Geheimorder Riesenauge
Erste Brutwächter, Euer Verklärtheit«, brachte er seinen Spruch von neuem vor. Er sprach seine eigene Sprache. Der Translator, der mir vom Hals hing, übersetzte seine Worte. »Ich habe von dem Gespräch erfahren, das Sie mit unserem Bruder Rorrhodo-Sqyn geführt haben. Rorrhodo-Sqyn handelte ohne Autorität. Er hatte kein Recht, auf die Bedingungen Euer Verklärtheit einzugehen. Das Reich der Orghs ist ein autonomes Staatsgebilde. Als Erster Brutwächter muß ich Euer Verklärtheit fragen, mit welchem Recht Sie hier eindringen und uns Ihren Willen aufzudrängen versuchen.«
Damit hatte er natürlich genau an der richtigen Saite gezupft. Ich trat auf ihn zu, bis ich unmittelbar vor ihm stand. Er war einen halben Kopf kleiner als ich, wodurch ich psychologisch im Vorteil war.
»Hör zu, Wicht!« fuhr ich ihn an. »Noch dieses eine Mal will ich Gnade vor Recht ergehen lassen und deine einfältige Frage einer Antwort würdigen. Mit welchem Recht ich hier bin, willst du wissen? Mit demselben Recht, mit dem ihr Orghs seit Jahrzehnten über fremde Sternenvölker herfallt, die euch nie im Leben etwas getan haben, um sie zu unterjochen. Kennst du dieses Recht? Es nennt sich das Recht des Stärkeren!«
Er schien unter der Last der Anschuldigung fast zusammenzubrechen. In diesem Augenblick tat er mir leid; aber ich schüttelte das Mitleid sofort und entschlossen von mir ab. In Wirklichkeit waren wir die Schwächeren, nicht die Orghs. Es brauchte nur ein winziges Detail unseres Planes schiefzugehen, und sie würden die wahre Sachlage erkennen. Und wo blieb ich dann, wenn sie den Spieß umkehrten und über uns herfielen, mit meinem Mitleid?
Plötzlich empfing ich einen scharfen, warnenden Mentalimpuls. Welcher Narr versuchte da, mich ausgerechnet im kritischsten aller Augenblicke abzulenken?
»Nicht jetzt!« antwortete ich telepathisch, und ziemlich wütend obendrein.
Aber der Rufer war hartnäckig. Der Warnimpuls bohrte sich in mein Bewußtsein.
»Hau ab!« wehrte ich ihn ab, aber im selben Augenblick, in dem ich die Sperre öffnete, um meinen Gedanken abzustrahlen, drang er seinerseits zu mir durch.
»Hör zu, Großer! Es gibt Gefahr!«
»Woher willst du das wissen? Was liegt an?« fragte ich nicht gerade freundlich.
»Sieh dich um!« forderte er mich auf. »Du stehst vor dem Rat der Dreizehn Brutwächter, nicht wahr?«
»Was soll das Geschwätz?«
»Zähl sie!«
Ich gehorchte widerwillig. Ich hatte mich bislang mit der Erkenntnis zufriedengegeben, daß wir sämtliche Zugänge besetzt hielten und den Rat damit völlig in der Gewalt hatten. Die Dinge hatten sich zu rasch entwickelt, als daß ich mich hätte mit Einzelheiten befassen können. Jetzt wurde ich durch Hannibals Warnung dazu gezwungen.
Ich überflog mit raschem Blick die Gruppe meist älterer Orghs, deren einfache Kleidung sie von den Saaldienern unterschied und als Mitglieder des Rates identifizierte. Hannibal hatte recht! Es waren nur zwölf. Der Verdacht lag auf der Hand, daß der dreizehnte unterwegs war, um irgendwelchen Aufgaben nachzugehen, die uns wahrscheinlich nicht genehm waren.
»In Ordnung«, rief ich Hannibal telepathisch zu. »Die Lage ist erkannt. Du schaltest sofort auf die Mentalebene um und unterhältst ständigen Kontakt mit Kiny. Außerdem horcht ihr beide, ob ihr den dreizehnten Brutwächter irgendwo findet. Ich will wissen, was er vorhat.«
10.
Als mein Bewußtsein in die Welt der greifbaren Dinge zurückkehrte, sah ich das Auge des ersten Brutwächters mit verwirrender Neugierde auf mich gerichtet. Solange ich telepathisch aktiv war, erstarrte ich nach außen hin in einer Art Trance. In diesem Zustand konnte man mich ansprechen, ohne
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