Geheimorder Riesenauge
lauschen, und ich – standen auf dem Podest im Zentrum des Kommandostands, das mein Schaltpult trug, und starrten voll atemloser Spannung auf die Bilder der fremden Welt, wie sie das optische System der BAPURA uns übermittelte.
»Auffällig ist die dünne Besiedelung«, erklärte Professor Scheuning in der für ihn charakteristischen bestimmten Art, die keinen Zweifel daran ließ, daß für jeden auffällig sein müsse, was er für auffällig hielt. »Es scheint fast kaum Städte zu geben.«
Immerhin hatte er recht. Auch die weiter vom Äquator entfernten Landmassen wiesen zumeist dichten, anscheinend waldartigen Bewuchs auf. Die Städte waren als große Lichtungen in der üppigen Vegetation zu erkennen, hellgraue Spinnen, die ihre dünnen Beine, unter denen wir uns Straßen vorzustellen hatten, weit in die Landschaft hinausstreckten. Es gab in der Tat wenige solcher Siedlungsballungen, und keine davon sah so aus, als beherberge sie mehr als eine Million Bewohner. Allerdings war zu erkennen, daß wir Ghostly Castle vorläufig nur von einer Seite her zu sehen bekamen. Die Tag-Nacht-Linie zog sich dicht am linken Rand des Sichtfelds quer über das Blickfeld. Daß es dort unten acht Kontinente gab, wußten wir nur aus den Beschreibungen der Orghs – solchen, die sie uns freiwillig gegeben hatte, und anderen, die wir insgeheim ihren Gedanken entnommen hatten. Sichtbar davon waren im Augenblick nur fünf. Wer mochte wissen, was auf der anderen Seite des Planeten lag. Ich konnte Scheunings Beobachtung nicht für schlüssig halten, solange ich nicht die gesamte Oberfläche der Orgh-Welt gesehen hatte.
Aber in Gedanken verglich ich den Anblick, der sich mir bot, mit dem Bild der Erde, wie es sich dem Raumfahrer darbot. Es gab da einen Unterschied, der einen zum Nachdenken veranlaßte. Die Erde kannte keine solchen weiten, offenbar unbesiedelten Flächen wie dieser Planet. Auf der Erde war jeder bewohnbare Quadratkilometer Boden genutzt – mit Ausnahme der Global-Parks, die man im Laufe der vergangenen Jahrzehnte hatte anlegen müssen, um ein Gegengewicht gegen die überhandnehmende Zersiedelung zu schaffen. Von der Zahl her gesehen schienen die Orghs nicht gerade ein mächtiges Sternenvolk zu sein. Auch fehlten der Oberfläche ihres Planeten die typischen Spuren, die eine weltweite Technisierung gewöhnlich hinterläßt.
Ich nahm alle diese Eindrücke aufmerksam in mich auf und begann, mir ein Bild von dem zu formen, was uns nach unserer Landung erwarten mochte. Allerdings kam ich nicht dazu, meine Gedanken zu Ende zu denken. Ein drängender Impuls Hannibals erreichte mich. Ich öffnete den Mental-Block und war von da an für alle optischen Eindrücke von Seiten der Bildschirme unzugänglich.
»Einige interessante Beobachtungen«, meldete der Kleine. »An Bord der beiden Orgh-Raumer ist man verzweifelt über das Schweigen der Heimat. Man hatte erwartet, daß wir sofort nach dem Auftauchen aus der Resonanzzone angegriffen würden.«
»Ganz wie wir«, antwortete ich. »Hat man eine Ahnung, warum die Orgh-Abwehr sich nicht meldet?«
»Eben nicht! Daher rührt ja die Verzweiflung. Man kann sich nicht vorstellen, warum sich da nichts rührt, und macht sich die größten Sorgen. Man denkt daran … Augenblick mal, bitte!« unterbrach er sich plötzlich.
Ich wartete. Meine Geduld wurde nur wenige Sekunden auf die Probe gestellt.
»Der Kommandeur der Expedition hat eine Entscheidung getroffen!« meldete sich Hannibal voller Aufregung. »Er will eine Funkbotschaft an eine Institution absetzen, deren Namen ich nicht ganz verstehen kann. Es hat etwas mit ›Beaufsichtigung‹ und mit
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