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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Morton
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nicht mehr mitzählen. Emmeline nahm an aufwendigen Schnitzeljagden teil, in deren Verlauf die ausgefallensten Trophäen erbeutet werden mussten, von Bettlerbechern bis hin zu Polizeihelmen. Sie trank zu viel und rauchte zu viel und betrachtete es als persönlichen Misserfolg, wenn sie am Morgen nach einer durchtanzten Nacht kein Foto von sich in den Klatschspalten der Zeitungen entdeckte.
    Eines Nachmittags traf Hannah Emmeline im Wintergarten mit einigen Freunden an. Sie hatten die Möbel zur Seite gerückt, und der teure Wollteppich lag notdürftig zusammengerollt vor dem offenen Kamin. Eine junge Frau in einem offenherzigen, lindgrünen Chiffonkleid, die Hannah vorher noch nie gesehen hatte, hockte träge rauchend auf der Teppichrolle, ließ ihre Asche einfach auf den Boden fallen und sah zu, wie Emmeline einem milchgesichtigen jungen Mann mit zwei linken Füßen den Foxtrott beibrachte.
    »Nein, nein«, rief Emmeline lachend. »Es sind vier Schritte, Harry, Darling. Nicht drei. Komm, nimm meine Hände, ich zeig’s dir.« Sie legte eine neue Platte auf. »Fertig?«
    Hannah ging vorsichtig an der Wand entlang. Die Selbstverständlichkeit, mit der Emmeline und ihre Freunde das Zimmer (das schließlich ihr Zimmer war) in Beschlag genommen hatten, irritierte sie so sehr, dass sie völlig vergaß, weswegen sie eigentlich hergekommen war. Während sie so tat, als suche sie etwas in ihrem Sekretär,
ließ Harry sich aufs Sofa fallen und sagte: »Es reicht. Du bringst mich noch um, Emmeline.«
    Emmeline ließ sich neben ihn plumpsen und legte ihm einen Arm um die Schultern. »Wie du willst, Harry, Darling, aber du kannst nicht erwarten, dass ich auf Clarissas Party mit dir tanze, wenn du die Schritte nicht beherrschst. Der Foxtrott ist der letzte Schrei, und ich habe vor, die ganze Nacht zu tanzen!«
    Ja, die ganze Nacht, dachte Hannah. Immer häufiger kehrte Emmeline von ihren Partys erst in den frühen Morgenstunden zurück. Nicht damit zufrieden, bis Mitternacht im Claridge’s zu tanzen und eine Mischung aus Brandy und Cointreau zu trinken, die sie Sidecars nannten, hatten sie und ihre Freunde sich angewöhnt, die Party anschließend bei jemandem zu Hause fortzusetzen. In den meisten Fällen bei jemandem, den sie nicht einmal kannten. » Gate-crashing « nannten sie das: In Abendgarderobe fuhren sie kreuz und quer durch Mayfair, bis sie eine Party fanden, zu der sie sich einladen konnten. Sogar die Bediensteten fingen schon an, darüber zu reden. Erst neulich war das neue Dienstmädchen um halb sechs in der Früh gerade beim Fegen der Eingangshalle gewesen, als Emmeline hereingerauscht kam. Emmeline konnte von Glück reden, dass Teddy nichts davon ahnte und dass Hannah dafür sorgte, dass das auch so blieb.
    »Jane sagt, Clarissa meint es diesmal ernst«, sagte die junge Frau in dem grünen Chiffonkleid.
    »Glaubst du, sie wird es wirklich tun?«, fragte Harry.
    »Das werden wir ja heute Abend sehen«, sagte Emmeline. »Clarissa redet immerhin schon seit Monaten davon, dass sie sich die Haare abschneiden lassen will.« Sie lachte. »Wenn sie es tut, werden wir was zu lachen haben: Mit ihrem kantigen Schädel sieht sie mit einem Bubikopf bestimmt aus wie ein deutscher Feldwebel.«

    »Nimmst du Gin mit?«, wollte Harry wissen.
    Emmeline zuckte die Achseln. »Oder Wein. Das spielt keine Rolle. Clarissa sagt, sie stellt einfach alles hin, und die Leute können sich selbst bedienen.«
    Eine Bottle-Party , dachte Hannah. Davon hatte sie schon gehört. Teddy las ihr gern am Frühstückstisch die Berichte vor. Dann senkte er die Zeitung, um sich ihrer Aufmerksamkeit zu versichern, schüttelte seufzend den Kopf und sagte: »Hör dir das an. Schon wieder eine von diesen Partys. Diesmal in Mayfair.« Und dann las er ihr den Artikel vor, Wort für Wort, wobei es ihm ein besonderes Vergnügen bereitete, so schien es Hannah, die uneingeladenen Gäste zu beschreiben, die unschicklichen Dekorationen, die Polizeirazzien. Warum konnten diese jungen Leute sich nicht so benehmen wie früher, als sie beide jung gewesen waren, fragte er sie. Warum konnten sie nicht anständige Bälle veranstalten, mit einem gepflegten Dinner, mit Dienstboten, die Wein einschenkten, mit Tanzkarten?
    Hannah war so entsetzt über Teddys Bemerkung, mit der er andeutete, dass sie selbst nicht mehr jung war, dass sie, obwohl sie Emmelines Eskapaden empfand wie einen Tanz auf den Gräbern, nicht viel dazu sagte.
    Und vor allem sorgte sie dafür, dass Teddy

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