Geheimorder Riesenauge
gehabt haben. Anstelle unserer Anzeigegeräte mit digitalen, optischen oder mechanischen Zeigern hatten sie Farbsignale benützt. Sowohl die Farbe als auch die Anordnung der verschiedenen Signale zueinander hatten jeweils eine besondere Bedeutung und waren nach unserer Ansicht weitaus informationsträchtiger als unsere konventionellen Anzeigemethoden. Leider war unser Sehvermögen weitaus weniger ausgebildet als das unserer Vorgänger, das zwei um einen Wellenlängenunterschied von nur zehn Angström-Einheiten getrennte Farbtöne als deutlich voneinander verschiedene Farben hatte wahrnehmen können.
Diese Schwierigkeit hatte Allisons Team, unterstützt von unserem Chefmathematiker el-Haifara, beseitigt. Allison hatte ein brillenähnliches Gerät entworfen, das allerdings in seinem Prototyp noch ein wenig klobig wirkte. Störend war vor allen Dingen der Kasten mit einer komplizierten Elektronik, etwa von der Größe einer Umhängetasche, den man angeschnallt haben mußte, wenn man sich der Brille wirkungsvoll bedienen wollte. Die Gläser der Brille bestanden in der Hauptsache aus einem hypersensitiven Filtersystem, das je nach Wellenlänge der auftreffenden Strahlung besondere Signale auslöste, die von der Elektronik verarbeitet und in mental-sensorische Impulse umgewandelt wurden, die wiederum durch winzige, unter der Kopfhaut eingearbeitete Elektroden an das Bewußtsein weitergeleitet wurden. Unter dem Einfluß dieser Impulse entstanden im Bewußtsein Farbeindrücke, die wir nie zuvor gekannt hatten. Der Träger einer solchen Brille gewann zu den leuchtenden Meßwänden, die einen großen Teil der Wandung des Kommandostands der BAPURA und auch anderer wichtiger Räume ausmachten, eine gänzlich neue Beziehung. Er sah jetzt, wenn die Farbsignale Gefahr anzeigten, nicht nur dunkles Grün, sondern Hunderte von verschiedenen Grün-Farbtönen, von denen jeder seine Bedeutung hatte.
Damit war der erste Schritt zum Verständnis der marsianischen Meßtechnik getan. Freilich wußten wir noch immer nicht, was die einzelnen Farbtöne genau bedeuteten. Dieses Rätsel jedoch hofften wir im Laufe der Zeit zu lösen: wichtig war vorerst einmal, daß wir die Farbschattierungen überhaupt voneinander unterscheiden konnten. Wir hatten die Regelung getroffen, daß in jedem wichtigen Kontrollraum – zum Beispiel im Kommandostand, in der Triebwerkszentrale und im Feuerleitstand – wenigstens zwei Leute saßen, die mit den Allisonschen Brillen ausgestattet waren und weiter nichts zu tun hatten, als auf die Farbanzeigen zu achten.
Denn Allisons Erfindung hatte noch einen anderen Nachteil: das Bewußtsein war mit dem Empfang der Elektroden-Signale so beschäftigt, daß es sich zu anderen Zwecken nicht mehr verwenden ließ. Die Farbwächter, wie wir sie nannten, verwandelten sich in dem Augenblick, in dem sie sich den Kasten umhängten und die Brille aufsetzten, in reg- und sprachlose Geschöpfe, mit denen fast keine Verständigung mehr möglich war. Es war ihnen eingetrichtert worden, daß sie sich in dem Augenblick, in dem sie eine gefahrdrohende Veränderung der Farbanzeigen bemerkten, sofort zu melden hatten. Das taten sie auch gewissenhaft – allerdings mit einer Bedächtigkeit, die einen normalen Menschen zur Verzweiflung trieb.
Immerhin: Allison hatte den schwierigsten Teil des Problems gelöst. Von jetzt an wußten wir, wann das komplizierte Monitorsystem der BAPURA uns etwas zu sagen versuchte. Wir verstanden zwar noch immer nicht, was es sagte, und es dauerte
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