Gehetzt
verzweifelt mahnte, wach zu bleiben.
3
Freitag, 24. Mai
»Sergeant, aufwachen! Schnell, wachen Sie auf!«
Barnes schlug die Augen auf und blinzelte. Seine Hand schloß sich um den Revolver, den er unter der Decke verborgen hielt.
»Was ist los, Penn?«
»Kommen Sie mit auf die Brücke! Wir bekommen Gesellschaft.«
Barnes hatte vorsichtshalber die Stiefel anbehalten; er richtete sich langsam auf und schaute zu Pierre hinüber. Dabei knipste er kurz die Taschenlampe an und schirmte ihren Strahl mit der Hand ab. Der Junge lag noch genauso da wie beim Einschlafen; eine Hand lag auf der Decke. Barnes schaltete die Lampe aus und taumelte auf die Füße, wäre beinahe in den Fluß gefallen.
Vom Panzer her ertönte lautes Schnarchen. Reynolds nutzte seine Ruhepause gut. Barnes folgte Penn die Brückenböschung hinauf. Er stemmte die Füße fest in den Boden und ertastete sich mit der Hand den Weg. Die Leuchtzeiger der Uhr, die er sich von Penn geliehen hatte, zeigten 1.30 Uhr.
Noch zweieinhalb Stunden bis zum Morgengrauen.
Penn hatte ihn eine halbe Stunde länger schlafen lassen.
Oben auf der Brücke blieb der Sergeant wie angewurzelt stehen. Ein Schauer lief ihm kalt über den Rücken.
Der Mond stand am Himmel und erhellte die Landschaft ringsum mit seinem blassen Schein. Vom Süden her näherte sich eine lange Scheinwerferkette der Brücke. Durch die nächtliche Stille drang deutlich das schwache Brummen zahlreicher Motoren zu ihnen herüber. Barnes versuchte, die Fahrzeuge zu zählen, gab aber bei zwanzig auf. Und das war nur ein kleiner Teil der Scheinwerferkette gewesen.
»Penn, wecken Sie Reynolds, aber leise. Er soll in seine Stiefel springen.«
»Und Pierre?«
»Unter keinen Umständen wecken!«
Barnes blieb oben stehen und wartete. Er fröstelte ein wenig in der Kälte. Die ersten Scheinwerfer näherten sich, das Motorengebrumm wurde lauter. Das war kein Flüchtlingstreck, der da über die Brücke wollte. Dafür war die Lichterkette zu geordnet. In der Kolonne hielten die Fahrzeuge ausreichenden Abstand voneinander. Barnes schätzte ihr Tempo auf etwa dreißig Stundenkilometer. Er neigte den Kopf und lauschte angestrengt, hörte aber keine Flugzeuge am Himmel. Zwar vernahm er das sanfte Plätschern der Wellen, die Berts Rumpf umspielten, doch wurde es von den Motorengeräuschen der sich nähernden Armada, einer Heereskolonne von unglaublicher Kampfkraft, fast ganz übertönt. Waren es Engländer, Franzosen oder – Deutsche? Von dieser Frage konnte ihr Leben abhängen.
Penn kam wieder zu ihm herauf. Barnes lauschte angestrengt.
Nein, er hatte sich nicht getäuscht. Das Motorengeräusch wurde von einem vertrauten Klang überlagert – dem hellen Rasseln von Panzerketten. Eine ganze Panzerkolonne rollte auf sie zu.
Barnes stolperte die Böschung hinunter und schaltete unter der Brücke kurz seine Taschenlampe ein. Reynolds stand neben Pierre, der sich gerade seine Schuhe zuband. Der Junge hatte sein Haar gekämmt und schaute zu Reynolds auf, der seinen Revolver in der Hand hielt.
»In ein paar Minuten werden sie die Brücke überqueren«, zischte Barnes. »Wahrscheinlich eine Panzerkolonne. Ihr beide bleibt hier unten, bis ich zurückkomme – egal, was geschieht. Haben Sie verstanden, Reynolds?«
Er bedachte den Fahrer mit einem langen Blick und hastete wieder zum Nordende der Brücke hinauf, wo Penn wartete.
Als er oben ankam, sah er gerade noch, wie der Corporal im Laufschritt von der Straße verschwand. Sofort ging Barnes hinter einem dichten Gebüsch ein paar Meter seitlich in Deckung. Im nächsten Augenblick hörte er das laute Knattern eines Motorrades. Ein Scheinwerfer flammte auf, huschte über die Brücke und schwenkte um die Kurve in Richtung Norden.
Ein zweites Motorrad folgte. Sein Scheinwerfer beleuchtete kurz das erste Motorrad, und Barnes konnte deutlich den Soldaten im Seitenwagen erkennen. Er trug einen puddingförmigen Stahlhelm und hielt die Maschinenpistole schußbereit vor der Brust.
Jesus! Es waren Deutsche.
Die erste Motorradstreife fuhr in Richtung Fontaine weiter, doch das zweite Krad verlangsamte das Tempo und hielt auf den Abhang zu. Sein Scheinwerfer huschte über den Busch, unter dem Barnes in Deckung lag. Auf der Grasnarbe neben der Straße blieb es mit laufendem Motor stehen. Der Soldat im Seitenwagen stieg aus. Das Motorrad rollte davon. Der Posten kam zur Brücke zurück und spähte über das Geländer. Barnes wagte kaum zu atmen.
Eine Stablampe flammte auf,
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