Geheimorder Riesenauge
nächsten Nachbarn selten mehr als zwei Lichtjahre, und je weiter wir uns bewegten, desto geringer wurden die Abstände. Die Dichte der interstellaren Materie nahm ständig zu, und ebenso am Zunehmen waren die interstellaren Kraftströme, die Gravitationsfelder, die von den zum Teil riesigen Sonnen ausgingen, der Pegel der elektromagnetischen und der hyperstrahlenden Störgeräusche. Wir hatten großes Zutrauen zu der Technik der alten Marsianer. Wir wußten, daß sie wenigstens bis nach Yedocekon in Richtung des galaktischen Zentrums vorgestoßen waren und deshalb ein gewisses Mindestmaß an Vertrautheit mit der Astrogation in der Nähe des Milchstraßenzentrums besessen haben mußten. Aber ebenso klar war uns, daß das Raumschiff, dem wir uns anvertraut hatten, das mehr als biblische Alter von 187.000 Jahren besaß. Wir hatten schon einmal den Fall erlebt, daß der Autopilot erst im allerletzten Augenblick auf einen Versager aufmerksam geworden war, der, hätte er nicht behoben werden können, die BAPURA in ein hilfloses Wrack verwandelt und uns allesamt getötet hätte. War das der letzte Versager gewesen, den es in den komplizierten Schalt- und Regelkreisen des marsianischen Schlachtschiffs gab – oder würden noch andere zutage treten, wenn wir weiter in die sternerfüllten Tiefen des galaktischen Zentrums vorstießen und an die Maschinerie höhere Anforderungen stellten als je zuvor?
Angesichts solcher Ungewißheit hatte sich unser aller eine gewisse Fatalität bemächtigt. Unter den Männern und Frauen, denen die Lenkung der BAPURA oblag, wurde in diesen Tagen gerne mit Zahlen operiert. Wir hatten über 24.000 Lichtjahre zurückgelegt, ohne mehr als ein einziges Mal in ernsthafte Gefahr geraten zu sein. Warum sollten uns 7300 Lichtjahre nun etwas anhaben? Das Triebwerksystem unseres Schlachtschiffs arbeitete reibungslos und einwandfrei. Wir waren in die Resonanz-Krümmungszone eingetaucht, und nach 815 Lichtjahren würden wir ebenso einwandfrei wieder daraus zum Vorschein kommen. Dasselbe achtmal wiederholt – was war schon dabei? Überdies hatten wir in der Zwischenzeit eine Menge dazugelernt. Es war so gesehen höchst unwahrscheinlich, daß auf dem »kurzen« Flug zum Orgh-System ernsthafte Schwierigkeiten auftauchen würden.
Gelernt hatten wir in der Tat. In der Hauptsache dank des Erfindergeistes unseres Freundes Framus G. Allison und seiner Genossen, Bonco Kaiare und Kenji Nishimura. Allison war ein Phänomen in der Hinsicht, daß er kein Problem der Welt für zu schwierig hielt, als daß er sich nicht damit hätte befassen wollen. Wäre er ein einfacher australischer Kuhhirt gewesen und eines schönen Tages der Schwierigkeit gegenübergestellt worden, daß durch das Tal, in dem er seine Kühe weidete, ein zu heißer Wind wehte, der die Kühe träge machte und ihnen den Appetit nahm, er hätte sich wahrscheinlich ohne Zögern auf das Studium der Aeolographie gestürzt und nach Mitteln gesucht, wie man den Wind dazu bringen konnte, einen anderen Weg als ausgerechnet den durch sein Tal zu nehmen. Allisons Erfolgsrezept war einfach: wenn er ein Problem anging, und sei es auch das haarigste, dann gab es in seinem Herzen nicht den geringsten Zweifel, daß es lösbar sei. Auf diese Weise sparte er sich die Zeit nutzloser Grübeleien und erhielt sich die Kraft, zielbewußt auf die Lösung des Problems hinzuarbeiten.
Mit dieser Einstellung hatte er das Rätsel der marsianischen Farbanzeigen gelöst. Die alten Marsianer, deren Schlachtschiff wir uns angeeignet hatten, mußten ein ungeheuer scharf differenzierendes Sehvermögen
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