Geheimnisvoll Vertrauter Fremder - Historical Bd 274
er frei und konnte zu Kathryn zurückkehren.
Kathryn erwachte, stand auf und trat ans Fenster ihrer Schlafkammer, um hinauszublicken. Es war ein herrlicher sonniger Tag, der Himmel war blau und vollkommen wolkenlos. Sie hatte versprochen, ihn mit ihren Freundinnen zu verbringen. Die einzige Wolke an ihrem Horizont war, dass sie noch immer keine Nachricht von Lorenzo hatte.
Er hatte sie darauf vorbereitet, keine Botschaften von ihm zu erwarten. „Wir werden ständig auf dem Meer sein“, hatte er ihr erklärt, „und es wird keine Möglichkeit geben, dir Briefe zu senden. Aber du musst wissen, dass du immer in meinem Herzen bist.“
Kathryn fragte sich, ob er in diesem Moment an sie dachte. Sie hatte von ihm geträumt, aber es war wieder der alte Traum gewesen, in dem sie von einer unaufhaltsamen Welle von ihm fortgerissen wurde. Daran wollte sie sich nicht erinnern.
Wenn sie nur gewusst hätte, was er gerade tat und ob er in Sicherheit war. Wenn ihm jetzt irgendetwas zustoßen sollte … Aber auch darüber wollte sie nicht nachdenken. Lorenzo hatte versprochen, zu ihr zurückzukehren, und sie würde sich an diesen Gedanken klammern.
Lorenzo war der Befehlshaber seiner eigenen Flotte. Es war seine Bedingung dafür gewesen, sich der Liga anzuschließen. Durch diese Voraussetzung hatte er die Freiheit, nach eigenem Ermessen zu manövrieren. Er hatte beschlossen, in der Nähe von Don Juans Schiffen zu bleiben, denn er hielt den Oberbefehlshaber nicht nur für sehr vernünftig, sondern auch für einen brillanten Strategen.
Auf den meisten Galeeren waren die Männer an die Ruder gekettet und wurden vom Bootsmann mit der Peitsche angetrieben. Lorenzos Männer konnten sich dagegen frei fühlen. Sie waren darauf trainiert, seine Befehle ohne Ketten und Peitschenhiebe genauestens zu befolgen. Ungehorsam wurde bestraft, aber es kam häufiger vor, dass die Männer für ihren Mut belohnt wurden. Alles, was sie erbeuteten, wurde verkauft und unter ihnen aufgeteilt.
Eine Messe wurde auf allen Schiffen abgehalten, und alle erkannten, dass die Schlacht kurz bevorstand. Die osmanische Flotte war gesichtet worden. Soweit es abzuschätzen war, umfasste sie etwa dreihundert Schiffe, die meisten davon Kriegsgaleeren.
„Sie sind überall in der Meerenge von Lepanto verteilt“, hatte Lorenzo zu Michael gesagt, bevor er an jenem Morgen nach der Messe auf seine eigene Galeere zurückgekehrt war. „Den Sieg werden wir hart erkämpfen müssen, mein Freund.“
„Aber wir werden gewinnen!“
„Wenn wir an unsere eigenen Fähigkeiten glauben.“
„Hör dir das an“, sagte Michael, als der Klang fremdartiger Musik von der feindlichen Flotte über das Meer zu ihnen hinüberdrang.
Im Gegensatz dazu herrschte auf den versammelten Schiffen der Liga Stille. Es war eine Atmosphäre, in der so etwas wie Hingabe zu spüren war, als wäre jeder Mann bereit, für die Sache zu sterben.
„Geh zu deinen Männern“, wies Lorenzo seinen Freund mit angespannten Gesichtszügen an. „An diesen Tag wird man sich ewig erinnern.“
Sie näherten sich dem Feind. Die Decks der türkischen Galeeren waren voll von Männern in prachtvollen Kleidern. Es waren Janitscharen, die dem Sultan dienten – sie bildeten seine Elitetruppen. Zwischen ihnen hatten sich die Bogenschützen aufgestellt, die ihre tödlichen Waffen bereithielten.
Die Liga war stark in der Unterzahl, und niemand wusste so gut wie Lorenzo, was für erbitterte Kämpfer die Türken waren. Er bezweifelte nicht, dass unter den feindlichen Galeeren auch die Schiffe seines Feindes Rachid waren.
An Bord der türkischen Schiffe riefen und schrien die Janitscharen. Sie schlugen Zimbeln, und als die beiden Flotten aufeinandertrafen, feuerten sie Kanonenkugeln ab, in der Hoffnung, die Galeeren der Liga zu verwirren und zu zerstreuen. Aber die christliche Liga blieb standhaft und wartete auf das Signal des Befehlshabers, das schließlich zugleich mit einem Wechsel der Windrichtung kam.
Und plötzlich hatte sich das Blatt gewendet. Jetzt hatten die Spanier und Venezianer Glück. Es schien, als stünde Gott ihnen bei.
Kathryn konnte nicht schlafen. Sie hatte seit Wochen keine Nachricht von Lorenzo erhalten – und das Warten war zeitweise unerträglich. Sie hatte immer gewusst, dass es Monate dauern könnte, bis er zu ihr zurückkehrte. Dennoch hatte sie gehofft, dass es schon früher irgendwelche Neuigkeiten geben würde.
„Ich finde diese Ungewissheit äußerst belastend“, sagte Kathryn
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