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Geheimnummer. Kein Sex nach Plan

Geheimnummer. Kein Sex nach Plan

Titel: Geheimnummer. Kein Sex nach Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Leipert
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Minibühne quetschen zu müssen. Wir suchten uns einen Platz in angenehmer Entfernung von der Bühne, wo wir uns noch unterhalten konnten.
    Das Verhältnis zwischen Daniel und mir hatte unter meinem gestrigen Überfall zum Glück nicht gelitten und war wieder vollkommen unkompliziert. Ab und zu umarmte und küsste er mich, ohne aufdringlich zu sein. Einmal versuchte er sogar, mich auf seine Schultern zu nehmen, was in wilden Verrenkungen und einem Lachkrampf endete. Wir plauderten über belangloses Zeug, machten alberne Witze oder lauschten einfach nur der Band.
    Es war eine Hamburger Gruppe, die mir nichts sagte, aber sehr eingängige Rockmusik spielte. Ich hatte keine Ahnung von Musik. Bei mir wirkte sie entweder oder nicht. Diese Musik wirkte. Sie hatte genau die richtige Mischung aus Gefühl, tiefsinnigen Texten und Aggressivität. Sie zog mich immer mehr in ihren Bann. Ich hatte plötzlich den Eindruck, jedes Lied handelte von mir, von meinem verkorksten Leben. Und als das Konzert zu Ende war, wusste ich, dass ich mit meinen Problemen nicht allein und überhaupt alles halb so schlimm war. Für diese Erkenntnis hätte ich Daniel abknutschen können. Aber stattdessen verabschiedete ich mich direkt nach dem Konzert und fuhr zurück nach Köln, bevor mein wiedergewonnener Optimismus verpuffte.

    Das nächtliche Köln erschien mir plötzlich wieder friedlich und wohlwollend, und ich konnte es kaum erwarten, mein Leben endlich geradezurücken. Als ich meine Wohnung betrat, hörte ich als Erstes meinen Anrufbeantworter ab. Nach einer hektischen Nachricht von meiner Mutter, dass wir doch bitte noch einmal in Ruhe über alles reden sollten, und der üblichen Nachfrage von Tina, wie es mir ginge und wo ich mich um Himmels willen herumtrieb, kam plötzlich Tims ruhige Stimme vom Band. Wochenlang hatte ich verzweifelt auf jedes noch so vage Zeichen von ihm gehofft, und jetzt, nachdem ich mich schon fast damit abgefunden hatte, nie wieder etwas von ihm zu hören, war es da, wie selbstverständlich. Er entschuldigte sich dafür, dass er sich so lange nicht gemeldet hatte, und bat um ein Treffen.
    »Was hältst du von Mittwoch um elf zum Frühstück in dem Café am Wald? Da hast du doch meistens frei, oder? Na ja, ich bin dann da und … hoffe, du kommst.«
    Ich spielte die Nachricht wieder und wieder ab, bis ich mir ganz sicher war, dass es eine gute Nachricht war. Das Café am Wald war unser Café. Wir hatten es im Sommer entdeckt, als wir uns an einem der heißesten Tage überhaupt beim Inlineskaten verirrt hatten und beinahe verdurstet wären. Mitten im Nirgendwo hinter einem kleinen Waldstück tauchte plötzlich dieses Lokal auf und rettete uns vor dem sicheren Tod. Wir hatten es dann sehr originell Café am Wald getauft. Es war eine schöne Erinnerung, und Tim wollte sie jetzt mit Sicherheit nicht mit einem Streit kaputtmachen. Nein, er wollte zu mir zurück. Ich machte um drei Uhr morgens einen Freudentanz durch die gesamte Wohnung. Nur noch ein Tag und ein paar Stunden, und der ganze Spuk wäre vorbei.

Platonische Küsse
    Es war erst zwanzig vor elf, als ich im Café am Wald ankam, aber ich wollte auf keinen Fall zu spät kommen. Tim war noch nicht da, und ich brauchte etwa fünf Minuten, um mir einen strategisch günstigen Sitzplatz auszusuchen. Ich wollte nicht mit dem Rücken zur Tür sitzen, weil es unhöflich war und andeuten könnte, dass ich kein wirkliches Interesse mehr an Tim hätte. Ich wollte aber auch nicht mit dem Blick direkt zur Tür sitzen, weil ich trotz allem klarmachen wollte, dass ich unsere Trennung auf Zeit souverän und nicht als psychisches Wrack überstanden hatte. Außerdem wollte ich Tim meinen schwangeren Bauch nicht schon vor der Begrüßung entgegenstrecken. Gestern war ich stundenlang durch die Stadt gelaufen, um eine weite, dehnbare Hose zu finden, die nicht nach der C&A-Abteilung für werdende Mütter aussah. Am Ende hatte ich mir einfach eine klassische Jeans gekauft, die zwei Nummern zu groß war, und trug noch dazu über meinem Pulli eine weite Kapuzenjacke. Damit würde mein kleiner Bauch im Sitzen kaum auffallen.
    Schließlich wählte ich einen perfekten Neunziggradwinkel zur Tür, von dem aus ich gleichzeitig das Menü studieren und den Eingang im Blick behalten konnte.
    Alibimäßig blätterte ich durch die Karte, war aber viel zu aufgeregt zum Lesen. Am Ende bestellte ich mir eine heiße Schokolade und legte die Karte wieder zurück. Ich starrte zur Eingangstür, bis mir

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