Geheimnummer. Kein Sex nach Plan
sein.
»Deine Mutter lässt sich natürlich auch nichts anmerken, aber ich denke, sie würde sich freuen, wenn du kommst. Oder wenn du wenigstens wieder mit ihr redest. Außerdem wäre sie bestimmt stolz auf ihren zukünftigen Enkel.«
»Das glaube ich nicht. Welche Braut wird zur Hochzeit schon gerne Oma. Für Chris macht sich das übrigens auch nicht gerade gut im Lebenslauf. Mit dreißig schon Opa. Vielleicht solltest du noch mal mit ihm reden.«
Ich konnte mich selbst nicht ausstehen, wenn ich so schnippisch wurde, aber über die Hochzeit meiner Mutter konnte ich einfach nicht in einem normalen Tonfall sprechen.
»Ich habe schon mit Chris darüber geredet«, erwiderte Tim jetzt genauso bissig. »Aber ob du es glaubst oder nicht, sie lieben sich nun mal.«
Es klang wie ein Vorwurf. Genauso gut hätte er sagen können: Stell dir mal vor, es gibt Leute, die sich lieben, aber das scheint dir ja völlig fremd zu sein. Es war seine merkwürdige Betonung, die diesen letzten Satz so doppeldeutig machte. Wütend funkelte ich ihn an. Am liebsten hätte ich ihm an den Kopf geworfen, dass er mir keine Nachhilfe in Sachen Liebe geben musste, dass ich genug unter meiner Liebe und seiner Vorstellung davon gelitten hatte, aber ich verkniff es mir. Ich wollte nicht mitten auf dem Flohmarkt einen Streit vom Zaun brechen.
Also nuschelte ich nur: »Meinetwegen, aber deswegen müssen sie ja nicht gleich heiraten«, und ging weiter.
Der Rest unseres Flohmarktbesuches verlief höflich bis schweigsam. Wir kauften ein paar Alibi-Strampler, aber die großen Entdeckungen blieben aus. Ich fand einen skurrilen alten Messingkerzenständer für Daniel, den ich heimlich kaufte, obwohl ich nicht wusste, ob ich ihn jemals wiedersehen würde.
Als wir zwei weitere Reihen mit überfüllten Ständen erfolglos durchforstet hatten, gab ich auf.
»Ich will ja nicht wie eine alte, schwangere Frau klingen, Tim, aber ich bin echt platt«, stöhnte ich.
Tim sah mich etwas enttäuscht an. »Hier finden wir wahrscheinlich auch nichts mehr. Am besten fahren wir nächstes Mal zu einem richtigen Babyladen, da können die uns auch beraten.«
Trotz unserer gereizten Stimmung nahm ich erleichtert zur Kenntnis, dass es ein nächstes Mal geben würde, und ließ mich ohne Gewissensbisse nach Hause bringen.
Um den heißen Brei
In den nächsten Wochen trafen Tim und ich uns sogar ziemlich oft. Natürlich immer im Dienste des Babys. Wir erkundigten uns bei vier Läden nach den Vor- und Nachteilen dieser und jener Kinderwagenkonstruktion. Tim wollte einen sportlichen dreirädrigen zum Rollerbladen, mir lag eher die klassische Variante. Tim testete zehn verschiedene Kinderbetten sorgfältig aus, für mich war Bett gleich Bett. Tim suchte nach den richtigen Nuckelfläschchen, ich konnte keinen Unterschied erkennen. Vom Schnuller über den Buggy bis hin zur richtigen Wickeltischauflage, alles stand genauestens auf seinem Einkaufszettel, und ich war froh, dass er so enthusiastisch bei der Sache war, weil ich den Überblick schon nach dem ersten Laden verloren hatte.
Er begleitete mich auch zur nächsten Vorsorgeuntersuchung und hätte das Ultraschallgerät am liebsten gleich mitgenommen, so fasziniert war er von der Welt in meinem Bauch. Schließlich überredete er mich sogar zu einem Geburtsvorbereitungskurs, vor dem ich mich eigentlich drücken wollte, weil ich es albern fand, mit anderen dicken Frauen über Bälle zu rollen. Aber ich musste eingestehen, dass ich noch wenig bis gar keine Ahnung von dem hatte, was mich vor, während und nach der Geburt erwartete.
Einmal machte ich den Fehler und wollte Tim nach einer Einkaufstortur zum Essen einladen. Ich holte mir eine klassische Abfuhr ab: »Sonst gerne, aber heute muss ich dringend weg«, und machte den Fehler kein zweites Mal. Essen gehen hatte nichts mit dem Baby zu tun und war folglich tabu. Trotzdem fing ich an dem Abend an, etwas realistischer über die Zukunft von Tim und mir und dem Baby nachzudenken. Unsere Treffen machten Spaß, keine Frage, selbst der Schwangerschaftskurs hatte mit Tim an meiner Seite seinen Reiz. Aber zwischen uns lag immer eine gewisse Spannung in der Luft, und ich wusste nicht, ob es der Rest unserer ausklingenden oder vielleicht das Kribbeln einer neu beginnenden Beziehung war. Bei mir war es eher das Letztere. Ich freute mich viel zu sehr über jede noch so kurze Verabredung mit Tim, als dass ich ihn endgültig meiner Sammlung von Exfreunden hinzufügen wollte.
Ständig
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