Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gehetzt - Thriller

Titel: Gehetzt - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Wozencraft Baerbel Arnold Velten Arnold
Vom Netzwerk:
geht’s gut.«
    »Was hast du denn?«

    Gail lachte kurz auf und zuckte mit den Achseln.
    »Es ist ein fach alles so … so … zivilisiert.« Sie nahm einen Schluck von dem eisgekühlten Wasser aus dem vor ihr stehenden Kelch. »Du weißt doch, wie es ist, im Knast zu sein. Du weißt doch, wie furchtbar es war, obwohl du nur so kurz drin gewesen bist, oder?«
    Diane nickte und schauderte beinahe von der bloßen Erinnerung.
    »Ich bin reingekommen, als du sechs Jah re alt warst, stell dir das bitte mal vor. Ich befinde mich hier draußen momentan noch in einer Art Schockzustand.«
    Diane zuckte zusammen. Es war unfassbar. Sie konnte sich absolut nicht vorstellen, so lange eingesperrt zu sein. Sechs Jahre alt. Das war eine Ewigkeit her. Sie hatte kaum noch Erinnerungen an die Zeit, als sie sechs gewesen war, aber sie erinnerte sich daran, dass es das Jahr gewesen war, in dem ihr Onkel John zu Besuch gekommen war und mit ihr und Kevin einen Ausflug in den Carlsbad-Caverns-Nationalpark gemacht hatte und sie Hunderte und Aberhunderte von Fledermäusen gesehen hatten, die bei Sonnenuntergang aus ihren Höhlen geflattert waren. Und dann hatte er sie mit zu sich nach Hause genommen auf seine kleine Ranch, einen so platten und gottverlassenen Ort irgendwo draußen in der Nähe von Lubbock, wie man ihn sich nur vorstellen konnte. Oder zumindest hatte sie ihn so in Erinnerung. Aber ihr Onkel hatte drei Pferde gehabt und sie und Kevin mit den beiden zahmeren ins Umland ausreiten lassen, und sie hatten so viel Spaß gehabt wie noch nie in ihrem Leben. Es hatte Diane beinahe das Herz gebrochen, als Onkel John sie wieder ins Auto gepackt hatte und sie die Tagesreise zurück nach Osttexas zu ihrer Mutter angetreten hatten. Sie hatte sich in Sylvie verliebt, die widerspenstige Stute, die sie zwei herrliche Wochen lang beinahe täglich geritten hatte, und das
Letzte, wonach ihr der Sinn gestanden hatte, war gewesen, zurück nach Hause zu fahren. Denn sie hatte ja gewusst, was sie dort erwartete.
    Doch bei ihrer Rückkehr hatte ihre Mutter ganz anders ausgesehen. Ihr Gesicht war nicht mehr so rot und aufgedunsen gewesen wie manch mal, statt nach Martini hatte sie nach Pfefferminz gerochen, und sie hatte sie mit einem richtigen Lächeln empfangen, in dem allerdings etwas Verängstigtes gelegen hatte. Sogar Kevin hat te sie umarmt, obwohl Diane ihm angesehen hatte, dass er dem Braten nicht ganz getraut hatte. Ihre Mutter hatte sie für einen langen Moment an sich gedrückt, und dann hatte sie Onkel John umarmt, ihm für alles gedankt und ihn noch auf einen Eistee hineingebeten. Er hatte die Einladung an genommen, war je doch nur lange genug geblieben, um ihr zu sagen, dass sie wirklich gut aussehe und er hoffe, dass jetzt al les ein facher für sie werde, bevor er wieder in seinen himmelblauen GMC gestiegen und Richtung Highway davongebraust war.
    Später an jenem Abend hatten Kevin und Diane im Garten hinter dem Haus unter ihrer Lieblingspinie gesessen. Diane hatte zu Kevin gesagt, dass ihre Mutter ihr so verändert erscheine.
    »Sie ist trocken«, hatte Kevin entgegnet, aber in seiner Stimme hatte Wut mitgeschwungen. »Sie hat eine Reha gemacht.«
    »Was ist eine Reha?«
    »In einer Reha wird man vom Saufen oder von Drogen entwöhnt oder von dem, wonach man sonst süchtig ist, Würstchen.«
    »Ich bin kein Würstchen.« Er hatte sie schon immer so genannt, und irgendwann war aus dem Spottnamen ein Kosename geworden. »Und wie lange hält es an?«
    »Manchmal für immer«, hatte er erwidert. »Du kennst doch meinen Freund George. Sein Daddy hat vor vier Jah ren eine
Reha gemacht und seitdem keinen Tropfen mehr angerührt. Bei ihm scheint es gewirkt zu haben.«
    »Glaubst du, dass es bei Mum auch wirkt?«
    »Wollen wir’s hoffen«, hatte Kevin erwidert.
    Es hatte geschienen, als hätte es gewirkt. Ihre Mum war standhaft trocken geblieben, hatte sogar einen Job im Korner Koffee Kup be kommen und war dazu über gegangen, morgens ihr Bett zu machen und Kevin und Diane anzuhalten, das Gleiche zu tun. Das war das Einzige gewesen, was Diane nicht so daran gefallen hatte, dass ihre Mutter plötzlich trocken gewesen war - dass sie auf einmal jeden Tag ihr Bett hatte machen müssen. Aber sie hätte ihr Bett liebend gerne immer gemacht, ja, sie hätte es sogar jeden Morgen auseinandergenommen und wieder zusammengebaut, wenn es bedeutet hätte, dass ihre Mutter die Finger vom Alkohol ließ.
    Doch es waren gerade mal sechs Wochen gewesen -

Weitere Kostenlose Bücher