Geheimnisse einer Sommernacht
hast.“
„Ich biete meinen Rat nur an, wenn er dringend gebraucht wird“, erwiderte der Earl wütend.
Simon sah ihn ungläubig von der Seite an. „Na ja, dann gib mal deine Weisheiten von dir. Ob ich will oder nicht, ich muss sie mir ja sowieso anhören.“
„Es betrifft diese Miss Peyton. Wenn du klug bist, solltest du dich mehr zurückhalten. Sie ist ein oberflächliches Ding, und ich habe selten jemanden kennengelernt, der so egoistisch ist. Zugegeben, die Fassade ist wunderschön, aber meiner Meinung nach ist darunter nichts, was man empfehlen könnte. Sicherlich denkst du daran, sie dir als Mätresse zu nehmen, wenn es ihr nicht gelingt, Kendall zu gewinnen. Mein Rat ist: Tue es nicht. Es gibt Frauen, die haben wesentlich mehr zu bieten.“
Einen Moment lang schwieg Simon. Seine Meinung über Annabelle Peyton war leider sehr vielschichtig. Er bewunderte Annabelle, er mochte sie, und er hatte bei Gott kein Recht, sie hart zu verurteilen, wenn sie die Mätresse eines anderen Mannes wurde. Und dennoch, der Gedanke, dass sie möglicherweise Hodgeham in ihr Bett gelassen hatte, machte ihn dermaßen eifersüchtig und wütend, dass es ihn selber überraschte.
Ihn beunruhigten die Gerüchte, die Lord Burdick über Annabelle verbreitet hatte. Dass sie Lord Hodgehams heimliche Geliebte war. Simon hatte daraufhin selbst Erkundigungen eingezogen, hatte seinen Vater befragt, der stets sorgfältig Buch führte. Ob jemals jemand für die Peytons Rechnungen bezahlt habe. Leider hatte sein Vater bestätigt, dass Lord Hodgeham gelegentlich das Konto der Peytons ausgeglichen habe. Obwohl das natürlich noch kein endgültiger Beweis war, die Möglichkeit, dass Annabelle Hodgehams Mätresse war, ließ sich danach nicht mehr ganz ausschließen. Und Annabelles ausweichende Antwort während ihres Gesprächs am vergangenen Morgen hatte nicht gerade dazu beigetragen, dem Gerücht zu widersprechen.
Natürlich war die Familie Peyton in einer verzweifelten Lage, aber weshalb sich Annabelle Hilfe suchend an einen so fetten, alten Schaumschläger wie Hodgeham gewandt haben sollte, war Simon völlig unverständlich.
Andererseits hingen im Leben so viele Entscheidungen, gute und falsche, oftmals nur vom richtigen Zeitpunkt ab.
Vielleicht war es Hodgeham wirklich gelungen, in einem Augenblick zu intervenieren, als Annabeiles Widerstandskraft zu gering war. Vielleicht hatte sie sich in einem Moment der Schwäche überreden lassen, dem alten Bastard zu geben, was er wollte, als Lohn für das Geld, das sie so dringend benötigte.
Sie besaß keine Wanderschuhe. Oh Gott! Wie armselig musste Hodgeham? Freigiebigkeit sein, wenn es für ein paar neue Kleider, aber für keine anständigen Schuhe und für keinen Ersatz für völlig verschlissene Unterwäsche reichte. Wenn Annabelle überhaupt irgendeines Mannes Mätresse wurde, dann aber nur Simons, und dann sollte sie auch anständig bezahlt werden. Noch aber war es viel zu früh, ihr diese Frage zu stellen. Noch musste Simon sich in Geduld üben und abwarten, ob es Annabelle gelingen würde, Lord Kendall zu einem Heiratsantrag zu bewegen.
Simon hatte nicht vor, ihre Chancen bei Kendall zu mindern. Aber wenn sie bei dem Lord kein Glück hatte, wollte Simon ihr ein weitaus besseres Angebot machen als es das miese Arrangement mit Hodgeham war.
Die Vorstellung, wie Annabelle nackt neben ihm im Bett lag, entfachte Simons Erregung aufs Neue. Um sich abzulenken, wandte er sich wieder an Westcliff. „Wie kommst du darauf, dass ich Interesse an Miss Peyton habe?“, fragte er in einem unverfänglichen Ton.
„Es hat dich ja fast vom Pferd gerissen, als du sie in ihrem Unterzeug sahst.“
Die Bemerkung verleitete Simon zu einem leichten Lächeln. „Bei einer solchen Fassade kann es mir doch völlig egal sein, was drunter ist.“
„Sollte es aber nicht“, widersprach der Earl heftig. „Glaub es mir, Miss Peyton ist ein egoistisches Weibsbild.“
„Westcliff?“, begann Simon ganz ruhig. „Ist es dir jemals schon in den Sinn gekommen, dass du dich gelegentlich auch irren könntest?“
Verdutzt sah der Earl ihn an. „Nein, noch nie.“
Kopfschüttelnd und mit einem mitleidigen Lächeln gab Simon seinem Pferd die Sporen.
11. KAPITEL
Auf dem Rückweg nach Stony Cross Manor verspürte Annabelle einen stechenden Schmerz im Fußgelenk. Obwohl sie sich nicht daran erinnern konnte, musste sie, wohl irgendwann beim Schlagball umgeknickt sein. Seufzend nahm sie den Korb von einer Hand in die
Weitere Kostenlose Bücher