Geheimorder Riesenauge
er. »Die Erfahrung lehrt, daß Sie zwanzig Minuten brauchen, um das Staatsgewand anzulegen, und in weniger als dreißig Minuten gedenken Sie zu landen.«
»Die Orghs müssen eben warten, Botcher«, versuchte ich ihn abzuwimmeln.
»Das wird keinen sonderlich imposanten Eindruck machen, Sir«, behauptete Botcher. »Im übrigen gibt es noch andere wichtige Dinge zu tun.«
»Zum Beispiel …?« schnappte ich, jetzt allmählich nervös werdend.
»Die ersten Worte, die Sie auf Ghostly Castle sprechen, Sir, haben großes Gewicht. Sie sollten besonders gut überlegt sein. Vielleicht nehmen Sie sich ein paar Minuten Zeit abseits dieses Trubels und entwerfen eine kurze, aber wirkungsvolle Rede.«
Ich legte ihm die Hand auf die Schulter. Die Geste kam ihm so unerwartet, daß er zusammenzuckte und mich erschreckt anstarrte.
»Wissen Sie was, Botcher? Sie sorgen dafür, daß irgendeine Ordonnanz das Staatsgewand auf meiner Koje ausbreitet, so daß ich nur hineinzuschlüpfen brauche. Und das mit der Rede lassen Sie meine Sorge sein. Tumadschin Khan ist dem ganzen Universum als ein Rüpel bekannt. Er redet stets so, wie es ihm in den Sinn kommt, und niemand hat das Recht, seiner ersten Rede mehr Gewicht beizumessen als seiner zweiten … oder achten … oder dreiundfünfzigsten. Und jetzt, Freund Botcher, machen Sie sich aus dem Staub!«
»Staub!« murmelte er entsetzt. »Ja, aus dem Staub. Sofort, Sir!«
Und im nächsten Augenblick war er verschwunden. Einer der vielen Bildschirme auf meinem Arbeitstisch leuchtete auf. Naru Kenonewe, unser schwarzer Chefpilot, war am Interkom.
»Ich empfange das Peilzeichen, Sir«, meldete er.
»Ist es verwendbar?«
»Ohne weiteres, Sir.«
»Dann setzen Sie den Autopiloten darauf an und überlassen Sie ihm die BAPURA.«
Kenonewe grinste. Er hatte wirklich ein beneidenswertes Gebiß!
»Wird gemacht, Chef«, bestätigte er und schaltete ab.
Ich öffnete den M-Block.
»Hannibal, Kiny …?«
»Hier! Auf Posten!«
»Neuigkeiten?«
»Vorläufig keine. Auf den beiden Raumschiffen ist es ruhig, und von Ghostly Castle empfangen wir nur einen undeutlichen Wirrwarr, den wir vorläufig noch nicht auseinandersortieren können.«
»In Ordnung. Hannibal, wirf dich in Schale! Du begleitest mich als mein … Nachfolger … Kronprinz … irgend etwas …«
»Sufara-Nadihl-Khan«, unterbrach er mich. Er hatte sich den Titel selbst verliehen, bevor wir von Mars starteten.
»Meinetwegen das«, gestand ich zu. »Kiny, du bleibst an Bord und hältst die Fühler ausgestreckt, klar?«
»Klar, Chef. Ihr zwei paßt auf euch auf, wie?«
»Wie ein Auge auf das andere«, beendete Hannibal das Gespräch mit einem nicht sonderlich sinnfälligen Vergleich.
Botcher hatte recht: ich brauchte zwanzig Minuten, um mich in die monströse Montur hineinzuwürgen, die ein Team von Psychologen und Mode-Designern als das Staatsgewand des Tumadschin Khan entworfen hatte.
Ich kam gerade noch rechtzeitig, um die letzte Phase der Landung mitzuverfolgen. Wir sanken auf einen tropisch anmutenden Landstrich zu. Unmittelbar unter uns erstreckte sich eine in hellem Grau schimmernde weite Ebene – das Landefeld des Orgh-Raumhafens. An drei Flanken begrenzte dampfender Dschungel den Hafen. Nur in der Richtung, die ich nach der mutmaßlichen Tageszeit und dem Stand der grellen Sonne tentativ als Nord identifizierte, erhoben sich Gebäude, und zwanzig Kilometer weiter nördlich lag eine Stadt von bedeutendem Umfang.
Mein Stab umstand das Podest, auf dem die Chefkonsole stand, und starrte hinauf zu den Bildschirmen. Es war fast enttäuschend, daß man mir trotz der Prachtuniform so gut wie keine Beachtung schenkte. Nur Framus G.
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