GEHEIMNISSE DER NACHT
Stammbaum.“
Beide drehten sich um und sahen über den Flur, durch die Scheibe, hinter der Morgan lag. Lydia nickte. „Ich, ähm, ich werde mich eine Weile zu ihr setzen.“
„David sieht aus, als könnte er eine Pause vertragen.“
Als Lydia aufstand, trat Maxine auf sie zu, zögerte kurz und umarmte Lydia dann ein wenig ungelenk. Lydia drückte sie fest an sich und ließ sie dann wieder los.
„Ich glaube, ich rufe Lou mal zurück.“
„Gute Idee“, stimmte Lydia ihr zu. Sie nickte aufmunternd und verließ das Zimmer.
Lou schlief in seinem Sessel, den Kopf auf eine Seite geneigt, ein Ohr in seine eigene Schulter gedrückt. Etwas weckte ihn auf. Eigentlich waren es zwei Dinge. Da war Dantes Stimme. Und sie kam aus der Nähe. Sehr nahe. Er war genau vor seinem Gesicht.
„Es tut mir sehr leid, Malone. Aber mir bleibt keine andere Wahl.“
Dann klingelte das Telefon, und Lou riss die Augen auf. Dante stand über ihn gebeugt, und Lou versuchte, den Vampir von sich zu stoßen, aber der Sessel kippte stattdessen nach hinten über, und Dante fiel mit ihm zu Boden. Er versenkte seine Zähne in Lous Hals, während Lou noch versuchte, ihn abzuschütteln.
Lou schwang einen Arm und warf den Nachttisch um. Das Telefon fiel auf den Boden. Er hörte wie aus weiter Ferne eine blecherne Stimme, die seinen Namen rief.
„Jesus!“ Das Gefühl, ausgesaugt zu werden, war nicht gerade angenehm. „Ich habe dein verdammtes Leben gerettet!“ Seine Worte sollten eigentlich lautstark aus seiner Kehle erschallen, aber der Klang war eher schwach. „Ich habe dir geholfen!“
Sein Herz schlug schneller, als er es für gesund hielt, und er wehrte sich immer weiter gegen diese Kreatur; allerdings erfolglos.
Endlich hob Dante seinen Kopf und legte Lou vorsichtig auf den Boden nieder. „Du hilfst mir immer noch“, versuchte der Vampir ihn zu beruhigen, und er sah … anders aus. Stärker. Seine Augen glühten, und seine Haut schien prall mit Leben gefüllt zu sein.
Ja, dachte Lou. Mit meinem Leben.
Dante wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab, hob Lou dann vom Boden hoch, um ihn aufs Bett zu legen. Dann drehte er sich um, hob das Telefon vom Boden auf und stellte es zurück auf den Nachttisch. Den Hörer hatte er noch nicht aufgelegt. Er hielt ihn sich jetzt ans Ohr. „Dein Freund braucht dich, Maxine. Er wartet im Hotel auf dich. Du solltest dich beeilen. Ich habe ihn nicht ausgesaugt, aber ich hatte verdammten Durst.“
Dante legte auf.
Stöhnend versuchte Lou, nach dem Hörer zu greifen. Er wusste genau, was der Vampir vorhatte. Er versuchte, Max von ihrer Schwester fortzulocken, damit er zu ihr gelangen konnte. Verdammt.
Allerdings schien er wirklich ein schlechtes Gewissen zu haben. „Es tut mir wirklich leid. Es gab keine andere Möglichkeit.“
Lou versuchte, sich aufzusetzen, als Dante sich umdrehte und das Zimmer verließ, aber es gelang ihm nur, seinen Oberkörper ein kurzes Stück zu heben, ehe er zurückfiel und in der Dunkelheit versank.
Keith
24. KAPITEL
„Warte!“
Die Leitung wurde unterbrochen, und einen Augenblick lang spürte Maxine die Panik, die sich jeder Faser ihres Körpers bemächtigte und sich wie eine kalte Klaue um ihr Gehirn legte. Aber nur einen Augenblick. Dann schaffte sie es, sich zu beruhigen, richtete sich auf, beendete die Verbindung und wählte dann Stern-Sechs-Neun.
Die mechanische Ansage trug die Ziffern der letzten Telefonnummer, von der die Leitung, an der sie hing, angerufen worden war, vor. Es war die Nummer des Hotels. Der Vampir hatte nicht gelogen.
Dann hatte er vielleicht, auch was Lou anging, die Wahrheit gesagt.
Sie knallte den Hörer hin und rannte zur Tür. Sie musste zu ihm, musste ihm helfen.
Doch plötzlich blieb sie wie angewurzelt vor dem Zimmer ihrer Schwester stehen. Morgan lag im Bett, vollkommen hilflos. Warum hatte Dante ihr das alles erzählt? Aus der Güte seines Herzens? Wohl kaum. Er wollte, dass sie ihre Schwester unbewacht zurückließ.
Verdammt noch mal! Wie sollte sie sich zwischen dem Leben ihrer Schwester und Lous entscheiden?
Dann ging ihr auf, dass sie sich gar nicht entscheiden musste.
Sie ging zurück ins Wartezimmer, hob das Telefon ab, wählte Neun-Eins-Eins und teilte mit, wo sie Lou finden konnten und dass er kurz vor dem Tod durch Blutverlust stand.
Anschließend suchte sie in ihren Jeanstaschen nach der anderen Nummer. Die, die ihr dieser Widerling Stiles gegeben hatte. Während sie wählte, hoffte sie, dass Lous Plan,
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