Geheimnummer. Kein Sex nach Plan
konnte. »Ich weiß nicht, vielleicht waren wir einfach zu verschieden. Es war nichts Bestimmtes. Er brauchte nur etwas Zeit zum Nachdenken, und da sind ihm wahrscheinlich ein paar Dinge eingefallen, die ihm an mir nicht gepasst haben …«
»Dieser Fußballer, mit dem Sie in der Zeitung waren«, erinnerte mich Ecki netterweise an eines der Dinge, die Tim möglicherweise an mir nicht gepasst hatten.
Ich zuckte mit den Schultern: »Kann sein, dass der ihm ganz besonders nicht gepasst hat, ja.«
»Hat Ihnen denn auch an Herrn Norlinger etwas nicht gepasst?«, fragte Ecki überraschend demokratisch.
Ich überlegte einen Moment, um nicht allzu ungerecht zu sein. Seine Affäre mit Tina passte mir nicht, aber das wäre wohl eine leichte Verdrehung von Ursache und Wirkung, da ich ja ursprünglich selbst dazu beigetragen hatte.
»Das Einzige, was mir an Tim nicht passt, ist, dass ihm so viel an mir nicht mehr passt«, antwortete ich diplomatisch.
Ecki nickte, und wir schwiegen eine Weile. Harald sprang an mir hoch und stupste meine Hand mit seiner Schnauze an, damit ich ihn weiterkraulte. Ecki war sichtlich unglücklich darüber, dass Tim mich verlassen hatte. Ich fühlte mich richtig schlecht, ihm das Leben so schwer zu machen.
»Tim wird trotzdem ein guter Vater sein«, versuchte ich ihn aufzumuntern, aber Ecki schüttelte den Kopf und murmelte vor sich hin: »Das wird nicht einfach. Sie, allein, mit dem Kind.«
»Es gibt viele alleinerziehende Mütter«, wehrte ich mich, weil ich mir nicht eingestehen wollte, dass Ecki damit meinen zweiten wunden Punkt neben Tim mit einer Treffsicherheit gefunden hatte, die schon fast beängstigend war. Der Hauptgrund, warum ich den Gedanken an Kinder bisher immer weit von mir geschoben hatte, war die Angst, plötzlich allein mit ihnen dazustehen. Und nun stand ich schon allein da, bevor es überhaupt richtig angefangen hatte.
»Wer weiß, vielleicht bleibe ich auch nicht allein«, versuchte ich mehr mich selbst zu beruhigen als Ecki.
»Etwa dieser Fußballer?«, fragte er fast verächtlich.
»Torwart, ja, aber ich habe mich erst mit ihm getroffen, als Tim mich endgültig verlassen hatte«, sagte ich schnell, um Zweifel an meiner Unschuld gar nicht erst aufkommen zu lassen.
»Lieben Sie ihn denn?«, fragte Ecki und machte meinen ganzen schönen Plan mit Daniel und mir als glückliche Kleinfamilie mit einem Wort zunichte. Daniel hatte tatsächlich einen einzigen Fehler, und der hieß Tim. Wenn ich Tim nie kennengelernt hätte, hätte ich das mit Daniel vermutlich für Liebe gehalten. Es hätte mir jedenfalls ausgereicht, um eine Beziehung zu beginnen. Aber nach Tim war es nun mal nicht mehr als Freundschaft, und daraus würde auch nie mehr werden. Wenn die erste Euphorie sich legte, würde Daniel schnell merken, dass unsere Beziehung etwas einseitig verlief. Noch machte es ihm nichts aus, dass er den Alleinunterhalter spielte, dass ich seine Gefühle ausnutzte, nur um nicht einsam zu sein. Aber wie lange noch?
»Nein.«
Ich schubste Harald, der inzwischen meine Finger abschleckte, etwas unsanft zur Seite und ging ohne den Sekt nach Hause.
Ein Fest für die Familie
Obwohl es mir schwerfiel, sagte ich Daniels Einladung zu seinem Vater ab und erfand eine abstruse Geschichte, dass über die Feiertage immer die Jüngsten und am wenigsten Verheirateten in unserer Redaktion arbeiten müssten. Daniel bekniete mich eine Stunde lang am Telefon, wenigstens am ersten Feiertag vorbeizukommen, aber ich blieb standhaft. Ein Besuch bei seiner Familie hätte nur falsche Erwartungen geweckt. Ich sagte auch das traditionelle Entenessen bei meiner Mutter ab, die mir mangels Telefonkontakt eine schriftliche Einladung geschickt hatte. Diesmal erfand ich eine Geschichte von einer mörderischen, sehr ansteckenden Grippe, damit sie ja nicht auf die Idee kam, mir meinen Anteil an der Ente vorbeizubringen.
Ich hatte lange mit der Absage gezögert, weil das Familienessen eigentlich eine gute Möglichkeit gewesen wäre, mich mit meiner Kölner Identität auseinanderzusetzen. Mit der Karina, die von Tim ein Kind erwartete und es ihm und allen anderen verheimlichte, die, die mit ihrer besten Freundin vollkommen zerstritten war und mit der bevorstehenden Hochzeit ihrer Mutter nicht klarkam. Allmählich wurde es Zeit, meine Probleme in den Griff zu bekommen. Ich konnte mich schließlich nicht für den Rest meines Lebens in Hamburg verstecken. Aber am Ende fehlte mir der Mut. Wenn meine Mutter sähe, dass
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