Gehetzt
Feldern verstecken.«
»Nein, wir werden sie hier willkommen heißen – auch quasi als Tarnung. Solange wir uns am Straßenrand aufstellen, um sie als Helden zu bewundern, sind sie ganz zufrieden und glücklich. Kommen Sie, trinken Sie einen Schluck Wein.«
»Nein, ich werde hierbleiben und Penn ablösen. Warum wirft Etienne die restlichen Ballen auf den Hof?«
»Um etwas Unordnung zu machen, die ihre Aufmerksamkeit von anderen Dingen ablenken soll, wenn sie vorbeikommen. Überlassen Sie ruhig alles mir, und machen Sie sich keine Sorgen, wenn Sie bei der Ankunft der Boches Qualmwolken sehen. So, und jetzt trinken wir auf den Panzer. Marianne wird Ihnen ein Glas Wein herausbringen.«
Barnes begab sich zur Straßenmitte und beobachtete von dort aus die verlassene Hügelkuppe. Was war, wenn die Panzer nicht kamen – nach all ihren Mühen? Aber sie hatten auf dieser Seite von Beaucaire gestoppt, und er erinnerte sich, daß es außer zwei kleinen Landstraßen keine Abzweigungen von dieser Hauptstraße gab.
Würden sie mit ihrer List durchkommen? Barnes betrachtete nochmals den Heustapel. Er wirkte tatsächlich echt. Die Deutschen durften nur nicht mit ihren Bajonetten darin herumstochern. Und selbst wenn, mußten die Seitengewehre schon ziemlich lang sein, um an Berts Hülle zu kommen.
Außerdem war dies eine Tarnung, die nicht in den Kriegslehrbüchern geschrieben stand.
Ab und zu sah Barnes in die andere Richtung nach Cambrai oder suchte den tiefblauen Morgenhimmel ab. Kein Wölkchen war zu sehen und – viel wichtiger – kein einziges Flugzeug.
Man mochte kaum glauben, daß Krieg war.
Wenige Minuten später, genau um 7.15 Uhr, hastete Barnes mit langen Sätzen auf das Haus zu, aus dem Marianne gerade mit einem Glas Wein in der Hand heraustrat. Er würde dieses Glas nie leeren können. Er hatte gerade den ersten deutschen Panzer über den Hügelkamm kriechen sehen.
Sie lagen ausgestreckt in einem Graben, ein gutes Stück vom Haus entfernt. Barnes konnte es immer noch gut sehen. Der Graben war ausgetrocknet und von Unkraut überwuchert. Die Deutschen mußten schon über sie stolpern, um sie in ihrem Versteck zu entdecken. Der Graben lag weitab vom Haus, von der Straße und von der Scheune, wo sie den Renault versteckt hatten. Penn, Jacques und Reynolds lagen hinter Barnes, der die Maschinenpistole schußbereit vor der Brust hielt. Der Sergeant hatte Jacques absichtlich zwischen seine beiden Kampfgefährten plaziert, denn er war sicher, daß sie hier zwei oder drei Stunden ausharren mußten, und er wußte nicht, wie ausdauernd der Junge war. Er hatte Reynolds beiseite genommen und ihm präzise Anweisungen gegeben.
»Sollte er die Nerven verlieren, und Sie sehen keine andere Möglichkeit, ziehen Sie ihm den Revolver über den Kopf.«
Durch ein Büschel Unkraut konnte Barnes den Hof und ein Stück der Straße einsehen. Das Bild war ungemein friedlich, eine Idylle ohne eine einzige Menschenseele. Sein Blick fiel auf den Heustapel, der sich gut in diese Szenerie einfügte. Zum zweitenmal innerhalb von zwölf Stunden war Bert allein.
Barnes’ Körper versteifte sich. Auf der Straße unterhalb des Hauses hörte er das Knattern eines Motorrades. Die Streife mußte den Panzer an der Spitze überholt haben und brauste jetzt heran. Ein Krad mit Seitenwagen kam in Sicht, bog von der Straße ab und rollte auf den Hof vor dem Wohnhaus.
Penn fragte mit gedämpfter Stimme: »Sind sie da?«
»Nur ein Motorrad mit Seitenwagen. Sie sind zum Hof eingebogen.«
»Hoffen wir, daß Mandel mit ihnen klarkommt.«
»Das wird er, solange sie nicht in dem Heuhaufen herumstochern.«
»Da qualmt etwas – direkt unterm Dach.« Penn stützte das Kinn auf den Grabenrand. »Sie können doch nicht schon den Hof angezündet haben.«
»Nein. Der schlaue Alte hat die übriggebliebenen Heuballen, die Etienne in den Hof geworfen hat, angezündet. Damit will er die Aufmerksamkeit der Deutschen ablenken.«
Zum erstenmal fragte sich Barnes, welchen Dienstgrad Mandel im Ersten Weltkrieg wohl gehabt haben mochte.
»Irgendein Zeichen von den beiden Deutschen?« wollte Penn wissen.
»Nein, wahrscheinlich stehen sie noch vorm Haus. Nehmen Sie den Kopf herunter. Und informieren Sie die anderen.«
Auf der Straße schob der erste schwere deutsche Panzer seine Nase am Haus vorbei, der Kommandeur stand aufrecht im Turm. Die Kampfmaschine schien über die Straße zu schweben, und über das offene Feld drang das leise Klirren der rotierenden
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