Geheimnis um eine siamesische Katze
Jokel. Zuerst streckte sie ihm die Zunge heraus und gab ihm eine freche Antwort. Doch dann zeigte sie mit dem Finger auf einen großen Mann, der gerade einem Pferd zu trinken gab. Flipp ging auf ihn zu. Der Mann sah auf. „Was willst du?”
„Ach, ich suche einen Jungen”, antwortete Flipp. „Er heißt Luke. Ist er vielleicht hier?”
„Nee”, brummte der Mann. „Hab ihn schon wochenlang nicht gesehn.”
„Wie schade!” rief Flipp enttäuscht. „Ich sollte ihm etwas bestellen. Wissen Sie vielleicht, wo er wohnt?”
„Nee”, brummte der Mann wieder. „Außerdem gebe ich kleinen Bengels keine Adressen. Scher dich nach Haus und kümmer dich um deine eigenen Angelegenheiten.”
Dicki sah Flipp mit dem Mann sprechen. Er kam näher.
„Ist das Jokel?”
Flipp nickte. „Aber er hat Luke schon wochenlang nicht gesehen.”
„Wir sind Lukes Freunde”, sagte Dicki. „Bitte glauben Sie uns doch. Wir wollen ihn gern sprechen.”
„Ich weiß nicht, wo er ist”, wiederholte der Mann ärgerlich. „Macht, daß ihr fortkommt! Ich habe Luke seit Wochen nicht gesehen.”
Betti stand neben den Fahrrädern und verfolgte die Kinder mit den Augen. Hin und wieder spähte sie nach Herrn Grimm aus. Hoffentlich fragte er sie nicht, was sie hier machte, wenn er eintraf. Schließlich kroch sie durch die Hecke und setzte sich auf der anderen Seite ins Gras. Hier konnte kein Vorübergehender sie sehen. In ihrer Nähe stand ein leuchtend roter Zirkuswagen. Müßig glitten ihre Augen darüber hin. Da stutzte sie plötzlich. Der Vorhang
des
kleinen Fensters wurde ein wenig beiseite geschoben, und ein Kopf kam zum Vorschein. Jemand sah zu ihr hin. Es war Luke.
Luke kehrt zurück
Betti saß ganz still und starrte wie gebannt in Lukes Vollmondgesicht. Er schob den Vorhang noch mehr beiseite, öffnete das Fenster und steckte vorsichtig den Kopf heraus.
„Hallo, Betti”, sagte er leise. „Was machst du denn hier? Willst du dir den Zirkus ansehen?”
Betti stand auf und ging etwas näher an den Wagen heran. „Nein”, antwortete sie ebenso leise. „Wir wollten gern mit dir sprechen. Fräulein Harmer erzählte uns, daß du einen Freund beim Zirkus hast. Da dachten wir, du wärest vielleicht hier.”
„Jokel ist mein Onkel”, erklärte Luke. „Ich kann ihn nicht besonders leiden, wußte aber nicht, wo ich sonst hingehen sollte. Ich hatte Angst, wegen Dunkelschöns Verschwinden eingesperrt zu werden. Deshalb lief ich fort.”
„Aber du hast Dunkelschön doch nicht gestohlen, nicht wahr?”
„Natürlich nicht. Ich könnte niemals etwas stehlen. Erstens ist es nicht recht, und dann hab ich viel zuviel Angst. Bist du allein hier?”
„Nein. Die anderen wollten Jokel suchen, um ihn nach dir zu fragen.”
„Ach so. Ich habe ihm nichts von der Geschichte mit Dunkelschön gesagt, weil ich dachte, dann würde er mich nicht behalten. Ich erzählte ihm nur, daß mein Stiefvater mich geschlagen hat, und zeigte ihm meine Striemen. Er wollte mich verstecken und mit dem Zirkus mitfahren lassen. Einen starken Jungen wie mich kann man hier immer brauchen.”
Betti sah Luke mitleidig an. „Hat dein Stiefvater dich wirklich geschlagen? Du hast es schwer, Luke. Hoffentlich erzählen die anderen Jokel nichts von der gestohlenen Katze. Aber ich glaube nicht, daß sie es tun werden. Sie wollten nur sagen, sie hätten dir etwas auszurichten.”
„Wenn er erfährt, daß ich verdächtigt werde, etwas gestohlen zu haben, wird er mich nicht behalten”, sagte Luke.
„Zirkusleute wollen nichts mit der Polizei zu tun haben. Erzähle keinem Menschen, daß du mich gesehen hast, Betti. Ich muß mich in diesem Wagen verstecken, bis der Zirkus weiterfährt.”
„Ich werde nur den anderen Kindern etwas sagen”, versprach Betti. „Du kannst dich darauf verlassen. Ach, Luke, wer kann Dunkelschön nur gestohlen haben? Sie verschwand zwischen vier und fünf. Und du warst zu dieser Zeit allein am Katzenhaus. Hast du denn niemand gesehen?”
„Aber nein!” beteuerte Luke.
Betti dachte an Lukes Pfeife, die sie in dem Käfig gefunden hatten. „Ach, Luke, ich muß dir noch etwas erzählen.”
Aber bevor sie weitersprechen konnte, näherten sich Stimmen. Hastig schloß Luke das Fenster und zog den Vorhang wieder zu.
Betti guckte über die Hecke. Die anderen Kinder kamen zurück. Sie sahen sehr enttäuscht aus.
„Nichts”, knurrte Dicki. „Wir haben mit Jokel gesprochen. Aber er behauptet, Luke schon wochenlang nicht gesehen zu
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