Geheimnisvolle Botschaften
wert.«
Justus schüttelte den Kopf. »Das siehst du völlig falsch, Bob! Es ging natürlich nicht darum, einen Text verschwinden zu lassen.«
»Natürlich nicht«, wiederholte Peter im Brustton der Überzeugung. »Äh … sondern?«
»Ganz einfach«, sagte Justus. »Jemand hat den Text auf eineganz bestimmte Weise verschwinden lassen! Eine Art nämlich, die es jedem, der darüber Bescheid weiß, ermöglicht, ihn wieder lesbar zu machen. Denk doch mal nach! So hat er eine Botschaft in das Buch geschmuggelt, derart geschickt, dass nicht einmal wir sie entdecken konnten.«
»Und das will etwas heißen!« Barbara hatte die drei ??? offenbar belauscht und kam auf sie zu.
»Spott ist unnötig«, versicherte Justus.
»Es war völlig ernst gemeint! Es hat mich schwer beeindruckt, als ihr das Pergamentbuch so schnell gefunden habt. Aber etwas anderes. Wer hat seine Botschaft auf diese Weise versteckt? Und wer hätte sie lesen sollen?«
»Sie war für jemanden bestimmt, der sich damit auskennt«, stellte Peter fest. »Am Ende sogar – Alan Jones und Shu Liin?«
»Ich glaube kaum.« Justus knetete seine Unterlippe, wie er es oft tat, wenn er scharf nachdachte. »Seit wann besitzt dein Vater das Pergamentbuch, Barbara? Seit zehn Jahren, sagte er. Zuvor lag es auf irgendeinem Trödelmarkt, also hat sich niemand darum gekümmert. Ich denke, die Botschaft ist viel älter. Damit kommen Jones und Mrs Liin als Empfänger nicht in Betracht. Wüssten wir, wann der Text abgeschabt wurde, würde uns das weiterhelfen!«
Barbara drehte sich um. »Dad! Kommst du bitte mal?« Mathewson, der neben seinem Kollegen am Fenster stand und in ein Gespräch vertieft war, folgte der Aufforderung. »Seit wann kann man diesen Text über dem Text wieder sichtbar machen? Wann hat man diese Methode mit den Röntgenstrahlen entdeckt?«
Justus war erstaunt, wie schnell Barbara verstanden hatte. Denn genau das war die entscheidende Frage, die den Zeitraum eingrenzte, in dem der unbekannte Absender die Botschaft versteckt haben musste. Das Pergament abzuschaben, ergab erst dann einen Sinn, wenn derjenige gewusst hatte, dass man den ursprünglichen Text wieder sichtbar machen konnte.
Doch was er erfuhr, zerschlug alle Hoffnungen, dem Geheimnis auf diese Weise näherzukommen. »Oh, das geht schon sehr lange«, sagte der Professor. »Bevor man Röntgenstrahlen dazu nutzte, bediente man sich anderer Hilfsmittel. Gallapfel- und Gioberti-Tinktur, um genau zu sein. Sehr mühevoll, aber fast ebenso effektiv.«
»Wäre es bereits möglich gewesen, als das Pergamentbuch hergestellt wurde?«, hakte Justus nach.
»Vor hundertzwanzig Jahren? Ganz sicher! Warum fragt ihr?«
»Schon gut«, winkte seine Tochter ab.
»Ich verstehe«, meinte Mathewson gutmütig. »Ihr wollt bei euren Überlegungen nicht gestört werden.«
»So ist es.«
Der Professor entfernte sich wieder.
Justus war von Barbara hinreichend beeindruckt; sie hatte einen scharfen Verstand bewiesen. »Das eröffnet neue Perspektiven. Und es ergibt sich zugleich eine handfeste Theorie. Der Pergamentmacher, der das Buch hergestellt hat, war zweifellos jemand, der über die Möglichkeit eines Palimpsestes Bescheid wusste. Vielleicht hat er die Botschaft selbst versteckt?«
»Oder derjenige, der das Pergamentbuch zuerst besessen hat«, ergänzte Bob. »Es bleibt die Frage, woher dieser Jones und Shu Liin von dem Buch wussten. War es vielleicht doch für sie bestimmt?«
»So interessant das alles auch ist«, sagte Justus, »werden wir doch abwarten müssen. Hoffen wir, dass wir schlauer sind, sobald wir den Text lesen können!«
Die Stunde kam ihnen wie eine Ewigkeit vor. Doch dann rief Professor Mathewson sie endlich zu sich. »Wir können wieder in den Raum gehen. Hoffen wir, dass es lange genug war.«
»Noch länger, und ich platze vor Neugierde!«, sagte Barbara.
Sie betraten wieder das Labor.
Justus drängelte sich vor, was sonst gar nicht seine Art war. So stand er als Erster vor der unter dem Röntgenapparat fixierten Seite. »Man kann alles lesen!«, sagte er verblüfft. Es war nicht anders, als hätte die Originalschrift auf dem Tisch gelegen. Wenn man davon absah, dass die Worte wie mit Geisterfarbe geschrieben leuchteten.
Auch Barbara beugte sich über die Pergamentseite, auf der die verborgenen Buchstaben fluoreszierten.
»Drei Stationen bis zum Schatz«, las Barbara vor. »Die erste findest du im Rathaus von Rocky Beach. Sieh in die Akte RM311.« Sie stutzte. »Ein …
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