Geheimnis von St. Andrews
Lachen die Tränen. Mark war nicht nur gut aussehend, er benahm sich ihr gegenüber auch sehr aufmerksam. Und Humor hatte er auch noch. Cherry hätte sich nie in einen Mann verlieben können, mit dem sie nicht gemeinsam lachen konnte.
„Ich wusste nicht, dass dein Job so amüsant sein kann“, stellte sie fest.
„Manchmal schon. Auf der Baustelle in St. Andrews kann man ja nur über Blackburn grinsen. Das ist jedenfalls besser, als seine ewige schlechte Laune ernst zu nehmen.“
„Dann ist er dir gegenüber also auch so missmutig?“, fragte Cherry.
„Allerdings. Wahrscheinlich ist er einfach nur ein menschenfeindlicher Stinkstiefel, der sich am liebsten mit Kunstschätzen aus vergangenen Jahrhunderten befasst. Obwohl es jemanden gibt, mit dem er öfter telefoniert. Und dann klingt Blackburn immer richtig begeistert.“
Cherry blinzelte Mark zu. „Du hast gelauscht? Pfui, das gehört sich aber nicht“, zog sie ihn auf.
„Nicht absichtlich, es ist zufällig passiert. Ich habe auch gar nicht gehört, worum es ging. Aber ich wunderte mich, weil er ein Handy benutzt hat. Dabei betont Blackburn doch immer so gern, dass er Mobiltelefone nicht ausstehen kann.“
„Ja, er ist ein richtiger Kauz.“ Cherry lachte.
„Und er kann es nicht leiden, wenn sich jemand in die Krypta verirrt. Er tut so, als ob dort unten seine Privatgemächer wären. Wenn du es dir nicht komplett mit ihm verscherzen willst, solltest du niemals die Krypta betreten. Blackburn würde fuchsteufelswild werden.“
„Wie heißt es doch so schön: Hunde, die bellen, beißen nicht. Aber trotzdem vielen Dank für die Warnung.“
Cherrys Neugier war geweckt. Was hatte Blackburns Geheimniskrämerei zu bedeuten? Dieser Gedanke beschäftigte sie für einen kurzen Moment, bis sie in Marks Augen blickte und alles andere vergaß. Je mehr Zeit sie mit ihm verbrachte, desto besser gefiel er ihr. Wenn es weiter so gut lief, würde sich zwischen ihnen etwas entwickeln. Daran hatte sie keinen Zweifel.
Nachdem sie ihre Pizzen aufgegessen hatten, schlenderten sie durch die stillen Gassen von Pittstown. Sie gelangten zu einer Allee, wo man den sanften Wind in den mächtigen Kastanien rauschen hören konnte. In der Dunkelheit wirkten die Bäume wie riesige Wächter. Cherry wurde plötzlich klar, dass man solche stillen Plätze in einer hektischen Millionenstadt wie London vergeblich suchte. Dort konnte man schon froh sein, wenn man einmal zehn Minuten lang nicht durch die wimmernde Sirene einer Ambulanz oder eines Streifenwagens aufgeschreckt wurde. Pittstown war eigentlich gar nicht so übel, obwohl Cherry sich erst an die fehlende Geschäftigkeit und das gemächliche Tempo gewöhnen musste. Einmal sah sie jemanden, der sich an einen Alleebaum schmiegte und sie nicht aus den Augen ließ. Aber Cherry ignorierte die Person und sagte auch nichts zu Mark. Sie wollte die Stimmung nicht verderben. Und wenn diese Zimtzicke Jenny glaubte, hinter ihnen herschleichen zu müssen, dann war das ihr Problem.
Schließlich standen sie wieder vor Thelma Millers Pension.
„Das war ein schöner Abend. Schlaf gut, wir sehen uns dann morgen“, verabschiedete sich Cherry und umarmte Mark flüchtig. Dann lief sie schnell ins Haus, bevor sie von ihren eigenen Gefühlen überwältigt wurde. Ihr Herz raste gewaltig, und die kurze Berührung hatte ihr gut gefallen, und gewiss nicht nur ihr. Sie spürte, dass es zwischen ihr und Mark heftig knisterte.
Trotz ihrer Aufregung schlief sie schnell ein, denn der Tag war lang und anstrengend gewesen.
Am nächsten Morgen konnte Cherry es kaum erwarten, zur Arbeit zu kommen. Sie duschte und frühstückte schnell, danach eilte sie in ihrem Overall zur Kirche.
Doch Cherrys gute Stimmung hielt nicht lange an. Bereits von Weitem sah sie die rotierenden Blaulichter von Streifenwagen und Ambulanz. Sie beschleunigte ihren Schritt. Vor der Friedhofsmauer hatten sich einige Schaulustige versammelt, die von der Polizei zurückgehalten wurden. Der Krankenwagen, der vor dem Pfarrhaus gestanden hatte, fuhr soeben mit heulenden Sirenen davon.
Sergeant Murdoch, der mit seinen Kollegen das Gelände absperrte, nickte Cherry zu und ließ sie durch.
„Was ist los, Sergeant? Warum sind Sie hier?“, fragte sie aufgeregt.
„Es hat ein Verbrechen stattgefunden, Miss Wynn. Ein schwerer Raubüberfall. Die Kollegen von der Kriminalpolizei ermitteln.“
Cherry fürchtete sich vor ihrer nächsten Frage, denn sie hatte Mark noch nirgendwo gesehen. Aber sie
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