Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gehirnfluesterer

Gehirnfluesterer

Titel: Gehirnfluesterer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Dutton
Vom Netzwerk:
Graduiertenprüfungen (GRE) herausgesucht und zu einem Test zusammengestellt. Diesem unterzogen sie zwei Gruppen
     von Amerikanern: eine Gruppe aus Afroamerikanern und eine aus Weißen. Anschließend verglichen sie die Testergebnisse. Einige
     Monate später, Wahlkampf und Wahl waren vorüber und Obama war inzwischen im Amt, wiederholten sie den Test mit denselben Gruppen.
     Wieder verglichen sie die Ergebnisse.
    Friedman und seine Mitarbeiter hofften, das Gegenteil dessen zu finden, was ihre Vorgänger in den 1990er-Jahren festgestellt
     hatten. Diese hatten Studenten mit identischen Ergebnissen im Studierfähigkeitstest (SAT Scholastic Assessment Test) noch
     einmal durch Prüfungen geschickt, die Ergebnisse verglichen und herausgefunden, dass Afroamerikaner schlechter abschnitten,
     wenn sie zuvor über ihre ethnische Herkunft Auskunft geben mussten. Der Grund lag auf der Hand. Wenn Studenten das Feld »Afroamerikaner«
     ankreuzten, lieferten sie nicht nur eine demografische Angabe, sondern dieses Kreuzchen hatte Rückwirkungen auf sie: Es aktivierte
     auch bei den Betroffenen selbst das Rassestereotyp, dass Afroamerikaner im Studium unterlegen sind. Auch sie hörten die Botschaft
     »No, you can’t«.
    Fast zwanzig Jahre später suchte Friedman nun nach dem Ausgleichstreffer, nach dem Faktor, der das Spiel umkehrte. »Obama
     hat die Menschen offensichtlich begeistert, und wir fragten uns, ob er auch zur Verbesserung des Abschneidens von Schwarzen
     in diesen für ihr Fortkommen so wichtigen Tests beigetragen hatte«, sagte er. Tatsächlich stellte sich das heraus. Obamas
     Erfolg zeigte Wirkung.
    Vor Obamas Nominierung hatten Weiße im Durchschnitt zwölf von zwanzig Fragen richtig beantwortet, Schwarze dagegen nur 8,5.   Aber Tests, die unmittelbar nach Obamas Nominierungsrede und dann noch einmal nach seiner Inaugurationsrede durchgeführt wurden,
     brachten signifikant andere Ergebnisse: In beiden Fällen hatten sich die Leistungen von Afroamerikanern erhöht und der rassebedingte
     Unterschied war geschwunden.
    Die Leute waren in der kurzen Zeit nicht alle so viel klüger geworden. Schließlich handelte es sich nur um Monate. Was sich
     hier zeigte, war schlicht die Kraft der Überzeugung. Auch sie glaubten nun: »Yes, we can.«
    Zwei unterschiedliche Mentalitätstypen
    Friedmans Ergebnisse müssten noch in weiteren Experimenten bestätigt werden. Der extreme Ausschlag bei den Leistungen übertraf
     seine eigenen Erwartungen, das hat er selbst zugegeben. Aber Friedman und seine Mitarbeiter sind wohl auf der richtigen Spur.
     Wie hat schon Henry Ford mal gesagt: »Ob du nun glaubst, du kannst es, oder ob du das nicht glaubst – recht hast du immer.«
    Wie Jeff Stone, Psychologe an der University of Arizona, auf dem Gebiet des Sports nachweisen konnte, leben wir offensichtlich
     in einer Welt situationsbedingter Überzeugungen. Er ließ Schwarze und Weiße auf dem Golfplatz gegeneinander antreten. Stones
     Ergebnis: Wird das Golfspiel als ein Test sportlicher Begabung angesetzt, sind es die schwarzen Spieler, die bessere Punktzahlen
     erreichen. Wird das Spiel jedoch vorab zum Test strategischer Fähigkeiten erklärt und die Frage sportlicher Begabung ausgeblendet,
     ändern sich die Chancen. Nun sind es die Weißen, die den Fairway beherrschen, den Schwarzen bleibt das Rough. Und da gab es
     ja auch noch Margaret Shih und ihre Asiatinnen beim Mathetest. Asiatinnen, Sie erinnern sich, schneiden dabei besser ab, wenn
     sie sich selbst als »Asiatinnen« sehen, also das Rassestereotyp aktivieren. Schlechter dagegen, wenn sich das Scheinwerferlicht
     plötzlich auf ihre Geschlechtszugehörigkeit richtet, wenn sie sich selbst als »Frauen« sehen.
    Die Frauen haben nicht aus heiterem Himmel und wie durch Zauberei plötzlich dazugelernt. Es ist ganz anders. Wie bei Friedmans
     Studenten und Stones Golfspielern kommt diese Steigerung der Leistung nur von ihrer Überzeugung, besser zu sein. Das bereits
     vorhandene Potential entfaltet sich. Nicht durch traditionelleMethoden, nicht durch Anreize, Belohnung oder andere Mittel sozialer Beeinflussung, sondern allein dadurch, dass das Gehirn
     plötzlich mit Selbstvertrauen getränkt ist. Dass also die Haltung zur eigenen Person sich ändert.
    Die Kognitionspsychologin Carol Dweck von der Stanford University hat eine interessante Studie durchgeführt. Dahinter steht
     die Beobachtung, dass manche Überzeugungen schwerer auszuhebeln sind als andere (und insofern auch

Weitere Kostenlose Bücher