Geheimnis einer Wuestennacht
Abtreibung kümmern kannst?â, fuhr sie ihn unerwartet an. Ihr Kinn hielt sie jetzt noch höher, die braunen Augen funkelten gefährlich. âIch sagte doch, du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Und sollte doch etwas sein, werde ich dir Bescheid geben.â
Tahir nickte knapp und wandte sich ab.
Wenige Minuten später saà er auf einem der Kamele und biss die Zähne zusammen, um sich nicht von Pein überwältigen zu lassen, als das Tier erst hinten, dann vorne hochkam und er dabei durchgeschüttelt wurde wie ein Sack Mehl. Wenigstens lenkte ihn das von der Verachtung ab, die er in Annalisas Augen hatte aufflackern sehen, angesichts seines unrühmlichen Rückzuges.
Die Kamelkarawane verlieà die Oase in Richtung Shafar, und bei jedem einzelnen Schaukelschritt des gewaltigen Wüstenschiffes durchfuhr Tahir ein neuer sengender Schmerz. Trotzdem brachte er die Kraft auf, ein letztes Mal über die Schulter zurückzuschauen, zu dem Ort, an dem er sich für eine kurze Zeit fast glücklich gefühlt hatte, und zu der Frau, die dafür verantwortlich gewesen war.
Doch Annalisa war bereits verschwunden â¦
Als die Karawane endlich die Küstenregion erreichte, klammerte sich Tahir nahezu bewusstlos an seinem Sattel fest. Während der Tageshitze zu reisen, war nicht besonders klug gewesen, wie er sich zähneknirschend eingestehen musste.
Doch jede weitere Minute in Annalisas Gesellschaft hätte ihn nur dazu verführt, etwas Verrücktes mit ihr anzustellen. Zum Beispiel, sie in seine Arme zu reiÃen und zu küssen, bis sie um Gnade flehte. Oder die vergangene Nacht voller Lust und Leidenschaft noch einmal auferstehen zu lassen â¦
Sie durchritten gerade ein kleines, fruchtbares Tal, als der Anführer der Karawane den Trupp anhielt. Tahir war dafür auÃerordentlich dankbar, weil er wusste, dass sie noch mehrere Stunden von der Hauptstadt entfernt waren. Erst, als er den gnädigen Schatten eines Felsens erreichte und erschöpft um sich schaute, sah er den blitzenden Jeep und daneben einen Krankenwagen.
Er warf seinem Reiseführer, der plötzlich wie aus dem Boden gewachsen neben ihm stand, einen fragenden Blick zu, den der Mann zum ersten Mal direkt erwiderte. Doch ehe er etwas sagte, wartete er ruhig ab, bis sich das Kamel niedergelassen hatte.
âIch habe die Ambulanz benachrichtigt, sobald ich mit dem Handy Empfang hatteâ, erklärte er dann gelassen. âAnnalisa hat darauf bestanden.â
Tahir verengte misstrauisch die Augen und glaubte, eine Spur Feindseligkeit auf den dunklen Zügen des stolzen Beduinen zu sehen. Ob er ein Freund von Annalisa war? Hatte er womöglich sogar ein mehr als freundschaftliches Interesse an ihr?
Der Gedanke traf ihn so unvermittelt, dass er Ãbelkeit verspürte. Den bitteren Geschmack in seinem Mund ignorierend, schwang er mit zusammengebissenen Zähnen ein Bein über den erhöhten Sattelknauf, während sein Begleiter mit verschränkten Armen stoisch abwartete. SchlieÃlich stand Tahir mit beiden Beinen auf dem Boden, der allerdings verdächtig schwankte.
âEure Hoheit?â , ertönte eine Stimme in seinem Rücken.
Irritiert wandte er sich um. âIch bin nicht â¦â Ein älterer Mann, der ihm vage bekannt vorkam, vollführte eine ehrerbietige Verbeugung. Und wenn es sein Leben gekostet hätte, Tahir konnte die Höflichkeitsbezeugung nicht erwidern, dafür zitterten seine Beine viel zu sehr.
âEure Hoheit, lassen Sie mich Ihnen versichern, wie überaus glücklich wir uns alle schätzen, dass Sie uns einigermaÃen unversehrt wiedergegeben sind. Wir glaubten, Ihr Helikopter sei über dem Meer abgestürzt und haben seit Tagen die See abgesucht.â
Auf sein Nicken bewegten sich zwei Sanitäter im Laufschritt mit einer Bahre auf ihn zu. Tahir öffnete den Mund, um zu erklären, dass er keinesfalls eine Hoheit sei, doch dann dämmerte es ihm, dass vielleicht doch etwas dran sein könnte. Wenn Kareef König wurde, machte das Rafiq und ihn automatisch zu Prinzen.
Die Erkenntnis, dass dadurch das schwarze Schaf der Familie in den Olymp der königlichen Familie aufrückte, reizte Tahir zum Lachen, und lieà ihn alles andere um sich herum vergessen. Er hörte einen erschrockenen Ausruf, schaute verwirrt in die ernsten Gesichter um sich herum und verlor das Bewusstsein.
Ich muss mir unbedingt abgewöhnen,
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