Geheimnis der Leidenschaft
neuem Leben erwecken zu können, bis zu diesem Zeitpunkt, in dem sie endlich die Tatsache akzeptierte, dass ihr Brunnen tot war.
Ihre Verzweiflung machte sie benommen.
»Hope ...«
»Es ist schon in Ordnung«, unterbrach sie ihn mit rauer Stimme. Sie wusste, dass Rio sie mit seiner offenen Einschätzung nicht hatte verletzen wollen. »Ich verstehe.«
Er fragte sich, ob sie wirklich verstand. Dann verfluchte er sich selbst für sein Urteil über ihren Brunnen. Doch so lange sie an ihrem unrealistischen Traum festhielt, würde es ihm nicht möglich sein, ihr einen Traum zu geben, der wenigstens einen Kampf wert war, um verwirklicht werden zu können.
Und genau darum hatte sie ihn gebeten. Um einen Kampf, der sich lohnte.
»Ich hatte gehofft, wenn ich noch ein wenig tiefer bohren würde, durch den Fels, dann würde ich auf artesisches Wasser stoßen«, meinte sie leise. Dann aber drängte sich der ersterbende Schrei ihres Traumes in ihre Verteidigung. »Sind Sie wirklich sicher? Wie können Sie so sicher sein?«
»Ja, ich bin sicher.«
Schweigend betrachtete Rio sie mit Augen, die so tief und klar waren wie das Wasser, das sie zu finden gehofft hatte. Er war sicher. Aber er konnte Hope diese Sicherheit nicht erklären. Es war eine Kombination von Instinkt und Ausbildung und von langer Erfahrung in trockenen Gebieten.
»Nun«, meinte sie, und ihre Stimme war wieder fest, obwohl eine unnatürliche Rauheit darin lag. »Danke, dass Sie ehrlich zu mir sind. Sie hätten auch mein Konto leeren und dann wieder verschwinden können.«
»Ist es das, was Sie über mich gehört haben?« Rios Stimme klang abweisend und hart.
Sie schüttelte den Kopf, und dabei schimmerte ihr Haar dunkel in dem schwächer werdenden Licht. »Nein. Und selbst wenn ich es gehört hätte«, fügte sie noch hinzu und sah ihm in die Augen, »dann hätte ich es nicht geglaubt, nachdem ich Sie kennengelernt habe. Sie sind weder ein Lügner noch ein Dieb.«
Einen Augenblick lang sahen sie einander an, und schweigend akzeptierten sie das, was ihnen gesagt wurde. Sie vertraute ihm, dass er sie nicht anlügen würde. Er vertraute ihr, dass sie ihm auch ohne einen anderen Beweis als sein Wort glauben würde.
»Wenn es auf Ihrem Land Wasser gibt, werde ich es für Sie finden«, sagte Rio. Seine Stimme war sanft und sicher wie zuvor, als er Hope erklärt hatte, dass ihr Brunnen trocken sei.
Sie lächelte traurig. »Wenn das Wasser, das Sie finden, nicht in der Nähe der Oberfläche ist, kann ich es mir nicht leisten, danach zu bohren.«
»Zuerst wollen wir das Wasser einmal finden. Dann werden wir uns Gedanken darüber machen, wie wir den Brunnen bohren können. Ich werde in der Nacht und an den Wochenenden arbeiten, bis ich mit Turners Pferden fertig bin. Danach arbeite ich ganz für Sie.«
»Ich kann es mir nicht leisten, zu ...«
»Meine Bezahlung wird Unterkunft und Verpflegung für mich und mein Pferd sein«, unterbrach er sie, weil er wusste, was sie sagen würde.
»Das ist nicht genug.«
»Haben Sie noch altes Bohrgerät in Ihrem Schuppen?«
»Noch alles, seit dem ersten Brunnen. Warum?«
»Wir werden davon benutzen, was wir können. Ich habe selbst auch noch einige Maschinen, die ich hierher schicken lassen werde. Wir beide werden damit eine Bohrung zustande bringen, die nicht viel kosten wird. Ihre größten Ausgaben werden das Rohr sein, und das Benzin.«
»Und Ihre Kosten«, erklärte sie mit fester Stimme. »Es ist nicht fair, wenn Sie nur für Unterkunft und Verpflegung arbeiten.«
Sein Lächeln blitzte nur kurz in der Dunkelheit auf. Seine Augen waren jetzt noch dunkler, so geheimnisvoll und strahlend wie das Zwielicht, das sich über dem Land ausbreitete. »Es ist nicht fair, dass Sie die Arbeit von drei Männern erledigen, nur um Ihre Ranch zu behalten.«
Sie zuckte die Schultern. Daran konnte sie nichts ändern, also gab es für sie auch keinen Grund, sich darüber zu beklagen.
»Sie werden arbeiten, bis der erste Regen fällt - oder bis Sie fallen«, meinte er ein wenig spöttisch. »Richtig?«
Bei seiner Wortwahl musste sie beinahe lächeln, trotz ihrer Trauer darüber, einen alten Traum verloren zu haben.
»Ich bin nicht anders als alle anderen auch«, wehrte sie ab. »Ich tue, was ich kann, so lange ich es kann, und ich hoffe bei Gott, dass es genügt.«
Rio dachte an die Männer und Frauen, die er kennen gelernt hatte und die so wenig arbeiteten wie nur möglich und die sich die ganze Zeit über darüber beklagt
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