Gehirnwaesche - Die Aasgeier - Streit bis aufs Blut
streckte eine Hand nach ihr aus, und sie drehte sich um und sah ihn an. In ihren Augen lag Angst. Einen Moment lang standen sie so da.
Da rief irgendwo im Haus Chavasse: »Harry, wo bist du?«
Youngblood lächelte, hob seine Hand und strich sanft über ihre Wangen. »Vielleicht ein andermal. Da, nehmen Sie die Laterne. Ich trage das Holz.«
Sie umklammerte die Laterne mit beiden Händen. Die Knö chel ihrer Finger schimmerten weiß und verrieten ihre innere Spannung. Youngblood legte ein halbes Dutzend Holzklötze auf einen Arm und ging hinaus.
Als sie den Hof überquerten, erschien Chavasse in der Kü chentür. »Ach, da bist du! Es war kein Mensch da. Ich habe mir schon Sorgen gemacht.«
»Ich wollte ihr nur helfen.« Youngblood sah Molly an. »Wo ist denn Ihr Vater?«
»Hier, Mr. Youngblood.« Crowther trat aus dem Dunkel auf der anderen Seite des Hofs. »Ich hab nur nach den Kühen gesehen.«
»Und wo ist Billy?«
»Um den kümmern Sie sich am besten gar nicht. Er schläft in der Scheune. Der beste Platz für ihn. Hast du das Essen fer tig?« fragte er das Mädchen. Er rieb sich die Hände und sagte gutgelaunt: »Herrgott noch mal, ich hab einen Hunger wie ein Wolf.«
Etwa eine Stunde später ging die Hintertür auf, und Billy kam herein.
Crowther, der am Küchentisch saß, seine Pfeife paffte und in einer Zeitung las, blickte auf und nickte. »Da bist du ja, Billy.«
Er ging zu einem Geschirrschrank unter dem Ausguß und nahm einen Zehnpfundhammer heraus. »Du weißt, was du zu tun hast?«
Billy umklammerte den Hammer fest mit der rechten Hand und nickte eifrig. Speichel glänzte an seinem Kinn.
»Schön. Am besten, du knöpfst sie dir gleich vor.«
Crowther öffnete die Tür, ging den Gang hinunter und stieg vor Billy die Treppe hinauf. Er blieb vor der Tür am Ende des Ganges stehen, legte den Zeigefinger auf die Lippen und drehte vorsichtig am Knopf, doch die Tür ging nicht auf. Er wandte sich leise zu Billy um und schob ihn zur Treppe.
Unten klopfte er ihm auf die Schulter. »Macht nichts, Billy«, sagte er. »Morgen ist auch noch ein Tag.«
Chavasse und Youngblood standen schweigend in ihrem Zimmer und sahen, wie der Türknopf sich drehte. Als die Schritte sich leise entfernten, atmete Youngblood tief auf. »Mein Gott, bin ich froh, daß du bei mir bist«, sagte er zu
Chavasse. »Ich komm mir vor wie ein zehnjähriger Junge, der Angst vor Gespenstern hat.«
»Ich bin sicher, in diesem Haus gibt’s welche. Aber Spaß beiseite. Jetzt wissen wir wenigstens Bescheid.«
7
Chavasse blickte durchs Fenster, auf das monoton der Regen trommelte, mit düsterer Miene auf den Hof hinunter. Es war ein häßliches Bild in dem grauen Dämmerlicht. Zwischen den Pflastersteinen waren große Pfützen mit trübem Wasser; uralte, verrostete Maschinen standen herum, überall lagen Haufen von Müll. Er ging zum Tisch und schenkte sich noch eine Tasse Tee ein. »Wie spät ist es?«
»Gleich drei Viertel zehn.«
»Um zehn sollte doch das Begräbnis sein. Bis halb elf sind sie sicher zurück.« Er deutete auf den Tisch. »Bist du satt?«
»Ja – die Rühreier waren prima.«
Chavasse öffnete die Küchentür und blickte zu dem Hügel auf der anderen Seite des Hofs. Eine kleine graue Steinhütte stand darauf. Mürrisch dreinblickende Schafe grasten auf dem Hang. »Ich mach mal einen kleinen Spaziergang und seh mich ein bißchen um.«
Youngblood schaute hinaus in den Regen. »Schön. Dann durchsuche ich inzwischen das Haus. Bestimmt ist irgendwo ein Schießeisen versteckt.«
»Ich glaube kaum, daß du was finden wirst«, sagte Chavasse. »Crowther ist vielleicht primitiv, aber schlau wie ein Fuchs.«
Er nahm einen alten Regenmantel von einem Haken an der Tür, ging hinaus und knöpfte ihn bis zum Kinn hinauf zu. Draußen an der Hauswand lag ein Haufen verrosteter Konser vendosen, der sich im Lauf der Jahre angesammelt hatte. Er stieß eine der Dosen mit dem Fuß quer über den Hof und ging zur Scheune hinüber.
Sie war in ebenso verrottetem Zustand wie der ganze übrige Hof; Bretter fehlten in der Tür, und durch mehrere Löcher im Dach plätscherte der Regen herein. Ein alter Viehwagen stand an der Hintertür und daneben ein Traktor, dessen Metallteile rotbraun vom Rost waren. Er sah aus, als sei er seit Jahren nicht benützt worden.
Chavasse stieß die Blechdose beiseite. Sie landete auf einem modrigen Haufen Heu, und ein paar braune Ratten
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