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Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition)

Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition)

Titel: Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Hooper
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Umständen, die sich unserer Kontrolle entziehen, haben Lily und ich unsere Behausung verloren. Unser Geld wurde gestohlen, und jetzt, wo der Winter bevorsteht   … « Sie brach ab, schlug sich mit der Hand vor den Mund und biss sich auf den Finger, um nicht in Tränen auszubrechen.
    Mr   Unwin hörte nur die Worte
wir haben keinen Vater mehr
und den Namen
Lily
und stand wie vom Donner gerührt. Es wäre zwar ein ziemlich großer Zufall, aber irgendwo mussten die beiden ja stecken.
    »Tut mir leid«, sagte Mrs   Unwin brüsk, »aber ihr seid nicht die Einzigen in London, die in schwierigen Umständen leben. Ich kann sie ja nicht alle aufnehmen! Wendet euch doch an eine mildtätige Einrichtung. Oder das Arbeitshaus.«
    Als Lily aufging, dass sie gerade abgewiesen wurden, brach sie in lautes Schluchzen aus – gerade in dem Augenblick, als Mr   Unwin schwungvoll ins Zimmer trat.
    »Verzeih, meine Liebste! Verzeih mir!«, wandte er sich an seine Frau. »Ich kam eben an der Tür vorbei, und da habe ich die letzten paar Worte mitbekommen.«
    Mrs   Unwin runzelte die Stirn. Angestellte anzuheuern oder zu feuern war eigentlich immer ihre Sache.
    »Das ist ja wirklich eine traurige Geschichte, die ich da eben gehört habe«, sagte er an die beiden Mädchen gewandt. »Euer Vater ist tot, sagt ihr, und ihr habt kein Zuhause mehr? Und was ist denn mit eurer Mutter? Ist sie etwa auch tot?«
    Grace nickte, noch ganz verdutzt über diese unerwartete Einmischung.
    »Unser Papa ist mit dem Schiff fortgefahren, um sein Glück zu machen«, platzte Lily heraus und wischte sich die Nase am Ärmel ab. »Eines Tages kommt er bestimmt zurück, nicht wahr, Grace?«, fragte sie.
    »Vielleicht«, sagte Grace leise.
    »Und was habt ihr gemacht, als eure Mutter starb?«
    »Wir   … wir kamen in ein Waisenhaus«, gab Grace Auskunft und warf Lily einen warnenden Blick zu, ja nicht noch mehr zu erzählen.
    »Und wie alt seid ihr beide?«, fragte George Unwin.
    »Ich glaube, ich bin siebzehn.« Lily blickte, nach Bestätigung suchend, zu ihrer Schwester auf.
    Grace nickte. »Und ich bin fast sechzehn.«
    »Und wie lange ist euer werter Vater nun schon fort, Miss   …?«
    »Parkes. Wir sind Grace und Lily Parkes«, sagte Grace, und da sie dabei einen mahnenden Blick zu Lily hinüberwarf, damit die endlich mit ihrem Gehopse auf dem Sofa aufhörte, entging ihr der Ausdruckmaßlosen Triumphs, der in diesem Moment über Mr   Unwins Gesicht huschte. »Unser Vater ist seit über fünfzehn Jahren fort.«
    Er habe in seinem ganzen Leben noch nie etwas so Wunderbares gehört, sollte Mr   Unwin später zu Mrs   Unwin sagen. »Wie traurig, wie furchtbar traurig«, bemerkte er jetzt und musste sich zusammenreißen, um nicht vor lauter Freude zu juchzen. »Findest du nicht auch, meine Liebe?«, sagte er an Mrs   Unwin gewandt.
    Seine Frau starrte ihn nur an, als wäre er nicht mehr bei Trost.
    »Könnten wir es uns nicht leisten, uns dieser beiden jungen Damen aus gutem Hause anzunehmen, als ein Akt der Wohltätigkeit?«
    »Der
Wohltätigkeit
?« Schon das bloße Wort war Mrs   Unwin zutiefst verhasst, roch es doch nach muffigen Kleidern, Arbeitshaus und Flöhen.
    Er deutete auf Grace. »Diese junge Dame könnte doch mit etwas Unterweisung bestimmt eine exzellente Sargbegleiterin abgeben, meinst du nicht?«
    »Ja, ich hatte bereits –«
    »Und diese da   … « Er zögerte einen Moment, dann fuhr er fort: »Diese da könnte man doch sicherlich auch als irgendetwas anstellen.«
    »Und was um alles in der Welt sollte das sein?«, fragte seine Frau.
    »Eine Dienstmagd!«, verkündete er. »Und Miss Charlotte braucht doch eine!«
    Mrs   Unwin blickte ihren Gatten an, als hätte er komplett den Verstand verloren. Es stimmte zwar, dass ihre Tochter Charlotte sechzehn Jahre alt war und bald ein eigenes Dienstmädchen benötigen würde, aber ganz bestimmt nicht dieses schlaksige, einfältig wirkende Mädchen dort. Mr   Unwin erwiderte den Blick seiner Frau mit einem Ausdruck, der ihr bedeutete, sie solle ihm einstweilen einfach in allem zustimmen, er werde ihr später schon alles erklären.
    Grace presste angespannt die Lippen zusammen. Was Mrs   Unwin als Nächstes sagte, würde über ihr Schicksal entscheiden.
    »Nun«, lenkte Mrs   Unwin ein, »ich schätze, wir könnten deine Schwester in unserem Zuhause in Kensington aufnehmen.« Sie schaute Lily zweifelnd an. »Würde sie da zurechtkommen, ohne dich?«
    Grace schob ihre Bedenken beiseite und

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