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Gehetzt

Titel: Gehetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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würdigen.
    Unter dem Brückenbogen baute Reynolds schweigend den Kocher auf, steckte den weißen Trockenspiritus in die Halterung, zündete ihn an und deckte den Brenner mit einer Metallkappe ab. Dann nahm er seinen Kessel und verschwand stromaufwärts. Barnes vermutete, daß er zu Pierres Wasserloch gegangen war, um sich die Fische anzuschauen, denn er blieb ziemlich lange weg.
    Der Kocher gehörte nicht zur Standardausrüstung, doch viele Dinge wie beispielsweise ihre Kampfmesser standen nicht auf den offiziellen Beschaffungslisten. Barnes hatte von Anfang an dafür gesorgt, daß sein Panzer im Notfall auch als unbändige Kampfabteilung operieren konnte, obwohl er sich selbst in seinen schlimmen Befürchtungen niemals eine solche Situation, weit hinter den Linien des Feindes ohne Verbindung zur eigenen Truppe völlig auf sich selbst gestellt zu sein, hatte träumen lassen. Der Sergeant wunderte sich nicht über Penns Gereiztheit und Reynolds Trödelei bei der Zubereitung des Essens. Die zwei hatten seit ihrer Ankunft in Fontaine kaum mehr als vier Stunden Schlaf pro Nacht bekommen, und auch ihre Tour heute war nicht gerade eine Spazierfahrt gewesen.
    Keiner von uns kann gegen den Feind etwas ausrichten, solange wir nicht ausgeruht sind, dachte er. Also machen wir uns eine Zeit lang unsichtbar und schlafen uns aus. Hoffentlich haben wir eine ruhige Nacht.
    Er stieg zur Brücke hinauf, um Penn abzulösen.
    Sie waren zu müde, um miteinander zu reden. Schweigend aßen sie ihre Ration im flackernden Schein des Spirituskochers. Pierre, Penn und Reynolds saßen nebeneinander auf dem Fußweg unter der Brücke. Das Wasser gluckerte über die Ketten des Panzers. Es war jetzt fast völlig dunkel, und im bläulichen Licht der Flammen wirkte der Stahlkoloß riesig und drohend, wie ein abschreckendes Mahnmal in einem Kriegsmuseum.
    Penn fluchte und klatschte sich mit der Hand in den Nacken.
    Es war schon nach 22 Uhr, doch die Luft war schwül, und die Mücken wurden allmählich eine richtige Plage. Eine war besonders hartnäckig, ständig hörte er ihr Summen dicht an seinem Ohr. Penn beeilte sich mit dem Essen, damit Barnes oben auf der Brücke nicht zu lange hungern mußte. Er hatte sich mit ihrer Situation abgefunden, fand Barnes’ Idee, im Schutz der Brücke zu kampieren, inzwischen sogar ausgesprochen gut. Es war, als ob sie in einer Höhle übernachteten, was er als Junge immer gern getan hatte. Er durfte nicht vergessen, Barnes’ Verband zu wechseln. Er würde darauf bestehen, die erste Wache zu übernehmen.
    Vielleicht konnte er damit seine Widerborstigkeit während des Tages etwas wettmachen.
    Eine halbe Stunde später hatte er Barnes den Verband gewechselt und danach auf der Brücke Posten bezogen. Der Sergeant war froh, den Notverband los zu sein. Er fühlte sich unglaublich müde, obwohl er sich das selbst nicht eingestehen wollte. Während er seine Jacke wieder überzog, beobachtete er Pierre aus den Augenwinkeln. Deutlich hatte er gespürt, wie der Junge ihn einige Minuten abschätzend musterte.
    »Wahrscheinlich werden wir dich morgen an einem geeigneten Ort absetzen«, sagte er zu ihm.
    »Das bleibt Ihrer Entscheidung überlassen.«
    »Stimmt genau. Deswegen ist es besser, wenn du jetzt eine Mütze voll Schlaf nimmst. Wir haben morgen einen anstrengenden Tag vor uns.«
    »Ich möchte auch zur Wache auf der Brücke eingeteilt werden, Sergeant.«
    »Schön, mal sehen. Doch jetzt sei still und leg dich hin.«
    Fünf Minuten später lag Pierre lang ausgestreckt neben dem Weg, seine Füße neben Barnes’ Kopf, den Rücken gegen die Brückenmauer gelehnt. Über seinen Körper hatte er eine Armeedecke gebreitet. Reynolds wusch noch das Geschirr im Fluß ab und machte sich dann ein Lager am Ufer oberhalb von Bert. Normalerweise schlief er sehr unruhig, und deshalb zog er seine Armeedecke eng um den Leib aus Furcht, sie während der Nacht ins Wasser zu schieben. Doch kaum hatte er sich niedergelegt, war er schon in einen tiefen Schlaf der Erschöpfung gesunken und schnarchte laut.
    Barnes dagegen fühlte sich zwar schlapp, aber nicht müde. Es war jetzt etwa 23 Uhr, und in zwei Stunden mußte er Penn ablösen. Reynolds würde die letzte Schicht übernehmen. In Barnes’ Kopf überschlugen sich die Gedanken: Sie mußten unbedingt ein geeignetes Objekt finden, um den Deutschen einen empfindlichen Schlag zu versetzen.
    Ohne es zu bemerken, versank er in einen unruhigen Schlummer, obwohl eine Stimme in seinem Innern ihn

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