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Gehetzt - Thriller

Titel: Gehetzt - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Wozencraft Baerbel Arnold Velten Arnold
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rasen und ihre Gedanken durcheinanderwirbeln, als wäre sie ein hilfloser Teenager mit Zahnspange, der sich selbst absolut unattraktiv findet und seinen ersten Highschool-Abschlussball durchleidet.
    »Chris«, sagte Michelle schließlich, und Gail fragte sich, ob Michelle ihre innere Zerrissenheit irgendwie wahrgenommen hatte. »Was ist denn jetzt mit dem Wein?«
    Gail sah zu, wie sich die rubinrote Flüssigkeit kräuselnd in ihr Glas ergoss, und ihre Gedanken wanderten zu dem Tag, an dem sie mit dem Bus vor das Haupttor des Gefängnisses gebracht worden war. Einem alten, dunkelblau lackierten Schulbus, dessen Fenster mit Maschendraht gesichert gewesen waren, der den Himmel in trübe graue Rauten zerschnitten
und wie eine Hand voller Fünfcentstücke gerochen hatte. Noch immer in Handschellen und mit Ketten an den Füßen war sie aus dem Bus und durch das Eingangstor des Gefängnisses geführt worden. Sie sah es noch vor sich, die immer wieder übermalten Schichten gelber Farbe auf dem rie sigen Metalltor, die sieben Meter hohen Ziegelsteinmauern, die Blicke auf den Gesichtern der zur Linken im großen Gefängnishof eingesperrten Sträflinge, denen die Neuankömmlinge leidtaten und die sich gleich zeitig über den Nachschub freuten, weil es bedeutete, dass dann auch bald welche würden gehen müssen.
    »… unsere liebe Freundin Gail«, sagte Chris. Sie nahm ihr Glas und hielt es vor sich. Chris warf ihr einen Blick zu und sah, dass sie mit ihren Gedanken wieder bei ihnen war. »Die sowohl für ihre Überzeugungen eingetreten ist als auch für die, die mit ihr ge kämpft haben. Auf Gail, die in unseren Augen eine wahre Heldin ist. Möge deine Zeit draußen so produktiv sein wie die Zeit, die du hinter Gittern verbracht hast, und mögest du ausreichend Glück finden, damit die bitteren Erinnerungen an deine lange Zeit hinter Gittern allmählich verblassen. Nein, wartet, du sollst nicht nur ausreichend Glück finden, sondern jedes nur erdenkliche Glück, und, ach, was erzähl’ ich da für einen Mist, mir fällt nur noch eins ein: Gott sei Dank, dass du draußen bist! Wir lieben dich alle. Gott sei Dank, dass du frei bist. Möge deine Freiheit lange währen!«
    Sie stießen an, und Gail spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Sie nippte zögernd an ihrem Wein, und zum Glück schmeckte er nicht süß; süßen Wein hätte sie nicht gemocht. Er war weich und trocken, genau wie er sein sollte. Sie wischte ihre Tränen weg, und im gleichen Moment schlossen Chris und Michelle sie in die Arme, und dann kam auch noch Tom hinzu und schlang seine muskulösen Arme um sie und
Chris, und sie lagen sich alle vier hin- und herschwan kend in den Armen, hielten ihre mit 1986er Jahrgangs-Cabernet gefüllten Gläser hoch und achteten darauf, keinen Tropfen zu verschütten. Gail erhaschte einen Blick auf Diane, die am Küchentresen lehnte und an ihrem Glas schnupperte. Auch wenn Gail es sich nie und nimmer hätte vorstellen können, sah sie in Dianes Augen Tränen glänzen.
    Gail trat zurück und erhob noch einmal ihr Glas. »Auf meine Freundin Diane«, sagte sie und hielt ihr Glas in Dianes Richtung, »denn ihr könnt Gott danken, so viel ihr wollt - wäre Diane nicht gewesen, wäre ich jetzt nicht hier.«
    Diane erhob ihr Glas, und sie stießen an und ließen die Gläser klingen. Diane verlagerte ihr Gewicht von einem nackten Fuß auf den anderen und ließ genießerisch den Wein ihre Zunge umspülen. Schließlich schluckte sie, nickte Chris anerkennend zu, sah Gail in die Augen, grinste und sagte: »Sollen sie uns doch alle am Arsch lecken und weiter Fischstäbchen fressen!«
    Chris lachte herzhaft, stampfte mit dem Fuß auf und schüttelte den Kopf. »Du sprichst mir aus der See le.« Dann wurde er ernst und fragte wie aus heiterem Himmel: »Wie war es denn, ein Bulle zu sein?«
    Tom räusperte sich und fragte Chris, ob er mal telefonieren könne. Als Chris auf das Wandtelefon zeigte, bedankte sich Tom mit einem Nicken, nahm das Gerät aus der Station, entschuldigte sich und ging auf den Flur, wo er allein war. Diane sah ihm nach und fragte sich, warum er nicht vor seinen Freunden telefonieren konnte. »Und? Wie war es denn nun?«, hakte Chris nach.
    Einer von Dianes Mundwinkeln hob sich zu einem angedeuteten hämischen Grinsen. »Oh«, sagte sie. »Die immer wiederkehrende Frage. Alle Nichtpolizisten, selbst Leute, die hoch und heilig schwören, ums Verrecken keine Bullen werden
zu wollen, wollen immer wissen, wie es ist, bei

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