Gehetzt - Thriller
in der Art?« Er nickte, stellte das Taxameter auf Null und fuhr los.
Zu Dianes Überraschung schloss Gail sie in die Arme und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange. »Ich bin so froh, dass du da bist.«
»Ich auch, das kann ich dir sagen.« Diane ließ ihren Kopf auf die Lehne der Sitzbank fallen und schloss die Augen.
»Wie war deine Reise?« Gail grinste andeutungsweise.
»Ich habe die Panoramastrecke genommen. Und wie war’s bei dir?«
»Es gab ein bisschen Aufregung im Zug.«
»Das habe ich mir gedacht.«
»Und wie kommt es, dass ich trotzdem hier bin?«
»Spuck es aus!«
»Sie haben einen anderen Idioten geschnappt.«
Diane sah, dass der Fahrer sie im Spiegel beobachtete, und stupste Gail an.
»Ja«, sagte Gail. »West Virginia war aufregend. Aber ich brauchte mal eine Woche für mich allein. Sosehr ich deinen Vater auch liebe - aber ich musste mal allein sein. Was hältst du von Swarthmore?«
Diane seufzte laut. Sie hatte noch nie etwas von Swarthmore gehört, aber so wie Gail darüber redete, klang es eindeutig nach einem College. »Ich weiß nicht.« Diane knetete ihre Hände. »Ich kann mich einfach nicht entscheiden.«
»Ich würde mir darüber jetzt noch gar nicht den Kopf zerbrechen. Du hast noch jede Menge Zeit. Und das Northwestern hast du dir noch gar nicht angesehen.«
»Gutes College«, mischte sich der Fahrer ein. »Mein Sohn geht auch dahin.«
Aha. »Als Student, oder hat er schon seinen Abschluss?«, fragte Diane.
»Er ist im vorletzten Studienjahr.«
»Tja, ich bin auf der Suche nach einem Graduiertencollege«, entgegnete Diane.
»Ich weiß nur, dass er länger als vier Jahre büffeln will, aber er zahlt sein Studium selber. Ein normaler Abschluss sollte ja wohl reichen, damit er einen anständigen Job bekommt.«
»Kommt drauf an, was er machen will«, entgegnete Diane.
Der Fahrer stoppte das Taxameter und hielt in der Wagenauffahrt vor dem Holiday Inn.
Er wünschte Diane viel Glück bei ihrer Bewerbung und bedachte Gail mit einem vielsagenden Blick - wenn man Kinder hat, hören die Sorgen nie auf, nicht wahr? Gail versuchte ihr Bestes, den Blick zu erwidern. Danach betraten sie und Diane das Hotel wie zwei müde Reisende. Diane stellte ihren Rucksack neben sich und setzte sich auf eines der Sofas im Foyer. Gail ließ sich neben sie plumpsen.
»Und warum konnten wir kein Auto mieten?«, fragte Gail.
»Man braucht dafür eine Kreditkarte.«
»Ich habe eine. Mel hat mir eine gegeben.«
»Schön, dass du mir das auch erzählst.«
»Es hat sich nie ergeben.«
»Gut. Willst du zurück zur Autovermietung? Jetzt sofort?«
Gail sank ins Sofa und lehnte sich entspannt zurück. Was für ein gutes Gefühl es war, nicht in Bewegung zu sein. Ihr Körper brauchte Ruhe. Ihr Geist auch.
»Ich bin total ausgelaugt«, sagte sie. »Lass uns eine Nacht hierbleiben. Ich glaube, hier sind wir sicher und können es wagen.«
»Du sprichst mir aus dem Herzen. Ich habe gestern einen Vierhundert-Meter-Sprint hingelegt.«
»Ich bin ganz Ohr.«
»Ich fühle mich wie dreckiges Spülwasser, und vielleicht wäre es sogar eine Erleichterung, wenn jemand den Stöpsel ziehen und mich durch den Abfluss ablaufen lassen würde.«
Gail stand auf. »Warte hier. Ich checke uns ein.«
Gail nahm die Fernbedienung und machte es sich auf einem der beiden Doppelbetten bequem, die in dem Zimmer standen. Sie fand den richtigen Knopf, und der Fernseher ging an. Auf dem Bildschirm erschien ein Auswahlmenü: Bezahlfilme nach Wunsch, Free TV, Hoteldienstleistungen … Es war alles sehr verwirrend. Sie entschied sich für Free TV, und der Bildschirm sprang auf CNN um. Eine stark geschminkte Asiatin berichtete über den Aktienmarkt. Unter ihr lief ein Laufband mit den Schlagzeilen des Tages: Priester aus Akron, Ohio, wegen sexuellen Missbrauchs von siebenunddreißig Messdienern zwischen 1964 und 1972 angeklagt … Tornados in Beeville, Texas, fordern drei Todesopfer und neunundzwanzig Verletzte … Kofferfund in Damentoilette erzwingt Räumung des Amtrak-Bahnhofs von Chicago und verursacht dreistündige Verspätungen. Der Koffer war leer …
»Scheiße!«
»Was ist los?« Diane setzte sich neben sie vor den Fernseher.
»Dein Koffer.«
»Was ist damit?«
»Ich habe ihn heute Morgen im Bahnhof in der Damentoilette stehen lassen. Irgendjemand hat ihn als verdächtig gemeldet, woraufhin der Bahnhof für drei Stunden gesperrt wurde.«
»Warum hast du ihn da stehen lassen?«
»Was hätte ich denn sonst tun
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