Gehetzt - Thriller
und dann Chris. »Wann hast du sie gekauft?«
Er dachte einen Augenblick nach. »Ach, Gail! Nein! Es ist nicht so, wie du denkst! Ich habe sie vor ein paar Jahren gekauft.« Er war ehrlich. Seine Antwort war spontan gekommen. Er wollte ihr einfach nur etwas Besonderes bieten.
»Woher sollte ich das wissen?«, entgegnete sie. »Du warst schließlich schon immer ein bisschen …«
»Abgedreht? Mag sein, aber nicht so abgedreht, dass ich eine Flasche Wein aus dem Jahr beiseitelegen würde, in dem du in den Knast gekommen bist. Sag ihr das, bitte, Tom!«
Tom blieb stehen, reichte Gail eine Hand und nickte in Richtung Küche. »So durchgeknallt ist er nicht.«
Chris drückte sich an ihnen vorbei und stieg schnell die Treppe hoch; Gail ließ ihre Hand in der von Tom, während sie Chris folgten, Diane und Michelle bildeten das Schlusslicht. Es fühlte sich an wie - sie hatte Angst, es sich ein zugestehen - früher. Wie vor der Zeit, als sie sich jeglichen Gedanken an ein Wiederaufleben ihrer Beziehung aus dem Kopf geschlagen hatte. Es fühlte sich so an, wie sie es sich nachts in ihrer Zelle vorgestellt hatte, wenn sie sich daran erinnert hatte, wie Tom sie be rührt hatte und wie sie sich zueinander hingezogen gefühlt hatten. Wenn sie nur noch zu zweit gewesen waren, nach den Versammlungen, und er ihnen beiden ein Glas Wein eingeschenkt, die Kerzen angezündet, eine seichte Musik aufgelegt und ihren Körper leise stöhnend mit Küssen erkundet hatte. Mein Gott, war das lange her! Sie stieg
die Treppe hoch, hielt seine kräftige warme Hand und fühlte sich so lebendig wie seit einer Ewigkeit nicht mehr. Sie musste aufhören. Unbedingt. Der Atem blieb ihr im Hals stecken. Sie wollte nicht, dass es auf diese Weise passierte. Sie entwand ihm ihre Hand, und Tom ließ sie ohne Weiteres los, wandte sich zu ihr um und lächelte wieder. Sie umfasste das Treppengeländer und zog sich an dem Geländer hoch zurück ins Erdgeschoss.
In der Küche zog Chris beim Umfüllen des Weins eine große Show ab und schenkte allen erst mal Mineralwasser ein, während er den Cabernet noch ein we nig atmen ließ. »Wenn ich hier auf eins verzichten könnte«, sagte er, »dann auf das Wasser in diesem Teil des Landes. Entweder enthält es jede Menge Schwefel oder jede Menge Kalk, je nach Beschaffenheit des Bodens. Unser Wasser hier ist extrem kalkhaltig. Ihr seht es an unserer Badewanne.«
»Das Wasser aus der Leitung kannst du nirgends mehr trinken«, bemerkte Tom. »Aber oft genug ist das abgefüllte Wasser auch nicht besser. Seht euch nur an, was sie bei Coke und Pepsi machen. Ihr kennt doch alle Dasani, das Mineralwasser, das sie auf den Markt gebracht haben? Unsere gute alte Coca-Cola Company! Sie nehmen einfach stinknormales Leitungswasser, jagen es durch ei nen Filter, füllen es ab und verlangen Geld dafür.«
»Das wusste ich gar nicht«, sagte Michelle. »Sie schrecken wohl vor nichts zurück, oder? Vielleicht gehören sie tatsächlich zur CIA.« Sie kicherte über ihre eigene Bemerkung.
»Ich weigere mich, Geld für Wasser zu bezahlen«, warf Diane ein. »Jedenfalls kaufe ich es mir nicht im Supermarkt. Vielleicht hat Leitungswasser nicht gerade den Supergeschmack, aber ich kann damit leben. Wenn du von Kindheit an mit etwas groß geworden bist, gewöhnst du dich daran. Ich merke nicht mal, ob es schmeckt oder nicht.«
»Und das Chlor?«, fragte Tom. »Riechst du es denn nicht?«
»Nicht wenn es aus einem Brunnen kommt.«
»Stimmt. Das kann höchstens mit Düngemitteln verseucht sein.«
»Heutzutage kann man das Wasser darauf testen«, sagte Chris. »Es gibt doch inzwischen für alles Tests.«
»Stimmt«, entgegnete Tom. »Nur keinen Eignungstest für Präsidentenanwärter.«
Gail ließ ihren Blick von einem zum anderen wandern und versuchte, der Unterhaltung zu folgen, doch Toms Anwesenheit überwältigte sie. Diane und Tom rangelten ein bisschen darum, wer neben Gail zu stehen kam, bis Diane sich geschlagen gab und sich wieder zu seiner Linken zwischen ihn und Chris quetschte. Gail spürte die Hitze, die Toms Körper ausstrahlte; er ges tikulierte, während er mit Diane sprach, und rieb dabei scheinbar unbewusst seinen Arm an dem von Gail, ließ sie aber gleichzeitig wissen, dass er sich seiner Berührung durchaus bewusst war und mehr wollte. Dass er sie wollte. Für sich allein. Dass er wollte, dass sie zusammen waren. Sie war sich nicht sicher, ob sie das ertragen würde. Ihre aufgewühlten Gefühle ließen ihr Herz
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