Geheimnis der Liebe: Roman (German Edition)
gelang es ihr schließlich, es aufzuspießen. Als sie die Gabel hob, stieg ihr das köstliche Aroma frischer Erdbeeren in die Nase. Das Wasser begann ihr im Mund zusammenzulaufen. Die mühsam erlegte Frucht war nur noch einen Zentimeter von ihren Lippen entfernt, als sie ihr von der Gabel fiel und mit einem leisen Plumps auf dem Tisch landete.
»Verflixt!«, schimpfte sie, wartete auf Gabriels spöttisches Gelächter.
Aber er fasste einfach um sie herum und nahm ihr sanft die Gabel ab. »Sehen Sie, Miss Wickersham, wenn man nicht sehen kann, muss man sich auf andere Sinne verlegen. Wie riechen …« Der frische Duft der Erdbeere überflutete ihre Nase, und Samantha hätte geschworen, dass sie Gabriels Nase an ihrem Hals spürte in einer flüsterzarten Liebkosung. »Tasten …« Seine warmen Finger legten sich besitzergreifend um ihren Nacken, als er die Erdbeere über ihre prickelnden Lippen rieb, sie lockte, sie zu öffnen. Seine Stimme senkte sich. »Schmecken …«
Von einer seltsamen Trägheit übermannt, konnte sie nicht anders, als sich ihm zu öffnen. Nicht seit sich die Schlange im Garten Eden Eva genähert hatte, war eine Frau von einer verbotenen Frucht derart in Versuchung geführt worden. Ihre unausgesprochene Einladung annehmend, schob Gabriel die reife Erdbeere über ihre Lippen, und die Süße des Fruchtfleisches explodierte auf ihrer Zunge. Ein leises Stöhnen der Befriedigung entschlüpfte ihr.
»Mehr?«, fragte er, und seine heisere Stimme war so verlockend wie die des Teufels.
Samantha wollte mehr. Viel mehr. Aber sie schüttelte den Kopf und stieß seine Hand zur Seite – aus Angst, er könnte einen Hunger in ihr wecken, der niemals gestillt zu werden vermochte. »Ich bin kein Kind«, erklärte sie, ihn absichtlich nachahmend. »Und ich werde mich nicht wie eines füttern lassen.«
»Gut. Wie Sie wünschen.« Sie hörte ihn erneut Schüsseln verrücken, hörte, wie er sich die Lippen leckte, nachdem er daraus gekostet hatte. »Hier«, sagte er schließlich und drückte ihr die Gabel wieder in die Hand. »Versuchen Sie das hier.«
Obwohl sie durch die seidenweiche Note in seiner Stimme hätte gewarnt sein sollen, stach sie mit der Gabel in die Schale, entschlossen zu zeigen, dass sie beim ersten Versuch treffen konnte, was auch immer darin war. Sie keuchte auf, als ihre Hand bis zum Handgelenk in einer kalten gallertartigen Masse versank.
»Étiennes Desserts sind legendär«, murmelte Gabriel ihr ins Ohr. »Es heißt, er brächte Stunden damit zu, die Creme zu schlagen, bis sie genau die richtige Beschaffenheit hat.«
»Sie hinterhältiger Schuft!« Samantha zog ihre Hand aus der klebrigen Nachspeise. »Das haben Sie absichtlich getan!«
Sie tastete nach ihrer Serviette, als sich Gabriels Finger um ihr Handgelenk schlossen. »Gestatten Sie«, sagte er und hob ihre Hand an seinen Mund.
Samantha war nicht im Mindesten auf den Schock gefasst, als sie spürte, wie ihr Zeigefinger zwischen Gabriels Lippen glitt. Die feuchte Hitze seines Mundes war ein starker Gegensatz zu der Kälte des Desserts. Er leckte und saugte die sahnige Creme von ihren Fingern mit einer sinnlichen Hingabe, die ihren Widerstand dahinschmelzen ließ. Es war nur zu leicht, sich vorzustellen, wie sich dieselbe geschickte Zunge an anderen, noch empfindsameren Stellen ihres Körpers zu schaffen machte.
Samantha entriss ihm ihre Hand; ihre Wangen unter der Augenbinde brannten. »Als Sie mich einluden, mit Ihnen zu speisen, Mylord, war mir nicht bewusst, dass ich das Hauptgericht sein sollte.«
»Ganz im Gegenteil, Miss Wickersham. Sie geben ein viel köstlicheres Dessert ab.«
»Wegen meines süßen Wesens?«, konnte sie sich nicht verkneifen, in ihrem strafendsten Ton zu fragen.
Er lachte laut auf. Dieses seltene Ereignis musste sie sehen. Samantha zog die behelfsmäßige Augenbinde herunter. Gabriel saß lässig in seinem Stuhl, die kleinen Fältchen um seine Augen in einem schiefen Grinsen vertieft.
Den Rest des Abends war er der ideale Gesellschafter beim Dinner und gewährte ihr einen Blick auf den Charme, der so viele Frauen dazu verleitet hatte, um seine Gunst zu buhlen. Nachdem sie den Rest des Desserts verspeist hatten – diesmal allerdings mit Löffeln anstatt mit den Fingern – , erhob er sich und bot ihr seine Hand.
Samantha betupfte sich die Lippen mit ihrer Serviette und überlegte besorgt, dass sie ihm überallhin folgen würde. »Es ist reichlich spät, Mylord. Ich sollte mich wirklich
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