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Geheime Tochter

Geheime Tochter

Titel: Geheime Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shilpi Somaya Gowda
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Rupa, von all meinen Verwandten und Freunden, meinem Zuhause, meinem Dorf.«
    » Beti , wir werden immer für dich da sein. Aber dein Leben ist an seiner Seite. Du musst ihm vertrauen. Dein Mann und dein Sohn brauchen dich. Wenn die Mutter fällt, fällt die ganze Familie «, zitiert ihre Mutter aus einem alten Gedicht. »Du musst für deine Lieben tapfer sein.«
    Kavita muss daran denken, wie sie sich zum ersten Mal von ihrer Mutter verabschiedet hat – sie stand allein vor dem Tempel, nachdem sie verheiratet worden war, ihr Körper mit mehreren Lagen Seide, mit Blumengirlanden und Schmuck behängt, dicke Brautschminke auf dem Gesicht, die sie wie eine Frau aussehen ließ, obwohl sie doch noch ein Mädchen war. Sie weinte an diesem Tag, als ihr neuer Mann sie mit zu sich nach Hause nahm, weil sie dachte, sie hätte sich für immer verabschiedet. Aber sie kehrte jedes Mal zu ihren Eltern nach Hause zurück, wenn sie guter Hoffnung war, und dann erneut nach Vijays Geburt, um durch die Fürsorge ihrer Mutter zu lernen, selbst eine gute Mutter zu sein.
    Jetzt hebt ihre Mutter Kavitas Kopf von ihrem Schoß und hält ihr Gesicht, das heiß vor Tränen ist, zwischen ihren kühlen Händen. »Ich bin froh, dass du es bist, die fortgeht«, flüstert ihre Mutter.

    Kavita blickt sie betroffen an.
    »Um dich muss ich mir keine Sorgen machen, Kavita. Du hast Kraft. Innere Stärke. Shakti . Bombay wird dir viel abverlangen. Aber, beti , du hast die Kraft, es durchzustehen.«
    Und durch die Worte und die Hände ihrer Mutter spürt Kavita es – shakti , die heilige weibliche Urkraft, die von der Göttlichen Mutter in diejenigen fließt, die ihr nachfolgen.
    An einem kühlen Septemberabend kommen Kavita und Jasu mit ihren Familien und Freunden zusammen, um sich von allen zu verabschieden. Die ersten funkelnden Sterne zeigen sich an einem bereits tiefblauen Himmel, wie ein Diamantohrring, der unter einer dunklen Haarsträhne hervorlugt. Kavita trägt zu diesem Anlass einen ihrer besten Saris aus leuchtend blauem Chiffon mit winzigen Pailletten, die mit silbernen Fäden auf die Borte genäht worden sind. Als der Himmel dunkler wird, bringen Kavitas Cousinen, mit denen sie wie Schwestern aufgewachsen ist, schwere Töpfe voll Essen. Sie verteilen es portionsweise auf etliche große Bananenblätter, die in einem weiten Kreis auf dem Boden ausgelegt sind. Jeder Anwesende – ob Familienangehöriger, Freund oder Nachbar – nimmt jeweils vor einem Blatt Platz. Wie immer versammeln sich die Männer auf der einen Seite um Jasu, und die Frauen scharen sich auf der anderen Seite um Kavita.
    Auf der Seite der Männer ertönt Jasus dröhnendes Lachen. Kavita blickt auf und sieht, wie Jasu den Kopf in den Nacken wirft und einer seiner Brüder ihm auf den Rücken klatscht. Ein verhaltenes Lächeln breitet sich auf ihrem Gesicht aus. In den letzten Wochen, seit sie ihrenUmzug vorbereiten, ist er so voller Lebenslust, dass er auch sie damit angesteckt hat. Die Unterstützung ihrer Eltern und deren Bestärkung, dass sie an die Seite ihres Mannes gehört, haben ihr geholfen, die Dinge anders zu sehen. Sie hat begonnen, sich ein neues Leben vorzustellen, ein behaglicheres Leben mit weniger Arbeit und ein Zuhause ohne ihre erdrückenden Schwiegereltern.
    »Als was will Jasu bhai arbeiten, Kavita?«, fragt eine der Frauen.
    »Zuerst wird er als Bote oder dabbawallah , Essenszusteller, arbeiten«, sagt Kavita. »Da werden Leute gesucht und bezahlt wird jeden Tag in bar. Und wenn wir uns dann eingefunden haben, sucht er sich eine leichtere Arbeit in einem Geschäft oder Büro.«
    Rupa nickt zustimmend. »Und ihr kennt schon so viele Leute in Bombay. Noch gestern Abend hat Jasu bhai davon erzählt. Ich finde es so aufregend, bena «, sagt Rupa und drückt Kavita den Arm.
    Kavita verdrängt den Schmerz, der in ihrem Herzen aufsteigt, wenn sie daran denkt, ihrer Schwester so fern zu sein. » Hahnji . Jasu sagt, wir werden eine ganze Wohnung nur für uns allein haben, mit Innenklo und großer Küche. Und Vijay bekommt ein eigenes Zimmer zum Lernen und Schlafen.« Sie blickt zu Vijay und seinen Cousins hinüber, die Fangen spielen und versuchen, sich gegenseitig am Hemd festzuhalten. Jedes Mal, wenn einer von ihnen aus Versehen hinfällt, wirbelt er eine kleine Staubwolke auf, und alle anderen prusten vor Lachen. »Um ihn mache ich mir am meisten Sorgen. Er wird seine Cousins vermissen«, sagt Kavita. »So Gott will, werden wir in Bombay reich werden und

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