William.
„Ganz wie du meinst!“ Christian war es gleichgültig, ob irgendjemand ihr Gespräch mithörte. Er hatte täglich mit solchen Dingen zu tun.
„Guten Appetit, übrigens“, fügte er grinsend hinzu. William bedankte sich nicht, das fand er zu affig.
Langley, Washington D.C., 06.12.2010
In Langley, Washington D.C, herrschte seit der Veröffentlichung der geheimen Depeschen durch William Lagranges Web-Portal helle Aufregung. Aufgrund der teilweise äußerst diffamierenden Äußerungen von US-Diplomaten über Spitzenpolitker in der ganzen Welt galt es, den Schaden zu begrenzen. Für die USA war Lagrange ein Verräter. Die Dokumente waren nie für die Öffentlichkeit bestimmt, und jetzt warf man den Amerikanern Zynismus vor. Diplomatisch betrachtet, war das Vertrauen der Weltöffentlichkeit in die einzige verbliebene Supermacht im Eimer. Doch juristisch konnte man Lagrange nicht belangen. Der NCS, der National Clandestine Service , arbeitete mit Hochdruck an einem Plan, wie man den Mann stoppen konnte.
Assistent Director Miller und Section Chief O`Mally rotierten. Sie beriefen ihre wichtigsten Division Chiefs zur Lagebesprechung ein.
„Wissen Sie, das uns dieser Schmierfink außer unseren Nerven auch jede Menge Geld und den Verlust wirtschaftlich wichtiger Beziehungen kostet?“
Miller blickte fragend in die Runde, ohne eine Antwort zu erwarten. Alle Anwesenden wussten nur zu gut, würden Sie ihrem Assistent Director in seinem Einführungs-Statement unterbrechen, könnte es ihren Job kosten.
„Ich sage es Ihnen!“ Wieder machte er eine theatralische Pause. „Unser Ansehen, unsere Würde und unser hart erarbeiteter Status quo sind in Gefahr.“ An dieser Stelle hatten alle zu Nicken. Miller wartete förmlich darauf und nickte symbolisch mit. „Genau, meine Herren. Was dieser Lagrange vielleicht als dummen Bubenstreich bezeichnet, hat für unser Land so weitreichende Konsequenzen, dass wir etwas unternehmen müssen.“
Erneut wartete Miller auf ein allseitiges Nicken als Bestätigung. „Solche internen Dokumente gehen niemanden außer uns etwas an. Das wäre genauso, als würden Sie oder ich in der Unterwäsche ihrer Nachbarin wühlen. Was würden Sie als deren Ehemann davon halten? Oder besser, was würden Sie dagegen unternehmen?“ Miller kam in Fahrt, seine Gesichtsfarbe wechselte in ein leuchtendes Rot „Sie würden ihm in den Arsch treten, oder?“
Die Division Chiefs verfielen in ein allseitig empörtes Gemurmel.
„Ruhe!“, brüllte Miller und baute sich vor seinen Leuten auf. „Wir haben allerdings auch in seiner Unterwäsche gewühlt und sind fündig geworden. In Schweden soll er zwei junge Frauen vergewaltigt haben. Ich sage nur: Auge um Auge, Zahn um Zahn.“ Miller hob die Faust und schlug auf den Tisch.
Ein Special Agent in Charge, der seinen Division Chief vertrat meldete sich zu Wort. „Aus den Unterlagen geht allerdings hervor, dass dieser Vorwurf bereits verhandelt wurde und man ihn freigesprochen hat.“
„Papperlapapp“, wischte Miller diesen Einwand vom Tisch. „Es geht doch nicht darum, ob er die Prozessprüfung dieser schwedischen Oberstaatsanwältin übersteht, da wird der Freispruch sicher bestätigt werden. Doch wie bei all solchen Prozessen wird die Welt ihn mit anderen Augen sehen. Eine Vergewaltigung ist schwer zu beweisen, das weiß jeder. Und gerade deshalb wird ein Großteil der Menschen draußen denken, dass er es vielleicht doch getan hat, man es ihm nur nicht beweisen konnte. Das wird sein Robin-Hood-Image deutlich beeinträchtigen.“
Der Special Agent verstand, hakte aber dennoch nach: „Wäre es nicht geschickt, wenn wir darüberhinaus die Webseiten seiner Gegner hacken und das als eine Tat seiner eigenen Leute verkaufen würden?“
Alle schauten sich fragend an. Miller begann zu Grübeln. Mit dem Zeigefinger zwischen Nase und Mund, sah es wenigstens so aus.
„Mmh, das wäre eine gar nicht so dumme Idee!“, bemerkte der
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