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Geheime Macht

Geheime Macht

Titel: Geheime Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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beugte mich mit einem süßen Lächeln zu ihm vor. »Ich brauche keine Handschellen, um einen Mann an mein Bett zu fesseln. Ich glaube, das wissen wir beide. Wenn ich deine Verlobte wirklich aus dem Rennen werfen wollte, würde ich es einfach tun. Aber sie hat Glück, dass ich nicht so gierig bin.«
    Ich klemmte mir den Glasschneider zwischen die Zähne, sprang hoch und glitt durch das Fenster. Dort hielt ich mich mit den Fingerspitzen an den Ziegelsteinen fest, bevor er meinen Bluff durchschaute. Ich hörte, wie Raphael die Badezimmertür aufschloss. Kurze Zeit später zog er sich mit müheloser Anmut durch das Fenster.
    Wir kletterten wie zwei Eidechsen schnell die Wand hinauf. Raphael erreichte das Fenster im ersten Stock und riss mit einer fast beiläufigen Handbewegung das Gitter herunter. Ich schnitt einen Halbkreis in die Fensterscheibe, zog das Stück heraus und steckte die Hand durch die Öffnung, um den Riegel zu öffnen. Dann schob ich das Fenster hoch und tauchte mit den Beinen voran ins Zimmer. Raphael folgte und setzte das Gitter wieder ein.
    Ich blickte mich in dem düsteren Raum um. Rechts von uns schälten sich die Umrisse eines großen Himmelbetts aus dem Zwielicht.
    Raphael streifte meinen Rücken. Mein Körper nahm Habachtstellung an. Sex? Ja, bitte! Doch mein Bewusstsein sagte: Eher gefriert die Hölle.
    »Du berührst mich«, tadelte ich ihn.
    Seine Hände glitten über meinen Rücken und aktivierten empfindsame Nervenenden, von denen ich gar nicht wusste, dass ich sie hatte. »Nein, du lässt dich berühren. Es war nur ein zufälliger Körperkontakt.«
    »Aha? Gut zu wissen. Wenn du mich noch einmal berührst und ich dir den Arm breche, kannst du dir sicher sein, dass es rein zufällig passiert ist.«
    Er trat näher an mich heran, und sein Oberschenkel streifte meinen Hintern. Ich verpasste ihm einen Ellbogenstoß in die Rippen. Es war alles andere als ein sanfter Stupser.
    Er lachte.
    »Ich weiß, dass es schwierig ist, weil ich einen hübschen Hintern und ein paar andere Sachen habe, aber versuch bitte, dich auf unseren illegalen Einbruch zu konzentrieren.«
    »Im Gegensatz zu einem legalen Einbruch?«
    Argh!
    Ich schlich mich zur Tür und drückte sie auf. Im Korridor war niemand. Ahhh. Endlich besserte sich die Lage. Ich verließ das Schlafzimmer und lief zum Ende des Korridors, wo eine massive Holztür aufragte. Angeblich befand sich dahinter das Büro. Raphael folgte mir.
    Ich legte die Hand an den Türknauf. Unverschlossen.
    »Das ist zu einfach«, murmelte Raphael.
    Wenn man uns erwischte, würde es das Rudel teuer zu stehen kommen.
    »Jetzt gibt es kein Zurück mehr.« Ich trat ins Büro.
    Der Duft von Myrrhe würzte die Luft. Ich blickte auf braune Regale, die mit verschiedensten Büchern und Gegenständen beladen waren. Ein in Zinn gegossener Zweimaster mit erstaunlich feinen Details. Eine antike Vase, die Statue eines knienden muskelbepackten Mannes. Neben den Regalen stand auf einem Läufer ein schwerer rechteckiger Schreibtisch, die Ränder mit Gold verziert. Drei Stühle warteten, dass jemand sich daraufsetzte, einer hinter dem Schreibtisch und zwei in den Ecken des Zimmers. Golden schimmernde Vorhänge rahmten die zwei Fenster ein. Dekorationen aus verbogenem Metall hingen an den schwarzen Wänden. Am auffälligsten waren die Waagschalen unter einer Scheibe, die den Mond darstellen sollte, an der Wand genau gegenüber dem Schreibtisch. Die stilisierten Augen des Mondes waren zu schmalen Schlitzen geschlossen, der Mund lächelte.
    Raphael schob sich an mir vorbei und überprüfte die Fenster. Ich schloss die Tür ab und trat hinter den Schreibtisch. Aus dieser Perspektive sah ich das Zimmer in neuem Licht. Jedes Objekt war so angeordnet worden, dass es präzise auf die Person am Schreibtisch ausgerichtet war. Der Schreibtisch war das Zentrum dieses kleinen Kosmos, und als ich dort Platz nahm, wurde ich zum Brennpunkt des Büros, als hätte ich mich genau an eine Stelle gesetzt, wo sich unsichtbare Macht ballte. Wenn es unbelebten Objekten möglich gewesen wäre, hätten sich die Kunstgegenstände in Anapas Büro vor mir verneigt, weil ich nun die Position des von ihnen verehrten Gottes eingenommen hatte.
    Meine Nackenhärchen sträubten sich. Die Intelligenz, die hier am Werk gewesen war, konnte unmöglich menschlich sein. Menschen dachten und empfanden anders.
    Raphael löste sich vom Fenster und kam herüber. »Was ist?«
    Ich winkte ihn näher heran. Er trat neben mich. Ich

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