Geheimnis des italienische Grafen
nicht vortäuschen. Mit einer Hand hielt sie ihre Jacke vor der Brust zusammen, mit der anderen schob sie den Becher in eine der Taschen.
„Was machen Sie hier, Laura?“, fragte Marco in scharfem Ton.
Eine Braue hochgezogen, klopfte Lady Riverton mit einer Reitpeitsche gegen ihren Rock. Im Gegensatz zu Thalia sah sie kühl und elegant aus, obwohl sie mitten in der Nacht eine staubige Kalksteinhöhle betreten hatte. Dass sie bei einem Verbrechen ertappt wurde, schien sie nicht im Mindesten zu stören.
„Diese Frage könnte ich auch Ihnen stellen, Conte di Fabrizzi“, erwiderte sie. „Aber ich sehe , was Sie beide hier treiben. Guten Abend, Miss Chase.“
Eine Zeit lang starrte Thalia die Frau schweigend an, bevor sie murmelte: „Auch Ihnen wünsche ich einen guten Abend, Lady Riverton. Welch eine Überraschung, Sie hier zu treffen …“
„Offensichtlich“, bestätigte die Viscountess.
„Haben Sie nicht behauptet, niemand würde diese Höhle kennen?“ mischte sich der Gefährte des Pharaos in drohendem Ton ein. „Dass sie ein sicheres Versteck ist?“
„Genau das hat man auch mir erzählt“, sagte Marco. Irgendwie gelang es ihm, kühle Arroganz zu mimen. Ganz der gekränkte Aristokrat. „In dieser Höhle wollte ich meine Verlobung mit Signorina Chase feiern. Ein abgeschiedener Ort – sogar pittoresk, trotz der schmutzigen alten Kisten voller geschmuggeltem französischem Cognac …“
„Und so romantisch!“, flötete Thalia, hängte sich an Marcos Arm und schaute zu ihm auf – in anbetender Bewunderung, wie sie hoffte. „Meine Schwester lässt mich kaum aus den Augen. Nur selten kann ich mit meinem hübschen Verlobten allein sein. Zu ärgerlich, diese Konventionen, finden Sie nicht auch, Lady Riverton? Natürlich, sonst wären Sie nicht mit Ihrem Gefolge hierhergekommen, nicht wahr?“
„O ja, ganz meine Meinung. Solche Konventionen sind in der Tat sehr lästig. Deshalb sollte man sie missachten, wann immer es möglich ist.“ Die Viscountess lächelte amüsiert. „Aber es überrascht mich, dass Sie so rebellisch sind, Miss Chase. Oder vielleicht dürfte mich das nicht erstaunen. Schon in Santa Lucia waren Sie sehr … beherzt. Genauso wie Ihre Schwester. Übrigens, wie geht es der Duchess?“
„Sollen wir sie jetzt umbringen?“, fragte der Pharao ungeduldig. Ohne den altägyptischen Kopfputz wirkte sein vernarbtes Gesicht noch grausiger.
„Das möchte ich sehen, elender Schurke“, stieß Marco hervor. „Versuchen Sie doch Ihr Glück, dann mache ich Sie dem Erdboden gleich, so wie Alarich das alte Rom.“
„Ach, bilden Sie sich das wirklich ein, Sie italienisches Schwein?“ Der Pharao sprang vor, zog einen funkelnden Dolch aus einer Scheide an seiner Taille, und sein Spießgeselle lachte meckernd.
Ehe Thalia schreien konnte, legte Lady Riverton eine Hand auf die Brust des Angreifers und hielt ihn zurück. „Nein, Jack, lass den Unsinn. Willst du die – Cognackisten mit Blut beschmieren? Das wäre zu unappetitlich. Feiern wir lieber das junge Glück. Oh, ich schwärme für Verlobungen! Da darf ich Ihnen beiden gratulieren?“ Sie trat näher zu Marco und strich mit einem behandschuhten Finger über sein zerknittertes Hemd. „Also, ich muss schon sagen, mein Lieber, ich bin verblüfft. Haben Sie nur mit mir geflirtet, um ihre Gefühle für Miss Chase zu verbergen? Wie … raffiniert! Das sieht Ihnen gar nicht ähnlich.“
Seine Augen verengten sich. „Anscheinend schlummern ungeahnte Talente in meiner Brust.“
„Ja, um es milde ausdrücken … Glauben Sie, Miss Chase ist die Richtige für Sie? Wird es ihr gelingen, diese Talente zum Leben zu erwecken?“
Thalia zerrte an Marcos Arm und zog ihn von Lady Riverton weg.
Doch die Viscountess lachte nur, wandte sich ab und schlenderte zum Höhleneingang. „O ja, ich liebe die Liebe !“, rief sie fröhlich. „Komm, Jack, steck dieses Messer weg und tu, was ich dir sage. Bevor die Sonne aufgeht, müssen wir das verliebte Pärchen wohlbehalten in die Stadt zurückbringen.“ Sie warf einen Blick über die Schulter. „Später werde ich Sie besuchen und Ihnen ganz offiziell zur Verlobung gratulieren, Miss Chase. Natürlich freue ich mich auch darauf, Ihre Schwester und Ihren Schwager wiederzusehen. Vielleicht werden Sie das freudige Ereignis mit einem zweiten Maskenball feiern! Jack und ich sind ganz verrückt nach Maskenbällen, nicht wahr, mein Liebster?“
Während Lady Riverton und ihre beiden Begleiter die Höhle
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