Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gehirnwaesche - Die Aasgeier - Streit bis aufs Blut

Gehirnwaesche - Die Aasgeier - Streit bis aufs Blut

Titel: Gehirnwaesche - Die Aasgeier - Streit bis aufs Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
schloß sich hinter ihr. Chavasse bemerkte: »Eine recht ungewöhnliche junge Frau.«
     Hoffner nickte. »Ihr Vater war ein russischer Archäologe. Er arbeitete im Auftrag der Regierung von Peking bei den Aus­ grabungsarbeiten am Alten Palast. Vor seiner Rückkehr nach Hause erhielt er die Erlaubnis, Tibet zu besuchen. Unterwegs ist er dann gestorben. Eine Woche nach der Beerdigung kam Katja mit einer Karawane nach Changu. Das arme Kind war sterbenskrank, und ich habe für sie getan, was ich konnte.«
     »Und da hat sie den Entschluß gefaßt, bei Ihnen zu bleiben?«
     »Oberst Li erklärte sich bereit, für einen sicheren Transport nach Karkend zu sorgen, aber da wurde ich ernstlich herz­ krank. Sie hat mich sechs Monate lang aufopfernd gepflegt, bis ich wieder auf den Beinen war. Seitdem haben wir nie wieder über ihre Abreise gesprochen.«
     »Das ist alles hochinteressant für meinen Bericht«, sagte Chavasse. »Im großen und ganzen sind Sie also mit Ihrem Schicksal recht zufrieden?«
     »Natürlich!« Hoffner machte eine weit ausholende Handbe­ wegung. »Ich habe meine Bücher und meinen Flügel,
    außerdem immer noch die Arbeit in der Klinik.«
     »Der Flügel hat es mir besonders angetan. In einer so abgele­ genen Gegend ist das eine Seltenheit. Man hat mir erzählt, daß sie ein ausgezeichneter Pianist sind.«
     »Das will ich nicht gerade behaupten, aber es wäre ein harter Schlag für mich, wenn ich ohne meine Musik auskommen müßte. Ich habe mir dieses Instrument vor dem Krieg mit einer Karawane aus Indien bringen lassen. Das Lampenlicht macht die Kratzer unsichtbar – aber der Ton ist noch ganz ausge­ zeichnet.«
     Er setzte sich an den Flügel und hob den Deckel. Dann schlug er ein paar Akkorde an und ging zu einer Polonaise von Chopin über. Nach wenigen Takten blickte er hoch und fragte: »Gibt es irgend etwas, was Sie gern hören möchten?«
     Chavasse stand immer noch am Kamin. Mit einer lässigen Bewegung zündete er sich eine Zigarette an, nahm einen tiefen Zug und antwortete dann ohne besondere Betonung, aber in englischer Sprache: »Ach, ich weiß nicht. Kennen Sie nicht ein Stück, das zu einer Mainacht in Cambridge passen würde?«
     Für einen Augenblick glättete sich jede Falte im Gesicht des alten Mannes. Es wurde so still, daß Chavasse den Wind in den hölzernen Fensterläden singen hörte. »Ich habe gleich gewußt, daß an Ihnen etwas nicht ganz stimmte«, sagte Hoffner dann ruhig. Er sprach jetzt auch englisch. »Ich habe es in dem Augenblick gewußt, als Sie das Zimmer betraten.«
     »Sie haben einem alten Freund vor einiger Zeit einen Brief geschrieben«, erklärte Chavasse. »Betrachten Sie mich sozusa­ gen als die Antwort auf diesen Brief.«
     »Joro ist also durchgekommen?« fragte Hoffner.
     Chavasse nickte. »Joro sitzt in Ihrer Küche. Er ist der Tibeta­
    ner, der mir angeblich das Leben gerettet hat. Wenn Sie wollen, können Sie nachher noch mit ihm sprechen.«
    »Sie haben da vorhin etwas von einem Stück erwähnt, das
    sich für eine Mainacht in Cambridge eignen sollte?«
     »Ja. Vor langer Zeit haben Sie gegen Edwin Craig eine Wette verloren. Er saß mit dem Mädchen, das Sie verloren hatten, in einer lauen Mainacht draußen im Garten, während Sie im Haus eine Sonate spielten.«
     Hoffner seufzte. »Manchmal ist mir, als sei das alles tausend Jahre her. Aber dann kann ich mich wieder ganz deutlich an den Duft der Lilien erinnern. So waren nach dem Regen feucht und dufteten besonders stark. Ich weiß sogar noch, welches Stück ich damals gespielt habe.«
     Er schlug die ersten Takte von Claire de Lune an. Chavasse schüttelte den Kopf. »Das stimmt nicht, Doktor. Sie haben die Mondscheinsonate gespielt.«
     Hoffner blickte ihn lange Zeit forschend an, dann breitete sich ein Lächeln auf seinem zerfurchten Gesicht aus. Er stand auf und schüttelte Chavasse herzlich die Hand. »Mein lieber junger Freund – Sie können sich vermutlich keinen Begriff davon machen, wie sehr ich mich freue, daß Sie da sind!«
     Sie setzten sich wieder an den Kamin. Hoffner zog seinen Sessel ein Stück näher. Sie steckten die Köpfe zusammen, um nicht so laut reden zu müssen. »Erzählen Sie mir doch, wie es meinem alten Freund Craig geht!«
     »Er erfreut sich ausgezeichneter Gesundheit und möchte Sie möglichst bald sehen. Deshalb bin ich ja hier.«
     »Er – mich sehen?« Ein ungläubiger Ausdruck erschien auf seinem Gesicht. »Das ist ganz ausgeschlossen!

Weitere Kostenlose Bücher