Geheimnis um eine Efeuvilla
und …”
„Ich komme nicht wegen Steuern oder Lizenzen”, unterbrach ihn Herr Grimm, der das Gefühl hatte, daß Herr Harris sich über ihn lustig machte. „Ich möchte Herrn Schmidt sprechen.”
„Herrn Schmidt?” Herr Harris rieb sich sein stoppliges Kinn. „Das ist etwas schwierig.”
„Ist er im Haus – oder draußen im Garten?”
„Nein, dort ist er nicht. Ich kann Ihnen nicht genau sagen, wo er sich im Augenblick befindet.”
„Ich muß ihn aber sprechen! Es ist sehr wichtig. Bitte bringen Sie mich zu ihm.”
„Dazu habe ich keine Zeit. Ich habe nur einen Mann zur Hilfe und viel zu tun.”
Herr Grimm begann die Geduld zu verlieren. „Ist Schmidt sein richtiger Name?” platzte er heraus.
Herr Harris sah ihn erstaunt an und rieb sich wieder das Kinn. „Soviel ich weiß, ja”, antwortete er bedächtig. „Ich kenne ihn schon, solange ich lebe, und er hieß von Kind an Schmidt. Soll das vielleicht ein Spaß sein?”
„Nein”, antwortete Herr Grimm, tief enttäuscht, daß Herr Schmidt keinen falschen Namen hatte. „Sagen Sie mal – hieß dies Haus früher einmal Efeuvilla?”
„Wie kommen Sie denn darauf? Es hieß Heuer-Baumschule, als ich es kaufte, und hieß wahrscheinlich schon so, als Sie noch gar nicht geboren waren. Warum sollte es früher den Namen ,Efeuvilla’ gehabt haben?”
„Nun – es ist doch mit Efeu bewachsen. Aber jetzt sagen Sie mir bitte, wo ich Herrn Schmidt finde.”
„Wenn Sie durchaus wollen?” Herr Harris führte den Polizisten ins Haus zu einem großen Globus und drehte ihn, so daß Amerika zu sehen war. Dann zeigte er auf einen Punkt in Südamerika.
„Sehen Sie, hier liegt Rio de Janeiro. Dort befindet sich Herr Schmidt. Er hat sich vor zwanzig Jahren vom Geschäft zurückgezogen, aber ich habe den Firmennamen beibehalten. Nehmen Sie das nächste Flugzeug nach Rio, suchen Sie Herrn Schmidt auf und fragen Sie ihn, ob Schmidt sein richtiger Name ist. Er wird Ihnen bestimmt gern Bescheid geben.” Herr Harris brach in lautes Gelächter aus.
Herr Grimm drehte sich auf dem Absatz um, verließ mit großen Schritten das Haus und bestieg sein Rad, wobei er versuchte, möglichst würdevoll auszusehen. Noch auf der Straße verfolgte ihn das Gelächter von Herrn Harris.
Wütend trat er die Pedale. Hätte doch lieber Dietrich Kronstein mit dem Gärtner gesprochen! Die Abfuhr hätte dem frechen Bengel gutgetan. Aber einen Polizisten müßten die Leute mit mehr Respekt behandeln.
In der Sackgasse
Herr Grimm erzählte keinem Menschen, was er in der Heuer-Baumschule erlebt hatte. Als Dicki ihn gegen Abend anrief, beantwortete er seine neugierigen Fragen nur einsilbig.
„Herr Schmidt ist vor zwanzig Jahren aus der Firma ausgetreten und lebt jetzt im Ausland. Es war Zeitverschwendung, daß ich zu der Baumschule fuhr. Ist Ern bei dir?”
„Ja. Er hat mir heute nachmittag viel geholfen. Nett von Ihnen, daß Sie ihn herkommen ließen! Er kommt jetzt wieder zu Ihnen.”
Herr Grimm war sehr erstaunt. Hatte Ern denn nicht erzählt, daß er vor seinem Onkel geflüchtet war, weil er Schläge befürchtete? Nun, der Junge konnte noch eine Nacht bei ihm bleiben. Morgen wollte er ihn heimschicken. Er hatte sich nicht als Wächter bewährt und sollte keinen Pfennig Lohn mehr bekommen.
Als Ern bald danach etwas ängstlich eintraf, schickte der Onkel ihn in die Küche. „Du kannst mit Frau Mickel zu Abend essen. Ich habe zu tun”, sagte er kurz.
Erleichtert lief Ern in die Küche und setzte sich neben den warmen Herd. „Komisch, daß keiner von uns beiden gesehen hat, wer heute den Brief brachte”, sagte er zu Frau Mickel.
„Ich hab’ nicht aus dem Fenster gesehen, sondern las in den Teeblättern”, erwiderte sie. „Und du hast natürlich auch nicht ’rausgeguckt. Deinen Onkel kannst du beschwindeln, aber mich nicht.”
„Ich habe ’rausgeguckt!” rief Ern. „Nicht einen Augenblick habe ich den Hof aus den Augen gelassen. Aber ich sah nur, wie Sie den Vögeln Brot hinstreuten.”
„Warum hast du dann nicht auch gesehen, wer den Brief brachte? Er muß kurz danach gekommen sein.”
„Es war aber niemand zu sehen. Und ich habe immerfort aufgepaßt wie ein Schießhund. Ich irre mich bestimmt nicht.”
„Willst du etwa behaupten, daß ich mich irre?” Frau Mickel sah Ern drohend an. „Hüte deine Zunge, sonst bekommst du nichts zum Abendbrot.”
Ern schwieg verwirrt. Nun war auch noch Frau Mickel gegen ihn. Trotzdem saß er im Augenblick lieber bei ihr
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